In Zeiten von gleichgeschalteten Mega-Blockbustern ist es manchmal schwer etwas Neues oder gar Interessantes zu finden. Zwar wird auch die PS4 mittlerweile von Indie-Titeln überschwemmt, doch ich bin kein Fan von Old School Jump‘ n Runs und Rouge-like Actionspielen. Ich will einfach eine neue Spielerfahrung mit einer coolen Atmosphäre, ohne Mord und Totschlag und wenn es geht auch mit einer anständigen Grafik und Sound zocken. Dementsprechend habe ich mir mit großer Vorfreude die erste Folge von „Life is Strange“ heruntergeladen.
Coming of Age
Maxine Caulfield ist gerade volljährig geworden, mag Fotografie und hat ein Stipendium an der bekannten Blackwell Academy bekommen. Eigentlich ein Grund zur Freude und eigentlich ist es das auch. Doch die Uni liegt in ihrer alten Heimatstadt Arcadia Bay und dort wartet auch ihre ehemals beste Freundin Chloe. Ehemals? Ja, denn Max ist vor einer Ewigkeit mit ihren Eltern nach Seattle gezogen und seitdem haben sich die Freundinnenaus den Augen verloren. Doch schon bald merkt man, dass in der idyllischen Kleinstadt etwas nicht stimmt. Ein Mädchen – Rachel Amber – ist vor einigen Monaten spurlos verschwunden und Max entwickelt unerklärliche Eigenschaften…
Etwas Mystery, etwas „Erwachsen werden“ und ein wenig Krimi – die Mischung in „Life is Strange“ bedient keineswegs die typischen Klischees. Stattdessen wirkt das Spiel eher wie ein Independent Film – nur eben als Videospiel. Die melancholische Stimmung, die atmosphärische Grafik und die glaubhaften Figuren fesseln von der ersten Minute an. Klar, richtiges Puzzle/Adventure-Gameplay gibt es auch hier nicht – zumindest nicht in der ersten Episode. Doch durch die vielen Details, Notizen, Poster und Konversationen wirkt alles viel interaktiver als die typischen Spiele von den Telltale Studios, die bekanntlich mit „The Walking Dead“ und „The Wolf Among Us“ eine eigene kleine Nische im Videospielmarkt geschaffen haben.
Alles auf Anfang
Neben dem „Erleben“ der Geschichte und dem Treffen von diversen Entscheidungen – die sich alle auf den weiteren Verlauf der Story auswirken sollen (Im Schnitt schon alleine bei „Chrysalis“ mehr als eine ganze Staffel von „The Walking Dead“ bietet), steht das Zurückspulen der Zeit im Mittelpunkt des Gameplays. Mit Hilfe dieser Fähigkeit kann man Entscheidungen revidieren, Informationen bekommen oder kleinere Ereignisse positiv bzw. negativ beeinflussen. Hirnschmalz wird zwar nicht verlangt, aber dafür gibt es auch keine nervigen Trial & Error Passagen. Der Spielfluss wird kaum gestört und es liegt am Spieler, wieviel Zeit er in das Erforschen der Umgebung und des Universums steckt. Das Tempo ist somit eher gemächlich, doch Spannung baut sich kontinuierlich auf und am Ende der Episode kann man es nicht mehr erwarten, weiter zu zocken.
Moderne Zeiten
Die Steuerung geht übrigens leicht von der Hand. Blickt man in eine Richtung, werden interessante Objekte weiß umrissen. Diese kann man dann in Ruhe studieren. Wichtige Personen / SMS / Infos werden auch noch in einem integrierten Journal festgehalten. Ansonsten erinnert alles an ein typisches Action-Adventure. Grafisch kann der Titel mit einer gelungenen Eleganz punkten, die durch die warmen Farben und tollen Figuren nicht zu realistisch wirkt, aber auch nicht zu comichaft. Optimal – würde ich sagen. Lediglich das typische Aufploppen von Texturen bekommt man durch den Einsatz der Unreal Engine 3 auch hier zu sehen. Ein besonderes Lob verdient dagegen der Soundtrack, der die Stimmung hervorragend unterstreicht und mit einigen tollen Pop-Songs aufwartet. Die englischen Sprecher verrichten dagegen eher mäßig ihren Job. Gerade Max klingt nicht nach einem schüchternen 18jährigen Mädchen. Einen großen Daumen nach unten bekommt „Life is Strange“ dagegen für die fehlende Lokalisierung. Nicht einmal deutsche Untertitel gibt es und das in Zeiten, in denen fast jeder Indie-Entwickler seine Games in Deutsch anbietet. Zumal auch noch mit Square Enix auch noch ein großer Publisher hinter diesem Projekt steht.
FAZIT:
Mit „Life is Strange“ zeigen die französischen Entwickler von Dontnod eindrucksvoll, wie man das Medium des Interaktiven Videospiels voranbringen kann. Dagegen wirken die Spiele der Telltale Studios fast schon altbacken und vor allem passiv. Hier gibt es einfach mehr zu spielen / erleben. Natürlich bleibt noch abzuwarten, in wie weit sich die Entscheidungen in den kommenden Episoden auswirken. Aber trotz dieser Vorsicht, ist „Chrysalis“ ein gelungenes Erlebnis, das nicht nur Lust auf mehr macht, sondern sich auch wohltuend vom üblichen Zombie-Action-Kawoom Zeugs abhebt. Probiert es aus, es lohnt sich!
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