Im vergangenen Herbst veröffentlichte Konami mit Pro Evolution Soccer 6 die sechste Version der grandiosen Fußballreihe aus Japan. Wie nicht anders zu erwarten war, stürmte der Titel daraufhin auch überall in Europa die Charts. Doch wie kann das sein? Warum schaffen es die Japaner nach wie vor, die beste Fußballsimulation der Welt auf die Beine zu stellen? Findet es mit uns heraus, denn wir haben uns PES 6 ganz genau angeschaut und verraten euch, wieso die Reihe immer noch den Konkurrenten FIFA im Regen stehen lässt.
Anpfiff!
In Sachen Präsentation und Style schwankt Pro Evolution Soccer 6 mal wieder zwischen Welt- und Kreisklasse. Während das Intro noch mit einigen coolen Videosequenzen aufwarten kann, präsentieren sich die Menüs getrost einfallslos. Aber wenn man ehrlich ist: Wen interessiert schon die Farbe des Hauptmenüs, solange das eigentliche Spielerlebnis stimmt? Insofern nimmt man die öde Präsentation ein weiteres Mal ohne mit der Wimper zu zucken in Kauf, in der Hoffnung, dass nächstes Mal alles besser wird. Bei den Spielmodi macht der Einzelspielmodus den Anfang. Hier kann man sich entweder in einem Freundschaftsspiel oder Elfmeterschießen duellieren. Im Rahmen eines VS. Matches darf man sogar mit ganzen acht Leuten ans Werk gehen (natürlich nur mit Hilfe eines Multitaps). Was ein Spaß! Den Großteil der Spielzeit wird man dennoch mit dem altbekannten Meister-Liga-Modus verbringen. Aber Achtung! Im Vergleich zum Vorjahr hat sich dieser nur marginal weiterentwickelt. Das Prinzip ist nach wie vor das Gleiche: Zu Beginn entscheidet man sich zunächst für eine Schwierigkeitsgradstufe. Dabei reicht die Messlatte von Anfänger bis Top-Spieler. Hat man sich anschließend noch eine passende Mannschaft ausgewählt, wechselt der Bildschirm zum Meister-Liga-Modus. Dort angekommen, stehen diverse Unterpunkte zur Auswahl, die bei der Teamverwaltung helfen sollen:
Umkleidekabine: Die Umkleidekabine ist in sofern wichtig, da man sich hier nicht nur um die eigene Mannschaft kümmern kann, sondern auch um die Gegnerische. Wer sich gerne mit der Taktik eines Rivalen beschäftigen möchte, ist hier also genau richtig. Leider sind die Informationen nicht ganz so opulent ausgefallen, wie zum Beispiel bei Pro Evolution Soccer Management (OnPSX Test).
Verhandlungen: Dabei handelt es sich meiner Meinung nach um den wohl wichtigsten Unterpunkt des Meister-Liga-Modus. Verhandlungen gehören nämlich zum A und O der Trainerkarriere. Da die eigenen Spieler nicht jünger werden und dementsprechend auch an Können verlieren, muss man irgendwann einmal die Notbremse ziehen und die vorhandenen Kicker durch frischere und wenn’s geht, auch bessere Spieler ersetzen.
Konditionstraining: Hierbei hat man die Auswahl zwischen dem normalen Konditionstraining (welches in Form einer simplen Grafik dargestellt wird), sowie einem freien Training, wo man die Spieler selber steuern kann. Letzteres darf man im Übrigen auch einzeln im Hauptmenü auswählen.
Entwicklungsprotokoll: Wie der Name schon verrät, kann man hier die Entwicklungen der einzelnen Spieler einsehen. Da es auf diesem Gebiet jedoch nicht all zu viel Neues zu vermelden gibt, hätte man den Punkt auch ohne Probleme in die „Umkleidekabine“ verlegen können.
Um den Sinn dieses Modis noch einmal zusammen zufassen: Im Grunde geht es also darum, Woche für Woche, ein Spiel nach dem Anderen zu bestreiten. Die Idee ist an sich natürlich nicht verwerflich, aber als Kenner der Serie wünscht man sich nach all den Jahren doch einmal etwas größere Innovationen. Neulinge werden dennoch ihren Spaß haben.
Halbzeit
Neben dem umfangreichen Meister-Liga-Modus gibt es auch noch diverse Pokal- und Ligawettbewerbe. Leider muss ich an dieser Stelle erwähnen, dass Konami erstmalig auf die Implementierung der deutschen Liga verzichtet hat. Vorbei sind also die Zeiten, wo man mit Dortmund oder Schalke um die nationale Meisterschaft kämpfen konnte. Lediglich die Bayern sind als einzige deutsche Mannschaft (dafür aber in kompletter Montur inkl. Originaltrikots) noch im bunt gemischten Vereinspool vorhanden. Wer jedoch ein paar Euro übrig hat, kann mit Hilfe diverser Ebay Verkäufer sämtliche Daten auf den aktuellsten Stand der Dinge bringen (alle deutschen Mannschaften, Logos und Trikots). Und obwohl ich als Bayern Fan noch einigermaßen glimpflich davon gekommen bin, hoffe ich dennoch, dass Konami im nächsten Teil wieder sämtliche (oder einige) Bundesliga-Mannschaften integriert. Doch weiter im Text: Positiv zu erwähnen sind die zwei Neueinkäufe bei der Modi-Riege. Den Anfang macht die „Internationale Herausforderung“, wo man sich eine Nationalmannschaft aus drei verschiedenen Kontinenten auswählen darf, um mit selbiger die Qualifikation sowie die darauf folgende Weltmeisterschaft ausspielen zu können. Wer also in Gedanken immer noch bei der letzten Fußball WM ist, findet hier eine gelungene Möglichkeit, die Geschehnisse des Sommermärchens noch einmal Revue passieren zu lassen. Ebenso interessant ist auch der zweite Neuzugang im Spiel, bei der man zwei Mannschaften vorgesetzt bekommt, deren Startformation rein zufällig bestimmt wird. Einzig die Region darf man aussuchen, aus der die einzelnen Spieler rekrutiert werden sollen. Den Vogel schießt jedoch - wie immer - der geniale Onlinemodus ab, mit dem man gegen Spieler aus ganz Europa antreten kann. Jeder der bereits Offline ein Ass ist, findet hier eine hervorragende Alternative, seine Fähigkeiten auf die Probe zu stellen.
Abpfiff
In Hinblick auf die Tastenbelegung hat sich zu den vorherigen Spielen rein gar nichts verändert. So wird immer noch mit Viereck geschossen, mit X gepasst, mit Kreis geflankt und mit Dreieck der tödliche Pass aktiviert. Gesteuert wird wahlweise mit dem Analogstick oder dem digitalen Steuerkreuz. Für welche Alternative man sich schließlich entscheidet, ist reine Geschmackssache. Ich persönlich bevorzuge jedoch - wegen der Präzision - schon immer das digitale Steuerkreuz. Richtige Änderungen findet man jedoch beim Spielablauf. So hat Konami unter anderem dafür gesorgt, dass die Weitschüsse im Vergleich zum Vorgänger ein wenig abgeschwächt wurden. Stattdessen liegt das Hauptaugenmerk nun viel mehr auf dem Herausspielen von Toren. Egal ob kurze Pässe, oder gefährliche Flanken - die Chance mit Hilfe dieser Spielzüge ein Tor zu erzielen, sind inzwischen stark gewachsen und ein Genuss für jeden Fußballer. Zudem wurde der Spielablauf hinsichtlich der Geschwindigkeit weiter gedrosselt und die abermals realistischer anmutende Ballphysik sorgt für ein dickes Grinsen beim Fan. Weiterhin fällt aber auch auf, dass Pro Evolution Soccer 6 selbst über Jahre eingespielte Zocker noch einmal richtig ins Schwitzen bringen kann. Das liegt zum einen daran, dass die gegnerischen Abwehrspieler nicht mehr wie Freiwild durch die Gegend laufen, sondern den Spieler richtig attackieren und zum anderen daran, dass die Torhüter inzwischen deutlich besser geworden sind und im Vergleich zu Früher eine weitaus größere Sicherheit darstellen. Während man also zum Beispiel bei Pro Evolution Soccer 5 auf Anhieb ein Spiel gewinnen konnte, braucht der sechste Teil schon ein wenig Einarbeitungszeit, bis man den Dreh wirklich raus hat. Deshalb mein Tipp an alle: Trainieren, trainieren, trainieren. Selten zuvor hat sich regelmäßiges Spielen so positiv ausgewirkt, wie in Pro Evolution Soccer 6. Ebenso gelungen sind übrigens auch die unzähligen taktischen Einstellungsmöglichkeiten, die den bekannten EA Konkurrenten ziemlich blass aussehen lassen.
Auf der Auswechselbank
Auch mit dieser Version bekommt man auf dem Technikfeld wieder einmal gewohnte Kost geboten. Will heißen – ordentliche Spielermodelle, zahlreiche Stadien und wunderbar flüssig Bewegungsanimationen. Allerdings hapert es nach wie vor bei dem Drumherum. Das Menüdesign wirkt wenig aufwändig, die Stadien sind mit leblosen Bitmap-Zuschauern zugepflastert und die Gesichtstexturen könnten mittlerweile etwas authentischer wirken. Viel hat sich somit im direkten Vergleich zu Teil 5 nicht getan und so langsam wird es Zeit, dass die Engine einmal von Grund auf überholt wird. Schließlich spielt EA`s FIFA bereits seit einigen Jahren präsentationstechnisch in einer ganz anderen Liga. Aber nicht alles ist schlecht - immerhin konnten die Japaner die Ladezeiten noch einmal verkürzen, was besonders beim Auswechseln eines Spielers äußerst angenehm auffällt.
Während die optische Präsentation wenigstens noch in einzelnen Punkten überzeugen kann, floppt die akustische Seite des Spiels in jeglicher Hinsicht. Den miesen Kommentator kennt man ja bereits aus vergangenen Spielen, aber in PES 6 wird ein neuer Tiefpunkt erreicht. Beispiel gefällig? Der Spieler köpft das Leder übers Tor und der Moderator spricht vom „überm Schlappen gerutschten Ball“. Das Schlimme ist jedoch die Tatsache, dass solche Macken regelmäßig auftauchen und deshalb nur selten richtiges TV-Flair entsteht. Hinzu kommen dann auch noch die leblosen Fangsänge, die man bereits auch aus dem letzten Teil kennt. Mission failed, Konami!
FAZIT:
Wie jedes Jahr sichert sich auch dieses Mal Pro Evolution Soccer 6 den Fußballthron. Allerdings wird der Vorsprung zum EA Konkurrenten FIFA immer knapper. Besonders bei der Präsentation wirkt die PES Reihe mittlerweile reichlich angestaubt und verbesserungswürdig. Aber da am Ende Gameplay nach wie vor wichtiger als Grafik und Sound ist, kann das Spiel besonders auf diesem Feld mit Leichtigkeit punkten. Wer ein super spielbares Fußballspiel sucht, wird bei Pro Evolution Soccer 6 auf jeden Fall fündig. Wer dagegen alle möglichen Lizenzen, Originalnamen und arcadiges Gameplay braucht, sollte lieber zur FIFA Serie greifen.
[ Review verfasst von Dimi ]
Pluspunkte:
- Realistisches Gameplay
- Unzählige Modi
- Großer Editor
Minuspunkte:
- Keine Bundesliga
- Durchschnittsgrafik
- Altbekannter Meister-Liga-Modus