Nerve
Schaut man sich so in sozialen Medien um, ist das, was einem bei “Nerve” erwartet eigentlich nicht neu. Man kann den ganzen Tag ziellos durch das Internet surfen und findet immer wieder Videos von irgendwelchen Idioten, welche anderen beweisen wollen, was für dicke Eier man doch hat. So rast man ohne Rücksicht durch Innenstädte, surft auf fahrenden Zügen/Bussen oder klettert für den nächsten “like” auf irgendwelche Antennen oder Hochhäuser. “Nerve” spinnt das nun filmisch ein wenig weiter und macht aus den Mutproben ein Spiel mit Geldgewinnen.
Originaltitel: Nerve Regie: Henry Joost, Ariel Schulman Darsteller: Emma Roberts, Dave Franco, Juliette Lewis, Jonny Beauchamp, Emily Meade, Samira Wiley, Kimiko Glenn Laufzeit: 96 FSK: 12 Ton: dts-HD Master Audio 5.1 (Deutsch, Englisch) Untertitel: Deutsch Regionalcode: B Bildformat: 2,35:1 (1080p) Produktion: 2016 Erschienen: 19.01.2017 Vertrieb: StudioCanal Preis: 14€
Film: Jeder kennt doch “Simon Says”, wo einer eine Aktion vorgibt, die ein anderer Ausführen muss. Das fiktive Spiel Nerve transportiert dies nun ins moderne in die Welt der Social Network Lemminge. Entscheiden kann sich der Interessierte in der Nerve App als Player oder Watcher. Registriert man sich als Watcher, zahlt man Geld, um anderen dabei zuzusehen, wie sie sich blamieren oder Mutproben bestehen müssen. Als Player wiederum bist du demzufolge derjenige, der die Vorgaben erfüllen muss. Erfüllt er die Aufgaben, bekommt er Kohle zugeschoben und steigt die Charts aufwärts. Zudem muss man sich an drei Regeln halten (man muss mit dem eigenen Handy die Aktion filmen, Abbruch geht nur durch Versagen/Aufgeben und Betrug wird bestraft).
Zwar ist das ganze ein riesen Ding, doch konzentriert man sich hier auf nur eine handvoll Charaktere, was ansich nachvollziehbar ist, doch leider auch zu ein paar Ungereimtheiten führt. Dass jemand mit Furzen in der Öffentlichkeit in die Top 10 neben Leute kommt, die waghalsige Stunts vollziehen leuchtet nicht ganz ein. Wie dem auch sei. Hauptsächlich geht es um die schüchterne Vee, welche sich durch etwas Druck von “Freunden” als Player anmeldet. In ihrer ersten Aufgabe muss sie einen fremden Küssen und gerät dabei an den Draufgänger Ian. Dies scheint den Watchern zu gefallen und schieben den Beiden immer neue und waghalsiger werdende Aktionen zu.
Von der Inszenierung her überzeugt “Nerve” dabei ziemlich mit teils coolen Kameraperspektiven und einem flüssigen ineinandergreifen der realen und virtuellen Welt durch die exzessive Handynutzung. Auch die Verrohung der Gesellschaft durch die Anonymität des Internet, bzw. durch Mitläufer wurde gekonnt mit eingebunden und mündet in einem guten Finale. Die einzelnen Aufgaben reichen dabei von lustigen Sachen zum blamieren, bis hin zu waghalsigen und lebensgefährlichen Stunts. Leider leidet aufgrund des Fokus auf das “Pärchen” die Spannung und der Nervenkitzel etwas, da von Anfang an klar ist, dass den Beiden wohl nichts passieren wird. Zudem wurden eigentlich alle Aktionen bereits im Trailer geteasert. Und da andere Spieler fast den kompletten Film aussen vor gelassen werden, sieht man bis auf zwei Randerwähnungen niemanden scheitern. Dies verharmlost die ganze Sache etwas zu sehr.
Bild: Visuell ist “Nerve” sehr auf die entsprechende Jugendkultur zugeschnitten und ist neon bunt und voller verschiedener Filter. Dies macht die Bewertung etwas schwer, da durch einige Filter und bestimmte Kameras das Bild immer mal wieder grobkörnig ist oder bei extremen Weitwinkeln etwas unscharf an den Rändern wirkt. Auch der Kontrast wechselt immer mal wieder zwischen hervorragend und gut.
Ton: Hier überzeugt vor allem der klasse Soundtrack, welcher das Geschehen gekonnt untermalt und für eine tolle Atmosphäre sorgt. Dieser ist vorrangig elektronischer Natur, was auch dem Subwoofer sehr gefällt. Dabei sind die Dialoge aber im schnellen Geschehen immer klar verständlich.
Bonus: Hier entscheidet man sich wie im Film zuerst, ob man ein Player oder Watcher ist. Wählt man Player, werden einem ein paar Aufgaben aufgeführt, welche man Machen würde. Unter Watcher erwarten einen dann noch vier kleinere Extras. Das Making Of besteht nur aus ein paar Filmschnippseln und ist eher ein Promo Clip, während man unter “Creating Nerve” tatsächlich in den 25 Minuten ein paar Hintergrundinfos erhält. Unter “New York Governors Ball” wird beim gleichnamigen Festival auf lustige (und harmlose) Weise etwas reales Nerve gespielt. Abschließend gibt es noch ein paar Outtakes und Trailer zur Eigenwerbung.
FAZIT: Voller Vorfreude legte ich die Disc ein und freute mich auf unterhaltsame 90 Minuten, wurde letztendlich aber ziemlich enttäuscht. Ansich ist das Thema rund um Mutproben und den nächsten “like” in Social Networks sehr interessant aufbereitet, doch fehlte es uns dann doch (bis auf eine Szene) an Spannung und Nervenkitzel. Dies lag aber wohl auch daran, dass der Trailer einfach mal den Film kaputt gemacht hat, da er fast alles schon vorweg nahm. Und ohne Spoilern zu wollen, ist “Nerve” einfach in anbetracht des Themas zu brav, selbst, wenn man nur seichte und flotte Unterhaltung bieten wollte.
Bild - 7,5/10 Ton - 9/10 Bonus - 5/10 Film – 5/10
[Diese Blu-ray wurde uns freundlicherweise von StudioCanal zur Verfügung gestellt]
[Review verfasst von Shagy]
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