Kennt ihr noch die alten Adventures aus den frühen 90ern? Dort wurden Rätsel nicht selten durch pixelgenaues Absuchen des Bildschirms gelöst. Weckt Interpol: The Trail of Dr. Chaos nostalgische Gefühle oder führt diese Suche ins Leere?
Wo ist Carmen Sandiego?
Dr. Chaos bricht dank seiner drei Handlanger The Hammer, The Artiste und Mister Smith aus dem Gefängnis aus, taucht unter und klaut weltweit diverse alte Artefakte. Als Agent von Interpol reist man rund um die Welt in Metropolen wie Paris, New York, Moskau und Tokio und spürt die Kriminellen auf. Wie ihr schon bemerkt habt, ist die Story grausiger Einheitsbrei und wer sie ignoriert, hat sogar mehr Spaß am Spiel, da er sich nicht die Frage nach der Logik und dem Sinn des Ganzen stellen muss.
Wo ist Waldo?
Die Agentenarbeit lässt dabei auf sich warten, denn eigentlich fühlt man sich wie ein Praktikant. Schnell fragte ich mich, wie es den Ermittlungen helfen soll, wenn ich irgendwo Hot Dogs, Spazierstöcke, Glöckchen, Ballerinafiguren oder Kirchenbänke finde. Aber der Reihe nach: Jede der elf Umgebungen ist in drei bis fünf Abschnitte, meist große Sehenswürdigkeiten, unterteilt, die es nacheinander zu durchsuchen und in weniger als dreißig Minuten zu lösen gilt. Pro Abschnitt müssen acht bis sechzehn Gegenstände gefunden werden. Dabei besteht jede Aufgabe nur aus einem Bild, das mit unterschiedlichem Zeug vollkommen zugemüllt ist und bis auf wenige Details wie Lichter oder Autos auch noch vollkommen unbewegt. Da einige Dinge recht klein geraten sind, darf man seinen Cursor in eine Lupe verwandeln. Wer dann immer noch nicht weiter weiß, darf sich einen Hinweis geben lassen, der allerdings eine Lösung ist, da der gesuchte Gegenstand gleich deutlich markiert wird. Zusätzlich sind in jedem Bild drei Bonus Items versteckt, die mehr Zeit, Hinweise oder Punkte gutschreiben. Eure Punktzahl ist allerdings nur für das Online-Leaderboard von Bedeutung. Nach bestimmten Ereignissen in eurer Ermittlung werden zudem zwei Bonus Puzzles freigeschaltet, die – abgesehen vom Ort, an dem sie spielen – vollkommen losgelöst von der Geschichte sind und daher vollkommen deplaziert wirken. Vielleicht ist der Mehrspielermodus eine heiße Spur, denn den erwartet man nicht in so einem Spiel. Bis zu vier Spieler dürfen leider nur lokal auf die Suche gehen. Rein spielerisch ändert sich gar nichts, außer das sich vier Cursor auf dem Bildschirm tummeln. Wieso nicht online?
Wo ist der Spaß?
Das Spiel besteht aus nur wenigen Elementen: Menüs, einer Weltkarte mit den Städten, den Suchbildern und Texttafeln. An den Menüs ist nichts auszusetzen und auch die Weltkarte ist ordentlich, auch wenn es nicht mehr zeitgemäß ist, einen kleinen weißen Punkt (man selbst) zu einem kleinen grünen Punkt (die nächste Stadt) fliegen zu lassen. Da sahen die Reisen in den alten Indiana-Jones-Filmen schon besser aus. Die Suchbilder sind recht detailliert gezeichnet und mit ausufernd vielen Objekten übersät, doch spätestens wenn man die Lupe aktiviert, springt die etwas zu niedrige Auflösung ins Auge. Wer keinen HD-TV besitzt, sollte unbedingt die Finger von Interpol lassen – oder zumindest Herausforderungen lieben. In den Texttafeln schließlich passiert all das, was das Spiel eigentlich hätte umfassen sollen, nämlich das Kombinieren der Spuren und somit den Fortgang der Ermittlung. Doch man wird enttäuscht, denn jedes Mal stehen dort Standardfloskeln der Marke „Unsere Ermittlungen ergaben, das…“ oder „Unsere Experten folgern aus den Spuren, das…“ Wenigstens die Steuerung wurde mit Verstand umgesetzt. Für schnelle Bewegungen ist der Analogstick zuständig und für kleinere Bewegungen das Steuerkreuz. Dafür musste die Akustik schwer leiden, aber auf der anderen Seite braucht ein Spiel wie Interpol nicht viel musikalische Untermalung. Die Effekte beschränken sich auf das absolut Nötigste und es gibt ganze zwei Musikstücke, doch die sind wenigstens unaufdringlich und werden auch nach längerem Hören nicht nervig. Was hingegen eine Ermittlung wert wäre: Wieso ist die Version aus dem deutschen Playstation Store nur auf Englisch spielbar? Das eröffnet zwar eine völlig neue Verwendung des Spiels als Vokabeltrainer für den Nachwuchs, aber als Spiel für jüngere Spieler tut man sich damit keinen Gefallen.
FAZIT:
Interpol wird nicht erfreut sein, dass ihr Name für so ein Spiel missbraucht wird! Sofern man keine kleinen Kinder hat, die sicher ihren Spaß hätten, sollte man die 9,99€ lieber in ein anderes Spiel investieren, welches mehr als zwei bis drei Stunden Spielzeit bietet. Erfolgreiche Nischenspiele gibt es viele im PSN, flower oder echochrome zum Beispiel, aber das Prinzip von Interpol ist einfach nicht gemacht für eine High-End Konsole wie die PS3, sondern eher für den Nintendo DS.
[ Review verfasst von Sanguinis ]