Nachdem ich mich bereits durch „Juiced“ auf der PS2 gekämpft habe (OnPSX Review) und meine spärliche Freizeit auch noch für den PSP Ableger draufging (OnPSX Review), sagte ich mir: Aller guten Dinge sind drei und warf das brandneue „Juiced 2: Hot Import Nights“ in die PlayStation 3 und begann *wieder einmal* eine Karriere als hipper Tuningfreak. Was ich dabei erlebt habe, erfahrt ihr in dem nun folgenden Test. Viel Spaß beim Lesen.
Ist das Juiced?
Zu allererst fällt auf, dass sich das Menüdesign ganz schön gemacht hat. Die Navigation ist kinderleicht, die optische Aufbereitung weiß zu gefallen und nirgendwo entdeckt man mehr eine Spur des lahmen Front-Ends aus den Vorgängern. Bravo – auch das coole Renderintro weiß zu gefallen und bringt die Sache gleich auf den Punkt: In aufgemotzten Karren geht es auf Strecken in der ganzen Welt zur Sache. Dazu erstellen wir uns zu allererst einmal einen eigenen Charakter. Die Optionen dafür sind zahlreich (Geschlecht, Gesicht, Haare, Augen, Klamotten usw.) vorhanden, lassen aber einen ersten faden Beigeschmack aufkommen: Man sieht das hässlich aus! Wenn man schon solche Optionen anbietet, sollte man auch tunlichst darauf achten, dass die Figuren wenigstens halbwegs annehmbar aussehen. Das haben die Briten augenscheinlich aber nicht gemacht. Na ja, weiter geht’s – mit meinem Anfangskapital kaufe ich als nächstes ein neues Auto. Was haben wir denn da? Citrön C2, uralte japanische Schüsseln und ein/zwei Musclecars. Alles schon gesehen, virtuell gefahren und irgendwie nicht gerade aufregend. Ich entscheide mich für einen Nissan 200SX. Nach erfolgtem Vertragsabschluß geht’s in die Tuningwerkstatt. Hier darf man in bewährter Manier seine Kiste aufmotzen. Neben Lackierungen und Vinyls, kann man auch Frontschürzen wechseln, neue Scheinwerfer einbauen, andere Felgen kaufen und sogar Sitze und Lenkräder auswechseln. Dummerweise – wie ich später merke – stehen diese Optionen nicht für jedes Fahrzeug zur Verfügung. Bei einigen Autos wie dem BMW M3 GTR darf man gerade mal die Scheiben tönen und die Bodenfreiheit justieren. Zudem sollte man beim Autokauf auch darauf achten, dass man nicht sofort ein Driftfahrzeug (durch extra Hinweis beim Händler markiert) erwirbt, denn diese Autos sind eigentlich nur für die gesonderten Driftevents gut und lenken sich auf normalen Straßen ziemlich bescheiden. Neben der Optik darf übrigens auch die Technik aufgewertet werden. Dazu muss man jedoch für jede Liga verschiedene Herausforderungen meistern. Erst danach lassen sich die Mods installieren. Zum Glück muss man das für jede Liga aber nur einmal machen. Reparaturen wie sie noch in Teil 1 an der Tagesordnung waren, sucht man indes ganz und gar vergebens. Die Autos können im Spiel zwar nach wie vor beschädigt werden, sind aber danach wie durch Zauberhand repariert. Auch gut, das nervte mich sowieso am ersten „Juiced“.
Geile Babes auf Minibildchen
Nicht umsonst trägt „Juiced 2“ den Zusatz „Hot Import Nights“ im Namen. Denn die gleichnamige Tuningzeitschrift hat reichlich Input zur Entwicklung beigesteuert. Das merkt man in vielen Bereichen, die jetzt weitaus zugänglicher gestaltet wurden und natürlich an der nicht zu übersehenden Werbung. Fast überall warten irgendwelche Logos auf das Betrachterauge und selbst die verschiedenen Ligen wurden mit Sponsornamen (zum Beispiel Liga 3 = Venom Liga) verziert. Etwas dezentere Werbeeinbindung hätte nicht geschadet, denn in „Juiced 2“ wirkt sie in der Tat etwas sehr aufdringlich. Um eine Liga zu meistern muss man dagegen bestimmte Ziele erreichen. Darunter fallen zum Beispiel das Bedrängen von einzelnen Fahrern, Siegerplätze bei Disziplinen wie Rundenrennen und Driftwettbewerben, das Gewinnen von ganzen Meisterschaften und das Erreichen bestimmter Sachen wie einer hohen Endgeschwindigkeit oder spektakuläre Sprünge. Dazu kann man an mehreren Events teilnehmen (viele Sachen lassen sich allerdings auch in einem Rennen schaffen). Diese Veranstaltungen sind, wie eingangs erwähnt, auf der ganzen Welt verteilt und bieten Strecken in Deutschland, den USA, Großbritannien und Japan. Man fährt zwar nicht nur bei Nacht, der Großteil der Rennen findet aber dennoch im Dämmerlicht oder am Morgen statt, so dass man die Abwechslung, die noch Teil 1 in dieser Richtung bot, vergebens sucht. Auch Wettereffekte wurden gestrichen und das obwohl 90% Prozent der Straßen arschnass aussehen. Vor jedem Event darf man zudem noch Wetten platzieren, um sein Konto aufzubessern. Das funktioniert relativ gut (man hat sowieso nie Geldprobleme im Spiel), führt aber auch eine weitere Schwäche im Spieldesign vor. Die „Driver DNA“ ist eine Art Index für das Verhalten jedes Fahrers (inkl. Spieler). Je nachdem welche Erfolge man in welchem Zustand (cool, ausgeglichen, wild) erreicht, addieren sich neue Punkte zum DNA Strang hinzu. Dadurch kann man auf einem Blick sehen, wo die Schwachpunkte und Stärken der Fahrer liegen. Ist zum Beispiel jemand ein guter Drifter, sollte man bei einem Driftevent nicht unbedingt gegen ihn wetten. Zumindest sieht das die Theorie vor, denn in der Praxis gestaltet sich das etwas anders. Wettet man zum Beispiel gegen einen miesen Fahrer, ist dieser dann trotzdem der härteste Konkurrent des Spielers. Außerdem ist es schwer einzelne Fahrer einzuschätzen, da die Gegner sowieso immer im Pulk unterwegs sind. Insofern ist das DNA System mehr Schein als Sein und letzten Endes ziemlich verzichtbar.
Matchbox Mania
Lasst uns jetzt zu einem großen Minuspunkt des Spieles kommen: Dem Fahrverhalten! Ich weiß ja, dass Teil 1 auch nicht gerade ein tolles Fahrmodell bot, aber wenigstens wollten sich die Entwickler durch etwas Realismus von der Konkurrenz absetzen. „Juiced 2“ lässt jegliche Ambitionen vermissen und jedes Auto fährt sich wie geleckt. Anspruch oder Herausforderung findet man selbst bei den protzigsten PS Boliden nicht. Ich hatte beim Fahren immer den Verdacht, in Matchbox Spielzeugautos unterwegs zu sein. Ausbrechen, Kontrolle verlieren oder sonst was gibt es nicht, stattdessen muss man nur ausreichend Abbremsen oder gekonnt um eine Kurve zu driften, um diese zu meistern. Auf Dauer natürlich wenig spannend, selbst wenn die Gummiball Physik nach einem Bandencrash für den einen oder anderen genervten Aufschrei sorgt. Die Driftevents sind übrigens auch nicht besser und sobald man seine Spur gefunden hat, kann man problemlos über die ausgefallenen Kurse (durch das römische Kolosseum oder über und unter dem Eifelturm) feuern und Punkte machen. Die Computerfahrer zeigen sich trotz der „Driver DNA“ Schlappe meistens zahnlos und Siege sollten mit ein wenig Streckenkenntnis kein Problem darstellen. Das geht sogar soweit, dass man durch die fehlende Herausforderung das Joypad schon aus der Hand legen könnte, wenn man gerade einmal die ersten drei Ligen beendet hat. Schade um den großen Umfang, denn neben 10 Liegen warten auf den Spieler auch noch knapp 90 Autos, DNA Herausforderungen gegen bekannte Rennfahrer (Smudo LOL) und ein umfangreicher Onlinemodus. Letzterer kann sogar als Karriere gespielt werden, wo man dann seine Autos Online verkaufen kann. Aber Achtung, Onlinekarriere und Standardkarriere werden in verschiedenen Spielständen verwaltet, so dass man für die Onlinekarriere ein zweites Mal anfangen muss. Und dazu muss wiederum ausreichend Motivation vorhanden sein. Ein Teufelskreis…
Nicht so scharf wie die Kurven von Ursula
Technisch darf niemand einen Überflieger erwarten. Das Spiel sieht zwar nicht schlecht aus, ist aber auch in keiner Weise eine Errungenschaft der Technik. Die Automodelle wirken zweitklassig (insbesondere die hässlichen 3D Cockpits), die Framerate hat schon mit 30 Frames pro Sekunde zu kämpfen (wenn mehrere Gegner vor dem Spieler sind) und die Strecken wirken vielleicht von weitem opulent, warten jedoch in der Nähe mit mies aufgelösten Texturen und teils billigen 2D Bitmaps auf. Sicher, auf der PS2 wäre das nicht möglich gewesen, aber ein wenig mehr habe ich schon erwartet. Immerhin sind die Ladezeiten relativ kurz, wobei man dafür auch gezwungen wird, einen Teil des Spieles auf die Festplatte zu installieren. Die Musik passt wie schon in den Vorgängern gut zum Geschehen und präsentiert sich vornehmlich mit schöner Elektro/House Musik. Einzig Remixversionen von bekannten Songs wie Voodoo People (The Prodigy) und Woman (Wolfmother) hätte man sich besser gespart, denn diese sind unter aller Sau. Davon abgesehen, ist es mir jedoch unverständlich, warum man keine eigenen Playlisten festlegen kann, denn genug Stücke sind schließlich vorhanden. Die deutsche Sprachausgabe wirkt – typisch für THQ – stocksteif und ziemlich gezwungen. Der Rest, also die Soundeffekte, sind dagegen nicht der Rede wert und den lästigen Rennmoderator dreht man am Besten gleich am Anfang leise.
FAZIT:
Im Prinzip hat sich „Juiced 2“ gegenüber den Vorgängern auf PS2 und PSP in fast allen Bereichen gesteigert. So zeigt sich der Titel mittlerweile weitaus einsteigerfreundlicher und allgemein hin auch kompakter. Trotzdem plagen das Spiel auch in der neuesten Version zahlreiche Mängel. Da wären unter anderem das zu einfach gehaltene Fahrverhalten und der unausgewogene Schwierigkeitsgrad. Zu allem Überfluss vermittelt „Juiced 2“ aber den Eindruck, dass die Entwickler jegliche ernsthafte Ambitionen über Bord geworfen haben und stattdessen das „perfekte“ Spiel für den anspruchslosen D-Max TV Fan programmiert haben. In diesem Licht betrachtet, ist das Ergebnis auch nicht wirklich schlecht geraten, aber jeder der wie ich davon überzeugt ist, dass ein VW Golf mit neuer Frontschürze, 18 Zoll Alufelgen und teurem MP3 Radio nicht gleich ein Tunermeisterwerk ist, wird dem Spiel nicht viel abgewinnen können. Schließlich ist es ja nicht so, dass „Juiced 2“ der einzige Tuning Racer weit und breit ist…
[ Review verfasst von .ram ]
Pluspunkte:
- Einsteigerfreundlich
- Großer Umfang
- Online Karriereoption
Minuspunkte:
- Fahrverhalten absolut anspruchslos
- Mittelmäßige Grafik
- Driver DNA Feature überflüssig