„Midnight Club: Los Angeles" ist der vierte Teil der bekannten Rennspiel-Serie. Am Grundprinzip hat sich nicht viel geändert. Noch immer setzt man sich hinter das Steuer eines getunten Flitzers und nimmt an illegalen Straßenrennen teil. Alternativ darf man auch die frei befahrbare Stadt nach Herzenslust erkunden. Im Gegensatz zu den Vorgängern starten die fetzigen Events jedoch nicht mehr nur während der Nacht, sondern auch am helllichten Tage. Was sich sonst noch so verändert hat und was nicht) erfahrt ihr wie immer in unserem ausführlichen Testbericht.
Vinnypaulwalkerdiesel
Man startet in Los Angeles mit ein paar Kröten in der Hand und dem Ziel, der beste Fahrer der Stadt zu werden. Logisch das es anfangs nicht für einen Lamborghini Diablo reicht, also muss erst einmal eine Kiste vom Schlag eines alten VW Scirocco herhalten. Damit bestreitet man die ersten Rennen, knüpft Connections und verdient Geld. Die Kohle fliest sofort in das Auto, das man technisch sowie optisch ordentlich pimpen kann. Soweit so gut, nur wäre der „Du bist der Coole von der Schule" Anspruch besser gekommen, wenn man sich seine Spielfigur selbst erstellen könnte, anstatt mit einem Typen vorlieb nehmen zu müssen, der wie eine spastische Kreuzung zwischen Vin Diesel und Paul Walker, aus „The Fast and the Furious" aussehen würde. Auch bietet das Spiel nur wenig, um langfristig bei der Stange zu bleiben. Durch den „offene Welt" Anspruch hat man zwar immer die freie Auswahl aus verschiedenen Missionen und kann sogar nebenher ein paar Rennen bestreiten, doch eine richtige Storyentwicklung existiert nicht. Dabei hätte man gerade daraus mehr machen können, selbst wenn es nur im Stil von Filmen wie eben „The Fast and the Furious" geschehen wäre. So jedoch geht die seichte Geschichte komplett am Spieler vorbei und das Ende fällt dementsprechend enttäuschend aus.
Klassen und Kassen
Im Spiel gibt es mehrere Fahrzeugklassen, die sich marginal unterschiedlich fahren. Natürlich ist „Midnight Club: Los Angeles" keine Simulation und will es auch nicht sein, deswegen kann man mit der Steuerung größtenteils auch leben. Lediglich die Motorräder lenken sich für meinen Geschmack etwas zu schwammig. Aber egal, kann man ein Rennen sowieso nicht durch legale Mittel gewinnen. So darf man natürlich auf Nitro und vier die vier Spezialfähigkeiten aus Teil drei zurückgreifen. EMP, Agro, Roar und Zone helfen dabei, die Kurven besser zu kriegen, oder die Gegner einfach von der Strecke zu fegen. Alle Fähigkeiten lassen sich auch noch aufleveln und in drei Stufen ausbauen. Weiterhin kann man natürlich auch den Windschatten der Vordermänner nutzen, oder sein Fahrzeug auf zwei Rädern fahren lassen. Das ist allerdings ziemlich sinnfrei und belegt bestenfalls zusätzliche Tasten auf dem ohnehin komplett genutzten Joypad. Wenigstens kann man die Steuerung frei nach seinen Wünschen anpassen, was eigentlich in dieser Generation Standard sein sollte! Was für Events kann man denn nun im Spiel bestreiten? Neben typischen Rundenrennen und Checkpoint-Rennen, sorgen Freeway Rasereien und Liefer-Missionen für Abwechslung. Bei den Rotlicht-Rennen startet man dagegen an einer Ampel und muss so schnell wie möglich zum markierten Punkt auf der Karte gelangen. Zudem kann man sein Geld und Fahrzeug verwetten, an Tournaments teilnehmen, Zeitrennen bestreiten und Autos auf Bestellung schrotten. Apropos Zerstören, es gibt zwar ein Schadensmodell, das ist jedoch nur hübsches Beiwerk und wirkt sich nicht auf das Fahrverhalten der Fahrzeuge aus. Sollte man wider Erwarten tatsächlich einen Totalschaden fabrizieren, dann sollte man vielleicht auch keine Rennspiele mehr zocken.
Build my Reputation
Den Onlinemodus kann man getrost als Totgeburt bezeichnen, denn selbst bei Veröffentlichung war nicht viel los. Und wenn man doch mal ein paar Gegner trifft, dann fahren diese meistens nur die schnellsten Fahrzeuge, nämlich die Kawasaki Ninjas. Verschenktes Potential, denn mit dem einfachen Leveleditor lassen sich problemlos eigene Checkpointrennen erstellen und natürlich auch online benutzen. Vollkommen unnötig ist dagegen der Rockstar Games Social Club, der eine separate Anmeldung voraussetzt und nicht wirklich etwas zum Spielspaß beitragen kann. Die Entwickler von Midnight Club hätten sich wohl besser eine Scheibe von Criterion`s „Burnout Paradise" abschneiden sollen, denn dort ist auch heute noch viel los. Immerhin bietet das Spiel mit dem Goal-Attack Modus aber auch Offline zusätzliche Abwechslung. In den getrennten Herausforderungen gilt es, verschiedene Ziele gleichzeitig zu erfüllen.
Hart, aber nicht gerecht
Bereits in den Vorgängern sorgte der übertriebene Schwierigkeitsgrad für zahlreiche kaputte Joypads und verängstigte Nachbarn. Hatte man ungefähr die Hälfte der Spiele bewältigt, nahm die zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit so stark zu, dass die teuren Dualshock 2 Pads gegen die Wand flogen, da die KI kaum noch Fehler machte, jede Abkürzung kannte und sich nie vom Spieler abhängen ließ. Zumindest erging es mir so! Umso verwunderlicher ist es, dass die Entwickler immer noch die gleichen Fehler begehen. Denn auch „Midnight Club: Los Angeles" krankt an solchen Problemen. Diese sind sogar so gravierend, dass man einen Patch nachgeschoben hat, der den Schwierigkeitsgrad extrem (!!!) entschärft. Nun sind Gott sei Dank alle Herausforderungen auf Anhieb zu schaffen, oder zumindest mit ein paar Versuchen zu meistern. An der eigentlichen Ursache, dem schlecht durchdachten Spieldesign, ändert diese Flickschusterei gar nichts. Ein Beispiel gefällig? Spätere Rennen nutzen ausgiebig Abkürzungen, die man aber nicht immer sofort ausmachen kann und bei so viel Verkehr und 200 Sachen auf dem Tacho auch schlecht auf der Mini-Karte, in der linken unteren Ecke, auszumachen sind, zumal die Checkpoints später teilweise meilenweit auseinander liegen. Für mich hat diese „Fahr da entlang, wo du willst" Einstellung nichts mit Skill und Können zu tun, sondern lediglich mit Glück. Streift man eines der vielen Passantenfahrzeuge, liegt man sofort wieder hinten, oder schlimmer noch, man baut einen Frontalcrash. Was dann in 99% der Fälle passiert ist, dass man genau an diesem Fahrzeug wieder aufgestellt wird und netterweise sogar dran kleben bleibt. Für mich sind das alles nervige Patzer, die typisch für Free-Roaming Rennspiele, wie auch „Burnout Paradise" sind. Als Konsequenz kosten diese Fauxpas dem Spiel einige Punkte in der Wertung.
Sightseeing bei 200km/h
Als Grundlage für das virtuelle Los Angeles nutzten die Entwickler eine weiterentwickelte Version der „Grand Theft Auto IV" Engine. Aber keine Panik, im Gegensatz zum letzten GTA-Abenteuer läuft hier alles weitestgehend flüssig und ist zudem noch frei von hässlichen Pixelkanten. Lediglich beim Einsatz der Spezialfähigkeiten geht die Framerate, ob nun beabsichtigt oder nicht, in die Knie. Während des freien Fahrens kann es außerdem in seltenen Fällen vorkommen, dass diverse Texturtapeten kurz ins Bild ploppen. Letzteres entsteht durch das permanente Streaming, was im Gegenzug fast alle Ladezeiten, wie zum Beispiel beim Besuch der Werkstatt oder beim Starten eines Events, passiert. Einen Full-HD Modus gibt es übrigens auch, wobei die Grafik dabei nur hoch skaliert wird. Immerhin gibt es dafür keine Performance Einbußen. Die vielen lizenzierten Autos wurden detailreich umgesetzt und verfügen sogar über eigene 3D-Cockpits. Das Tuning fällt ebenso umfangreich und detailreich aus, wobei man als User niemals den Überblick über die Möglichkeiten verliert. Hier haben die Entwickler Benutzerfreundlichkeit zum obersten Anspruch gemacht. Schade nur, dass der Vinyl-Editor immer noch umständlich zu handhaben ist. Ab und an darf man auch im Regen durch L.A. brausen, dann fallen vor allem die gelungenen Wassereffekte auf den Straßenbelägen auf. Ansonsten beeindruckt der flüssige Wechsel zwischen Tag und Nacht. Die Tageszeit selbst festlegen, darf man hierbei nicht. Der umfangreiche Soundtrack sorgt während der zahlreichen Rennen für genügend Abwechslung. Im Gegensatz zum Vorgänger ist die Musikauswahl (Hip Hop, Rock und Electro) in „Los Angeles" nämlich ausgezeichnet und macht die, ebenfalls im Spiel enthaltende, Custom Soundtrack Funktion fast überflüssig. Abzug gibt es jedoch für die englische Sprachausgabe und die leicht verbuggte Soundwiedergabe. In einigen Rennen kann es vorkommen, dass man keine Motorengeräusche hört.
FAZIT:
„Midnight Club: Los Angeles" ist eine solide Fortsetzung. Schick und edel präsentiert, verfügt das Spiel über einen großen Umfang und zahlreiche Features wie den Streckeneditor oder die Möglichkeit eigene Musik abzuspielen. Das am Ende die Wertung trotzdem nicht besser ausfällt, liegt am derben Schwierigkeitsgrad, der leicht unpräzisen Steuerung, besonders der Motorräder und den nervigen Checkpointrennen. Hierbei handelt es sich ausnahmslos um Kritikpunkte, an denen bereits die Vorgänger litten! Dank Patch wurden die CPU Fahrer zwar nachträglich entschärft, aber dem Spiel ging damit auch jegliche Herausforderung verloren. Jetzt ist es schlichtweg zu leicht. Somit mag der Titel zwar immer noch besser als das aktuelle „Need for Speed" sein, für sich gesehen, ist das Spiel aber auch kein richtiges Meisterwerk.
[ Review verfasst von .ram ]
Pluspunkte:
- Tolle Grafik
- Großer Umfang
- Gelungener Soundtrack
Minuspunkte:
- Spiel brauchte Patch um Schwierigkeitsgrad zu entschärfen
- Dadurch wurde es aber zu leicht
- Wenige Neuerungen gegenüber den Vorgängern