Ein Spiel dauert 90 Minuten, der Ball ist rund und die „FIFA“ Serie ist die unangefochtene Referenz im Fußballgenre. Aussagen, wie in Stein gemeißelt. Mit dem Release des neuesten Pro Evolution Soccer Spiels versucht Konami jedoch mindestens eine dieser Regeln außer Kraft zu setzten. Ob man den Genrekönig aus dem Hause EA wirklich vom Thron stoßen konnte, erfahrt ihr in unserem neuesten Review.
Die Rückkehr des Königs?
Nachdem eher mittelmäßigen „Pro Evolution Soccer 2014“ war ich zugegebenermaßen etwas skeptisch, ob Konami tatsächlich in der Lage ist wieder zu alter Form zu finden. Insbesondere wenn man bedenkt, dass fast alle PS3 Ableger der Serie meist nur als große Enttäuschung endeten. Oftmals solide, aber meist nicht annährend so gut, wie PES 5 oder 6. Dennoch merkt man bereits beim aufpolierten Hauptmenübildschirm, dass man aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat. Während das Menü von „PES 2014“ mehr schlecht, als recht war, sieht das aktuelle Design deutlich erfrischender aus. Doch selbstverständlich ist ein neues Menü noch lange nicht alles.
Im Vordergrund des diesjährigen Spiels steht der generalüberholte myClub Modus, wo es ähnlich, wie bei Ultimate Team darum geht nach und nach eine Top-Mannschaft zusammenzustellen. Anstelle von Packs gibt es Agenten. Diese Agenten helfen anschließend dabei einen Spieler für eure gewünschte Position zu finden. Bezahlt werden die Herren entweder mit GP Punkten, die man im Anschluss eines jeden Spiels bekommt oder mit der PES Währung, die man für richtiges Geld kaufen kann. Danach kümmert man sich um die Aufstellung der Mannschaft. Ähnlich, wie bei FIFA geht es auch hier darum eine möglichst gute Team-Chemie zu erschaffen. Umso besser die Chemie untereinander, desto stärker agieren die Kicker auf dem Platz. Außerdem sollte man stets ein Auge auf die Verträge und die Kondition der Mannschaft werfen. Läuft zum Beispiel ein Vertrag aus, kann er mit Hilfe von GP Points wieder verlängert werden. Und das Gleiche gilt auch für die Fitness. Was den Modus jedoch von FIFAs Ultimate Team unterscheidet ist die Tatsache, dass es keinen aktiven Transfermarkt gibt. Wenn man zum Beispiel einen seiner Spieler abgeben möchte, bekommt man lediglich einen festgeschriebenen Betrag überwiesen. Alles in allem wirkt das Geschehen ohne den Transfermarkt deutlich ruhiger und übersichtlicher. Da man für jedes gewonnene Spiel eine angemessene Menge an Punkten bekommt, dauert es in der Regel nicht lange, bis man sich anständige Spieler besorgen kann. Und hat man schließlich sein Team zusammengestellt, hat man die Auswahl aus verschiedenen Modi. Entweder kann man sein Glück gegen den Computer versuchen, oder man wagt den Schritt auf die große Bühne und tritt online gegen einen menschlichen Spieler an. Wie bei FIFA geht es darum von der untersten Liga in die höchste Spielklasse aufzusteigen. Am Meisten hat mir aber bislang die Simulations-Liga gefallen, wo man sein Team gegen andere KI-Mannschaften antreten lassen kann. Ohne den Stress selber spielen zu müssen, kann man in Ruhe dabei zusehen, wie sich die eigene Mannschaft im Duell gegen ein anderes Team schlägt. Auch hier geht es darum in die höchste Liga aufzusteigen. Alles in allem lässt sich feststellen, dass sich Konami sehr viel Mühe mit dem myClub Modus gegeben hat. Und obwohl sich die Entwickler ihre Inspiration eindeutig von EAs Ultimate Team gezogen haben, gibt es dennoch zahlreiche Unterschiede und Elemente, die am Ende des Tages dafür sorgen, dass der myClub Modus einen eigenen Charakter besitzt.
Modi en masse
Abgesehen von myClub gibt es eine weitreichende Anzahl an verschiedenen Modi, die man aber großenteils auch schon aus vergangenen Spielen kennt. Angefangenen mit der Champions League bis hin zur Copa Libatatores. Und wer es ganz exotisch mag kann sein Glück sogar in der asiatischen Königklasse versuchen. Obwohl Konami in Sachen Lizenzen nach wie vor weit hinter EA steht, ist es ihnen gelungen zahlreiche interessante Ligen und Wettbewerbe ins Spiel zu integrieren. Neben den angesprochenen Pokalwettbewerben gibt es auch noch die spanische, italienische, holländische, argentinische und französische Liga. Die englische Liga wird zwar auch angeboten, aber hier muss man leider ohne echte Vereinsmannschaften auskommen (abgesehen von Manchester United). Es ist eindeutig, dass Konami sehr unter der Lizenzdominanz von EA leidet. Dennoch ist es dem japanischen Entwicklerstudio gelungen das möglichst Beste aus der Situation zu machen. Unglücklicherweise ist der Editor aufgrund diverser PS4-Einschränkungen nicht mehr so stark, wie einst, wodurch die Verbreitung von Option-Files vorerst nicht möglich ist.
Aber zurück zu den Modi: Schließlich gibt es mit der Meister-Liga einen weiteren Giganten, der es in sich hat. Das Prinzip ist wie gehabt: Es geht darum seine Mannschaft von der zweiten Liga an die Spitze des europäischen Fußballs zu bringen. Dies geschieht entweder mit dem richtigen Kader des zuvor ausgewählten Vereins oder mit einer zufallsgenerierten Mannschaft. Und vor allem bei letzterem geht es darum mit Hilfe von guten Transferaktivitäten seine Mannschaft nach und nach zu verbessern. Hat man es schließlich in die erste Liga geschafft, lautet das nächste Ziel auf der europäischer Ebene zu bestehen. Dies geschieht entweder im UEFA Cup oder in der Champions League. Nachdem man den Modus bereits letztes Jahr schon wieder auf Vordermann gebracht hat, macht Konami auch dieses Jahr wieder alles richtig. Die Meister-Liga motiviert und macht auch selbst nach vielen, vielen Stunden immer noch sehr viel Spaß.
Man kickt zusammen
Auch in Sachen Multiplayer hat sich Konami dieses Jahr nicht lumpen lassen. Neben der üblichen Schnellspielfunktion, gibt es auch noch die altbekannten Lobbies, wo man sein Talent gegen menschliche Spieler zeigen kann. Eine kleine Warnung jedoch: Mit der PAL-Version lässt sich nur gegen europäische Zocker spielen. Über allem steht jedoch der neue Online-Wettbewerb. Hier tritt man in verschiedenen Turnieren gegen andere Mitspieler an. Dennoch ist noch nicht alles Gold, was glänzt. Obwohl die einzelnen Partien meist lagfrei waren, dauerte das Matchmaking oftmals verhältnismäßig lange. Wenn es jedoch funktioniert hat, war es auf jeden Fall mal wieder sehr angenehm ein Online-Spiel auszutragen, wo es nicht nur um Geschwindigkeit geht.
Tika Taka 1 2 3
Die größte Stärke des diesjährigen Pro Evolution Soccer ist jedoch das fantastische Gameplay. Mit der Hilfe von zahlreichen neuen Animationen und Bewegungen sieht das Geschehen inzwischen so flüssig aus, wie noch nie zuvor. Hinzu kommt ein generalüberholtes Pass- und Schusssystem. Dank zahlreicher Optionen ist jedes Tor einzigartig. Während man bei FIFA ab einem gewissen Zeitpunkt meist nur die üblichen Abschlüsse sieht, überrascht PES mit einer ganzen Palette an Abschlussmöglichkeiten. So gefallen insbesondere die satten Weitschüsse. Wer aber hingegen ein Fan des gepflegten Tiki Taka ist, darf sich über zahlreiche 1 Touch Moves und Finten freuen. Hat man erstmal sämtliche Bewegungen verinnerlicht, lassen sich überragende Spielzüge auf das virtuelle Feld hinlegen. Und dies ist vor allem auf hohen Schwierigkeitsgraden unbedingt von Nöten, da man mit simplem Sprinten meistens nicht sehr weit kommt. Die KI ist zwar sehr schlau, aber nie unfair. Indem sie auf kluge und taktische Spielzüge zurückgreift fühlt sie sich an, wie ein richtiger Spieler. Die größte Schwierigkeit ist jedoch das Erlernen des Defensivspiels. Da die Schiedsrichter etwas schnell zur gelben Karte greifen, sollte man nicht, wie ein Verrückter durch die Gegend grätschen. Stattdessen ist es ratsam mittels Viereck-Taste einen zweiten Verteidiger zur Hilfe rufen. Und wenn nichts mehr geht, gibt es ja auch noch die Keeper. Deren Niveau ist jedoch oftmals unberechenbar. Manchmal Kreisklasse, manchmal Weltklasse. Aber stets besser und aktiver, als die Schlussmänner aus dem Hause „FIFA“.
Grafik
Wie auch im vergangenen Jahr basiert die technische Grundstruktur des Spiels auf Kojimas Fox Engine. Im Vergleich zum Vorjahresprodukt läuft das Geschehen aber inzwischen deutlich flüssiger über den Bildschirm. Darüber hinaus können sich PS4 Spieler extrem glücklich schätzen. Nur auf der Sony Konsole läuft das Spiel in wunderschönen 1080p und 60fps. Alle anderen Versionen zeigen hingegen deutliche Abweichungen. Trotzdem sollte man keine Grafikbombe erwarten. Obwohl die PS4 für ihre grafische Power bekannt ist, kommt sie bei PES nur bedingt ins Schwitzen. Und was die virtuelle Darstellung der einzelnen Kicker angeht, erwartet dem Spieler ein zweischneidiges Schwert. Während die Stars meistens überragend aussehen, sehen die vielen unbekannten Kicker oftmals sehr generisch und langweilig aus. Ein großes Lob verdienen jedoch die zahlreichen Animationen, die äußerst rund und geschmeidig aussehen. Und auch die Ladezeiten sind erfrischend kurz. Ebenso kurz ist aber auch die Liste an verfügbaren Stadien. Hier wäre es wünschenswert gewesen, wenn man uns ein wenig mehr Auswahl zur Verfügung gestellt hätte. Des Weiteren erhoffe ich mir für das nächste Jahr ein schöneres Publikum, da die pixeligen Figuren des diesjährigen PES nur bedingt überzeugen können. Alles in allem wäre es schön, wenn nicht nur EA, sondern auch Konami nochmal ein wenig an der Grafikleistung ihrer Spiele schrauben könnten. Ein bisschen mehr ist da mit Sicherheit noch drin. Vor allem was die Publikumsdarstellung und das Stadiongefühl angeht.
Zum Schluss dieses Abschnitts möchte ich aber noch auf einen ganz speziellen Bug eingehen. Zum Zeitpunkt der Review litt das „PES 2015“ an merkwürdigen Lags (im Offline Modus wohl gemerkt) die immer wieder für Unterbrechungen im Spielfluss gesorgt haben. Dieser Fehler trat zwar nicht bei jedem auf, aber dennoch bei genügend Leuten, wodurch es eine Erwähnung wert ist. Wer möchte kann diesen Fehler vermeiden, indem er die PS4 offline stellt. Aber auf Dauer ist dies selbstverständlich auch keine Lösung. Es bleibt zu hoffen, dass Konami diesen Bug schon bald ausmerzen wird.
Sound
Kommentiert werden die Spiele wieder mal von Wolf Fuss und Hansi Küpper. Zwei echte Aushängeschilder der deutschen Fußballlandschaft. Und während die Kommentare an sich wirklich nicht schlecht sind, hat Konami dafür gesorgt, dass der fertige Zusammenschnitt eher unterdurchschnittlich rüber kommt. Schlimm wird es vor allem wenn man hört, dass ein einzelner Satz aus zwei unterschiedlichen Tonspuren besteht. Aufgrund der verschiedenen Tonlagen wirkt das das Gesprochene dann etwas merkwürdig. Darüber hinaus hört man ab einem gewissen Zeitpunkt immer wieder dieselben Phrasen. Ein wenig mehr Abwechslung wäre nicht schlecht gewesen. Immerhin wissen wenigstens die Zuschauer mit authentischen Gesängen zu überzeugen. Und auch der diesjährige Soundtrack ist nicht all zu schlecht. Es scheint fast so als hätten sich die Jungs von Konami die Top 10 der Spotify Charts angeschaut und die besten Lieder mit in das Spiel integriert. Die Playlist ist auf jeden Fall deutlich besser, als die enttäuschende Songauswahl des letzten Jahres.
FAZIT:
Während des Schreibens dieser Review habe ich nochmal zurückgeblickt und nachgeguckt, welches „Pro Evolution Soccer“ zuletzt eine Bewertung im 9er Bereich von uns bekommen hat. Wenig überraschend durfte ich feststellen, dass diese Ehre „PES 6“ zuteil kam. Kann der neueste Ableger der bekannten Fußballserie diese Durststrecke nun endlich beenden? Leider nein. Aber Konami ist definitiv auf einem guten Weg. Dies liegt vor allem am fantastischen Gameplay und der verbesserten Präsentation. Nichtsdestotrotz hinterlässt die mittelprächtige Onlineanbindung einen faden Beigeschmack. So bleibt zu hoffen, dass man beim nächsten Teil die veraltete Netzwerkstruktur komplett beiseite wirft und sich, wie beim myClub Modus, an den Konkurrenten aus Kanada orientiert.
[ Review verfasst von Dimi ]
Kommentar verfasst von crack-king:
“The Pitch is Ours” oder "The King is back". Ziemlich aggressive Werbesprüche von einem Hersteller, der in der letzten Konsolengeneration kein einziges überzeugendes Fußballspiel entwickeln konnte, aber mit „Pro Evolution Soccer 2015“ soll nun alles anders werden. In erster Linie natürlich das Gameplay, was definitiv das Beste seit Jahren in der „Pro Evolution Soccer“ Serie ist. Leider muss das nichts heißen bei den Vorgängern. Trotzdem kann man endlich wieder Spaß haben mit der Serie, denn die Spielgeschwindigkeit wurde deutlich heruntergeschraubt und die Ballphysik verbessert. Trotzdem sind Ping-Pong Pässe noch möglich, die Passhilfe macht mehr Probleme als das sie hilft und die Spieler steuern sich ziemlich schwerfällig und dabei spielt es keine Rolle, ob man mit Heinz Müller aus der 3. Liga spielt oder Cristiano Ronaldo. Hinzu kommen dann auch völlig unverständliche Ruckler im Offline-Modus durch die Internetverbindung, die mal mehr, mal weniger schwer ausfallen, aber immer nerven! Online gibt es zwar theoretisch mit MyClub endlich einen spaßigen Modus, jedoch ist er momentan nicht zu gebrauchen, weil das Matchmaking nicht funktioniert und so 90% der Spiele für einen als Niederlage gewertet werden, weil sich das Spiel beim Verbindungsaufbau aufhängt. Man könnte noch weitere Fehler aufzählen, doch das würde den Rahmen sprengen. Das größte Problem von „Pro Evolution Soccer 2015" ist jedoch, dass es sich nicht wie ein Next-Gen Spiel anfühlt. Die Animationen sind für meinen Geschmack zu steif, die Atmosphäre auf dem Rasen ist recht nüchtern und auch abseits des Platzes ist wenig los. Da macht es die Konkurrenz mit der Ignite-Engine (FIFA) oder die „NBA 2k“ Serie mit ihren realistischen Animationen und Spielzügen besser. Selbst die „WWE“ Serie scheint dieses Jahr einen Sprung nach vorne gemacht zu haben (Anm. d.Red.: Allerdings auf Kosten des Umfangs), aber Konami bügelt eher die Fehler der PS3-Zeit aus und versagt dabei teilweise. Denn der Editier-Modus ist dieses Jahr extrem beschnitten und Support für Option Files gibt es auch nicht mehr. Deshalb ist „Pro Evolution Soccer 2015“ auch dieses Jahr hauptsächlich was für Fans der Serie, aber zumindest lohnt sich mal ein Blick. Denn trotz aller Fehler kann man endlich wieder Spaß haben mit „Pro Evolution Soccer“!
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