Im Gegensatz zu PC-Spielern stehen Konsolenspieler ziemlich auf dem Schlauch, wenn es um Strategiespiele geht. Neben einer Handvoll Echtzeitstrategiespielen, Brettspielumsetzungen und PC-Konvertierungen erscheint nicht sonderlich viel Futter für Strategen. Um so sehnsüchtiger wird da jedes angekündigte Spiel erwartet. Den ersehnten Nachschub liefert nun Empire mit Ghost Master, auch wenn dieses Spiel mal wieder nur eine Umsetzung eines PC-Titels ist.
Als Herr über verschiedene Geister obliegt es euch, Sterbliche zu erschrecken, aus Häusern zu vertreiben oder diese für Geisterbeschwörungen zu mißbrauchen. Um diese Ziele zu erreichen, müsst ihr eure Geister und deren Fähigkeiten geschickt einsetzen bzw. gefangene Geister befreien oder neue Spuks erlangen. Missionsweise gilt es von nun an die Aufgaben zu meistern, um zum erfahrenen Ghost Master aufzusteigen. Die euch zur Verfügung stehenden Geister gliedern sich in 5 verschiedene Kategorien – Hetzer können Sterbliche erschrecken, Attraktions-Geister dafür Menschen anlocken, Widerstands-Geister senken Widerstandskräfte, Verwirrer kontrollieren Sterbliche und Pfuscher sind in der Lage, Gegenstände zu manipulieren.
Gut geklaut ist halb gewonnen...
Nach einem flüchtigen Blick im Vorbeigehen könnte man glatt meinen, da läuft gerade ‚Die Sims‘ auf der PS2. Somit ist auch überhaupt nicht fraglich, woher die grafischen Anleihen des Spieles stammen. „Gut geklaut“ muss dabei jedoch in Frage gestellt werden. Stellenweise kommen die Texturen arg blass und das Leveldesign zusätzlich in Minimalismus daher. Zu allem Überfluss ruckelt die Grafik bei dieser Lieblosigkeit auch noch in einer Regelmäßigkeit vor sich hin, sobald man auch nur ein wenig die Kamera bewegt. An opulenter Grafikpracht, jeder Menge Effekte oder einem hohen Polygoncount kann es keinesfalls liegen, zumal die Level von der Grundfläche her nicht gerade groß sind und in gerade noch brauchbarer Kameraentfernung beinahe auf den gesamten Bildschirm passen. Zusätzlich wirken die Figuranimationen langsam, hölzern und hinterlassen den Eindruck, als hätten sich die Figuren vor lauter Schreck in die Hosen gemacht. Lediglich die dunkleren Level und die Effekte sind halbwegs hinnehmbar. Wenn schon die Grafik dem Flair des Spielszenarios nicht gerecht werden kann, so gelingt das wenigstens ansatzweise dem Sound. Mit einem Gruselgedudel wie aus der Geisterbahn und einer tiefen Stimme des Sprechers wird das gesamte Spiel akustisch untermalt. Wirklich schaurig ist keines von beiden, vielmehr nervt die Musik nach wenigen Stunden. Auch bei den Soundeffekten hat sich niemand mit Ruhm bekleckert. Die Geräusche der einzelnen Spuks sind vielmals zu unscheinbar oder im Soundwirrwarr einfach nicht zu hören. Dafür hat man stets und ständig die Kommentare sowie das Gekreische der Sterblichen in den Ohren, ob sie nun erschreckt wurden oder nicht. In anderer Hinsicht haben die Sounddesigner wieder kräftig gefeilt. Zoomt man mit der Kamera in einzelne Räume hinein, dann werden die dortigen Geräusche stärker. Selbst von Sterblichen eingeschaltete Stereoanlagen sind dann zu hören.
Fernbedienung
Wirklich intuitiv und einfach haben die Entwickler die Steuerung gestaltet. Mittels der beiden Analogsticks bewegt und rotiert ihr die Kamera. Mit dem Steuerkreuz schaltet man durch die Menüs, mit X wird bestätigt, mit Dreieck abgebrochen. Ein Druck auf die Schultertasten wählt entweder das Geister- oder Sterblichenmenü aus oder man schaltet die Etagen des Hauses durch. Wer sich dann mit den Menüsymbolen nicht zurechtfindet, der kann sich mit der Kreistaste ein Hilfefenster einblenden lassen, das hinreichende Erklärungen gibt. Die Steuerung der Geister gestaltet sich als äußerst simpel. Im Geistermenü blättert man durch die einzelnen Geister und wählt schließlich einen aus. Entsprechend der Klassen ist die Auswahl beschränkt. Anschließend verfährt man in gleicher Weise mit dessen Fähigkeiten/Optionen. Gänzlich analog verhält es sich mit den Sterblichen, nur kann man bei denen als einzige Option die Kamera auf die Person zentrieren lassen.
So simpel die Steuerung auch ist, so kompliziert gestaltet es sich in der Praxis damit umzugehen. Es dauert einfach alles zu lange und das Spiel wird währenddessen nicht pausiert. Ein schneller Wechsel des Geistes und das Auslösen eines Spuks dauert meist so lange, dass der zu bespukende Sterbliche den Raum schon wieder verlassen hat und man diesem hinterherwandern muss. Nur die wenigsten Geister können durch Wände gehen und sind somit schneller als ihre lebenden Gegenspieler. Also schlägt man sich wieder auf gleiche Weise durch das Menü.
Mir graust
Zugegeben, ich habe das Spiel nicht durchgespielt, ich habe es noch nicht einmal zur Hälfte geschafft. Nach gut zehn Spielstunden und völliger Ratlosigkeit habe ich entnervt und frustriert aufgegeben. Schon eine der ersten Missionen hat mich zum Scheitern verurteilt, obwohl ich der Meinung bin zu wissen wie diese gelöst werden muss. Ghost Master ist entweder viel zu schwer oder ich bin einfach viel zu blöd für dieses Spiel. Um mir nicht vorwerfen lassen zu müssen, ich hätte mir für eine objektive Bewertung nicht ausreichend Mühe gegeben, habe ich im Internet nach Lösungen und Cheats gesucht. Die Cheats für die Levelauswahl und Maximal-Plasma funktionieren nicht (ein Action Replay kommt mir nicht ins Haus), sowie die FAQ und Lösungen passen einfach nicht auf mein Testmuster, obwohl alle FAQ angeblich anhand der PS2-Version geschrieben wurden. Weder Missionstitel noch Missionsinhalte stimmen mit meiner Problemmission überein (zur Sicherheit habe ich Ghost Master auf Englisch umgestellt, um die englischen Missionstitel zu bekommen). Als wenn das nicht reichen würde, häufen sich zusätzlich noch eine ganze Reihe von Kritikpunkten. Jeder ausgeübte Spuk kostet euch unterschiedlich viel Plasma. Der Plasmabalken regeneriert sich automatisch und erreicht innerhalb kurzer Zeit einen Standardwert von drei Punkten. Alles darüberliegende müsst ihr euch erspuken, indem ihr die Sterblichen erschreckt und deren abgezogene Gesundheit auf dem Plasmabalken gutgeschrieben bekommt. Gerade Spuks, die zur Lösung bestimmter Aufgaben benötigt werden, kosten locker 6 oder 7 Punkte des Plasmabalkens. Selbst mit „günstigen“ Spuks braucht es schon zwei Gruppenerschreckungen hintereinander, um genügend Plasma zusammenzukriegen. Problematisch ist nur, die Sterblichen zu bündeln, damit man mit dem Spuk auch Plasma gewinnt, ansonsten kostet der Spuk exakt soviel wie er einbringt. Plus-minus-null in einer Mission, bei der man keinen Sterblichen verscheuchen darf, weil man ihn für eine Geisterbeschwörung benötigt, ist nicht sonderlich empfehlenswert. Mit etwas Übung ist es gar nicht einmal so schwer, soviel Plasma zu bekommen wie man beispielsweise für den Spuk Hirnwelle benötigt. Frustrierend wird es nur, wenn der anschließend Spuk wirkungslos verpufft. Beim nächsten, völlig identischen Versuch funktioniert er auf einmal. Das macht zum einen keinen Spaß, zum anderen tickt die Uhr. Man hat schließlich nicht alle Zeit der Welt, sondern muss innerhalb eines Zeitrahmens erfolgreich sein, ansonsten darf man die Mission wieder von vorn beginnen. Noch schlimmer stößt dann auf, dass man den avisierten Spuk einfach nicht wirken kann, weil die Opfer wieder irgendwo durch die Botanik laufen und man keinerlei Plasma zu verschenken hat, um sie anzulocken, damit man den Spuk an der richtigen Stelle auf alle anwenden kann. Zumeist treffen die letzten angelockten Personen im Raum ein, wenn die ersten schon wieder gegangen sind. Das hat alles nichts mit Strategie zu tun, sondern ist einfach nur Frust pur.
- Manche Spuks funktionieren einfach nicht, obwohl Geist und Opfer nur durch eine Tür getrennt sind. Ein anderes Mal wirkt der gleiche Spuk über mehrere Etagen und durch mehrere Zimmer (und geschlossene Türen) hindurch. Manchmal geht der Spuk auch einfach an der Person vorbei.
- Die Statusbalken der Figuren sind nur zu sehen, wenn die Kamera nah herangezoomt ist oder wenn man das Sterblichenmenü durchsieht.
- In einer Mission muss Gregg erschreckt und vertrieben werden. Da alle vier Männer im Haus identisch aussehen und keine Namen angezeigt werden, muss man stets über das Menü die Kamera auf die gewünschte Person zentrieren lassen, um die richtige Person zu finden. Ist der dann vor eurem Geist durch´s Haus geflohen, geht die Suche von vorn los.
- Personen (Hexen oder Medien) wachen einfach auf, obwohl sie laut Statusbalken fest schlafen und niemand diese geweckt hat. Bei späteren Versuchen wachen sie nicht einmal auf, wenn andere Sterbliche Musik in diesem Zimmer einschalten.
- Es wird im Spiel nicht erklärt, was die über den Personen eingeblendeten Symbole bedeuten (das Testmuster ist leider ohne Handbuch und die FAQ geben nichts her). Möglicherweise versuche ich ja nur, bestimmte Spuks auf die falsche Person anzuwenden.
- Die Stimme des Sprechers ist in der deutschen Sprachausgabe teilweise auf Englisch.
- Symbole im Menü zu klein, so dass ohne RGB-Kabel die erforderliche Plasmamenge nicht abgelesen werden kann. Mit Zahlenwerten hätte man das umgangen.
Die Aufzählung könnte ich hier problemlos noch um ein paar Punkte erweitern, bringen würde das allerdings nicht sehr viel. Eigentlich ist es schade, dass aus der netten Idee der Geister kein anständiges Spiel geworden ist. Ich habe an diesem Spiel wirklich keinen Spaß gehabt, obwohl man dem Spiel das notwendige Potential keineswegs absprechen kann.
FAZIT:
Einige wenige Echtzeitstrategiespiel-Titel haben es in der Vergangenheit sogar geschafft, das Genre zu revolutionieren (beispielsweise Z oder Pikmin). Ghost Master schafft das keineswegs. Vielmehr rangiert es in der Liga der Spiele, welche die Welt nicht braucht. Die eigentlich ganz gute Idee wurde in katastrophaler Weise umgesetzt, die keinerlei Spaß, dafür aber umso mehr Langeweile aufkommen läßt und den Frustpegel stetig erhöht. Selbst erfahrene Echtzeit-Strategen (dazu zähle ich mich) werden an diesem Spiel wahrscheinlich wenig bis gar keine Freude haben. Ein Test vor dem Kauf gehört zur absoluten Pflichtkür. Die technische Umsetzung ließe sich sogar verschmerzen, wenn nicht das Gameplay so stiefmütterlich behandelt worden wäre. Dass Spiral House PC-Spiele besser umsetzen kann, hat man seinerzeit an der Dreamcast-Umsetzung von ‚Silver‘ gesehen. Die war zwar auch nicht fehlerfrei, aber wenigstens spielbar.
[ Review verfasst von Justicer ]
Pluspunkte:
- Ungewöhnliches Spielszenario
- Intuitive Steuerung
- Witziges Renderintro
Minuspunkte:
- Schlechte Grafik
- Langweilig und Öde
- Frustrierende Level