Das zweite der vier angekündigten „kleinen Projekte“ von Tim Schafers Studio Double Fine Productions ist „Stacking“, ein Puzzle-Spiel im Stil der Stummfilm-Ära, in dem russische Steckpuppen die Hauptrolle spielen. Wir haben uns ins Abenteuer gestürzt und finden heraus, ob „Stacking“ an „Costume Quest“ (OnPSX Review) anschließen kann.
Charlie, der tapfere Schornsteinfeger
Wir schlüpfen in die Rolle von Charlie Blackmore, der kleinsten Holzpuppe der ganzen Welt, worauf ihn seine Geschwister auch immer wieder hinweisen. Doch eines Tages kommt der böse Baron und verschleppt seine Geschwister, um sie illegal für ihn arbeiten zu lassen. Damit nicht genug, denn auch sein Vater ist verschwunden nachdem er einen Job beim Baron angetreten hatte. Nun macht sich Charlie alleine auf, seine Familie zu retten und lässt die Mutter traurig zuhause zurück. Er weiß lediglich, dass einer seiner Brüder im Hauptbahnhof gefangen gehalten wird, um Kohle zu schaufeln. Mit Hilfe des Penners Levi macht er sich auf den Weg dorthin…
Verschachtelte Knobeleien
Der Hauptbahnhof dient als Knotenpunkt, von dem aus es zu den anderen drei Levels, einem Zeppelin, einem großen Zug und einem Kreuzfahrtschiff, geht. Doch zuvor muss immer ein Rätsel gelöst werden, damit man sie betreten kann. Jedes Rätsel im Spiel hat mindestens drei Lösungen, eine davon ist immer offensichtlich, die anderen verlangen mehr oder weniger Um-die-Ecke-Denken, bleiben aber stets logisch. Gelöst werden die Rätsel mit den verschiedenen Puppen, in die Charlie hineinspringen kann, um sie so zu kontrollieren. Jede der über 100 Puppen verfügt über eine spezielle Fähigkeit, die mal nur lustig ist und ein anderes Mal wichtig für des Rätsels Lösung. Dabei müssen auch verschiedene Fähigkeiten kombiniert werden. Wer mal nicht weiter weiß, darf sich zu jeder Lösung Tipps geben lassen, die erst allgemein sind und immer konkreter werden. Oder man redet mit den anderen Puppen, die ebenfalls kleine Hinweise geben.
Als Nebenbeschäftigung gibt es noch die Hi-Jinks, also Quatsch zum Zeitvertreib. Allerdings gibt es nur einen kryptischen Hinweis, keine genaue Anweisung, was zu tun ist. Die Palette reicht von banalen Dingen wie dem Ansprechen von anderen Puppen während man selbst eine bestimmte Puppe steuert oder das Zusammenstecken von ganzen Familien, wie der deutschen Touristenfamilie, die auf dem Weg zum Schnitzelmuseum sind (ja, eine Menge lustiger Klischees werden in „Stacking“ auch bedient). Eine kleine Stummfilmsequenz erzählt dann die Geschichte der jeweiligen Puppenfamilie. Das alles ist nicht nur Selbstzweck, denn Levi bastelt für euch aus jedem Level, jeder Lösung und jeder Puppe eine kleine Belohnung in seinem Bahnhofsversteck zusammen.
Stummfilm Reloaded
Die Präsentation ist konsequent im Stummfilm-Stil der 20er gehalten. Zwischensequenzen sind in einen Sepia-Ton getaucht und an beiden Seiten sind die Löcher des Filmstreifens zu sehen. Gesprochen wird natürlich auch nicht, dafür sind die Sequenzen mit passender Pianomusik unterlegt, die das jeweils Gezeigte treffend untermalt. Und wer genau hinhört, erkennt auch Passagen bekannter klassischer Komponisten wieder. Auch die sonstigen Soundeffekte können sich hören lassen. Von technischer Seite gibt es nur wenig zu bemängeln. Die Grafik ist schick und läuft ohne Tearing immer flüssig. Die einzige Ausnahme bilden die Kamerafahrten am Anfang jedes Levels, wo sehr viele Puppen und sehr große Teile des Levels sichtbar sind. Hier gibt es den einen oder anderen Ruckler, der aber nicht weiter stört. Im Spiel selbst läuft alles äußerst flüssig. Und der Rest stimmt auch: Die Menüführung ist eingängig, die Steuerung präzise und die Levels strotzen nur so vor Atmosphäre, auch wenn es gerne mehr hätten sein dürfen.
FAZIT:
Die Entscheidung Double Fines, sich zuerst auf vier kleinere Projekte zu konzentrieren, die den Fokus auf Innovation und Ungewöhnliches legen, zahlt sich aus. „Stacking“ kann „Costume Quest“ sogar noch toppen, da hier trotz der immer gleichen Spielmechanik keine Monotonie aufkommt. Nach drei Stunden ist die Story zwar schon beendet, aber mehr als viele andere Spiele schreit „Stacking“ danach, weitergespielt zu werden bis der Zähler im Menü 100% zeigt (was noch mal weitere 3-4 Stunden dauert), denn die Suche nach neuen Hi-Jinks und allen Lösungen macht einfach Spaß.
[ Review verfasst von Sanguinis ]