Es mag Leute geben, die asiatische Filme für überbewertet halten. Zu sehr werden sie von Fans des Genre in den Himmel gelobt und Hollywood Filme als „böse" angesehen. Oldboy ist einer dieser Filme. Von „Asiengegnern" als plumper Tarantino/Fincher Klon abgestempelt und von „Asienfans" in den siebten Himmel gelobt. Park Chan-wook bedient sich also bei diesen westlichen Regisseuren, aber wo hat sich Tarantinos hochgelobtes Kill Bill bedient? Was Park Chan-wook im zweiten Teil seine Rachetrilogie (Teil 1 war "Sympathy for Mr. Vengeance" und der dritte Teil "Lady Vengeance") gemacht hat, erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.
Film: Die Story ist im Prinzip sehr einfach gestrickt und nimmt sich das Rache Thema zum Vorbild. Rache übt man aus um selbst erfahrenes Leid einem anderen heimzuzahlen. Damit nimmt die Person alles auf sich, nur um sein Ziel zu erreichen. So wird ein durchschnittlicher Mann scheinbar ohne jeglichen Grund entführt und für 15 Jahre eingesperrt. In dieser Zeit ist der Kontakt zur Außenwelt nur sein Fernseher wo er auch erfährt, dass seine Frau ermordet wurde und er als Täter von der Polizei gesucht wird. Er weiß nicht warum er eingesperrt wurde, jedoch muss er irgendetwas getan haben was einem anderen nicht gefallen hat. So wird er immer wieder hypnotisiert und mit Drogen vollgepumpt, doch langsam beginnt sich Oh Dae-su (Choi Min-sik) der Situation anzupassen und bereitet sich auf seine Rache vor. Er versucht auszubrechen, doch bevor er dies schafft wird er in feinen Klamotten und Geld auf die Straße gesetzt. Nun gibt es nur noch einen Grund zum weiterexistieren...Rache! Zeit hat er jedoch nicht viel, denn wenn er nach fünf Tagen nicht den Grund für sein Martyrium herausgefunden hat, werden alle Menschen getötet die er liebt. Sein erster Weg führt ihn in ein Sushi Restaurant wo er die hübsche Mido trifft. Sie wird Dae-su von nun an helfen, aber kann er ihr trauen? Auch findet er den Peiniger Lee Woo-jin (Ji-tae Yu) sehr schnell, doch das „Warum?" und „Wieso?" erfährt er jedoch nicht. Wenn er seinen Peiniger foltert, knipst er einfach seinen Herzschrittmacher aus und wenn er ihn gleich tötet erfährt er nie die Antworten die er sucht. Es steckt jedoch noch viel mehr dahinter als anfangs angenommen. Dem Zuschauer wird alles sehr konstruiert vorkommen, aber durch die Lösung des Films, wird eindrucksvoll gezeigt weshalb alles so zusammenpasst.
So simpel wie das alles klingen mag, so kompliziert wird das ganze. “Oldboy” ist kein Rachefilm wie Kill Bill wo man einfach sein Hirn ausschaltet und unterhalten wird. “Oldboy” ist mehr und verlangt viel vom Zuschauer. Denn dieser muss starke Nerven haben, denn “Oldboy” ist nichts für zimperliche und zudem ziemlich brutal. Jedoch mit dem Unterschied, dass die Brutalität nicht so offen gezeigt wird, sondern die Kamera stets in eine andere Perspektive schaltet. Somit wirkt der Film meiner Meinung nach noch brutaler und dem Nächsten Zahnarztbesuch werde ich mit gemischten Gefühlen begegnen. Der Film ist sehr düster gehalten und die Kamera ziemlich experimentell. Auch die Kontraste und Farben bestehen in jeder Szene aus purem Style und zum Glück verliert sich “Oldboy” nicht darin wie andere Filme. Die Musik tut ihr übriges und der anfängliche starke Sarkasmus lässt einen etwas schmunzeln. So steht Dae-su einmal vor ein paar Jugendlichen und schlägt sich mit ihnen. Davor kommt sein Satz: „Can imaginary training for 15 years be put to use?" Nach dem Kampf folgt ein trockenes „It can". Später will er eine Frau vernaschen und der gleiche Satz ... jedoch lautet hier die Antwort „It can't." Park Chan-wook inszenierte den Film auch mit reichlich Rückblenden und greift auch schon einmal vor, um später das Gesehene zu erklären.
Der Film bewegte mich mehr als viele andere Filme in den letzten Jahren. Wenn Dae-su einen in Geschenkpapier gepackten Karton öffnet und er die bittere Wahrheit erfährt, bleibt dem Zuschauer alles im Hals stecken was nur stecken bleiben kann. Und die abschließende Szene im Wald bei Schneefall bewegte mich wie selten eine Szene zuvor. Ein Film wie ihn Hollywood nie erzählen könnte und sich so ein Ende nicht ansatzweise trauen würden. Dies sieht man auch deutlich am bescheidenen US-Remake des Filmes, welches in keinster weise an das koreanische Vorbild heranreicht.
Bild: Ich hatte den Film bisher drei Mal im Regal (koreanische Kupfer Ultimate Edition, e-m-s DVD, e-m-s Blu-ray), was eigentlich reichen würde. Doch als ich las, dass Capelight den Film mit neuem Bildtransfer veröffentlichen würde, war ich mega heiß! Die erste Ernüchterung zeigte sich, als der Schriftzug kam, dass der Transfer zum 10-jährigen Jubiläum erstellt wurde. Da der Film aus dem Jahre 2003 stammt, hat der “neue” Transfer also auch schon wieder vier Jahre auf dem Buckel. Zwar ist das Bild besser als auf den bisher erschienen Scheiben, doch ist weit entfernt brillant zu sein. Die Farben sind nun kräftiger und die Schärfe etwas besser. Dennoch gibt es genügend Szenen mit extremer Körnung und verschwindenden Details im Dunklen. Die Neuauflage kauft man sich wohl weniger wegen dem Bild sondern eher wegen den umfangreichen Extras.
Ton: Das Drama ist recht ruhig und ein Effektgewitter kann hier nicht erwartet werden. Alle Dialoge und Effekte kommen jedoch klar aus den Boxen und sind besser abgemischt als auf der alten e-m-s Scheibe. Deshalb kann man dem Film nichts ankreiden Die deutsche Syncro ist zudem sehr gut geworden und der Soundtrack ist eh über jeden Zweifel erhaben!
Bonus: Für diese Rezension stand uns das Steelbook zur Verfügung, welches optisch ganz hübsch geworden ist. Inhaltlich bediente man sich an den koreanischen Editionen aus dem Jahre 2004 und packte neben elf Interviews mit dem Cast und der Crew noch folgendes mit auf die zusätzliche Disc. Ein 210-minütiges Videotagebuch, ein zweiteiliges Making Of mit einer Laufzeit von knapp 110 Minuten, ein Special über Cannes, das Musikvideo “Starsailer - Bring my Love”, drei Teaser/Trailer/TV Spots und fast 25 Minuten an entfallenen und alternativen Szenen. Alle Extras besitzen deutsche Untertitel, sind aber nur im SD Format. Auf der Disc mit dem Hauptfilm findet der Fan zudem noch drei Audiokommentare (Regisseur, Regisseur mit Darstellern, Regisseur und Kameramann) mit wahlweise deutschen oder englischen Untertiteln.
Wer mehr haben möchte, für den bietet Capelight noch ein Mediabook und eine Ultimate Edition an. Im Mediabook ist zusätzlich der geniale Soundtrack, der Film auf DVD und Blu-ray sowie ein Fotobuch enthalten. Die limitierte Ultimate Edition bietet dann den vollen Overkill und enthält neben dem Medabook zusätzlich noch die Dokumentation “Old Days” und das erste Kapitel des Manga (208 Seiten). Alles verpackt einer Box, welcher der im Film ähnelt, aber nicht an die koreanische Ultimate Edition (Bilder im Review) herankommt.
FAZIT: “Oldboy” ist kompromissloses, schockierendes und bewegendes Kino, welches den Vergleich mit Tarantino, Fincher oder Lynch nicht gerecht wird. Der Film ist mehr und dort wo genannte Regisseure aufhören, fängt Park Chan-wook erst an. Am Ende gibt es auf den ersten Blick keinen wirklichen Gewinner. Auf den zweiten und dritten ist es jeweils der andere ... grandios! Ebenfalls grandios sind alle Schauspieler die überzeugender nicht sein könnten! Vor allem Choi Min-sik als Oh Dae-su macht seine Sache beängstigend gut und ich sitze nach jeder Sichtung im Sessel und war genauso verstört wie er. Technisch hat sich allerdings nicht viel getan und man kauft sich die neue Veröffentlichung wohl eher wegen den enthaltenen Extras und den hübschen Verpackungen. Die Extras sind umfangreich, interessant und bieten einen vollen Einblick in den Film. Warum man jedoch drei Editionen veröffentlicht, ist mir etwas schleierhaft. So ist das Steelbook zwar optisch hübsch, doch bietet es leider keinen Soundtrack und kein Fotobuch zum unwesentlich teureren Mediabook. Dieses und die Ultimate Edition hätten sicher gereicht.
Bild - 6,5/10 Ton - 8/10 Bonus - 7/10 Film - 10/10
[Diese Blu-ray wurde uns freundlicherweise von Capelight Pictures zur Verfügung gestellt]
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