Als diesen Sommer der zweite Teil der Narnia-Saga in unseren Kinos anlief, wollte Disney Interactive den Narnia-Fans auch gleich eine passende Lizenzversoftung anbieten. Also holte man sich die Jungs und Mädels von „Traveller's Tales" ins Boot, die schon mit den Lego-Spielen zu Star Wars und Indiana Jones bewiesen hatten, dass sie dicke Lizenzen kindgerecht verpacken können. Ob die Schlachten rund um Narnia nun dazu geeignet sind, unsere kleineren Geschwistern bei Laune zu halten, oder ob man es hier mit einer Versoftung zu tun hat, die man ahnungslosen Kindern schnellstmöglich auf dem Flohmarkt verkauft, erfahrt ihr in unserem Review - passend zum DVD/Blu-ray-Start des Films.
Lang, lang ist's her...
Nach einer Abstinenz von mehr als tausend Jahren landet die Truppe rund um Lucy, Peter und Co. erneut im Königreich von Narnia, einer mystischen Welt voller Fantasie-Gestalten. Doch leider ist dort Schluss mit Friede-Freude-Eierkuchen, denn der böse König Mieraz herrscht über das Land. Die Truppe mobilisiert also allmählich ihre Kräfte, schart Verbündete um sich und stößt alsbald auf den Prinzen Kaspian, mit dessen Hilfe das Königreich gerettet werden soll. Was als Geschichte im Film funktionieren mag, geht im Spiel nicht richtig auf. Leute wie ich, die den Film nicht im Kino gesehen haben, werden während der eingestreuten Filmsequenzen über die hohe Qualität von Bild und Ton erfreut sein, aber trotzdem mit der Stirn runzeln, da die Szenen oft willkürlich eingefügt wirken und keine klare Storyline erkennen lassen. Zum Ende hin wird dann langsam deutlich, welche Story uns das Spiel ans Herz legen will, doch bis das passiert, verbringt man viele Stunden mit monotonem Gekloppe.
Suppe von Gestern... dreimal aufgewärmt
Nachdem man nämlich viel zu abrupt ins Spielgeschehen hinein geworfen wird, gilt es auch schon, die Klingen zu schwingen. Auf der Quadrat-Taste befindet sich der Hauptangriff (meist mit Schwert, Dolch oder Keule), während mit der X-Taste die jeweilige Spezial-Attacke (Enterhaken, Pfeil und Bogen) eines Recken zum Einsatz kommt. Die Vielfalt der Charaktere ist hierbei einer der besseren Aspekte des Spiels. Neben den Menschenkindern können auch verschiedene Fabelwesen, wie Zentauren gesteuert werden, die sich allesamt spürbar in Attributen wie Schnelligkeit und Stärke unterscheiden. Ein büffelartiges Wesen kann sogar Riesen bemannen, um den Feinden mit erdbebengleichen Schritten einzuheizen, wohingegen es nur kleinen Gnomen möglich ist, bestimmte Passagen zu betreten. Es sollte also für jeden was dabei sein, egal ob man nun mit Pfeil und Bogen durchs Level zischt oder lieber Mann-gegen-Mann Konfrontationen mit dem Schwert austragen will. Abgesehen von diesem Punkt gibt es leider nicht viel zu loben, denn das Spiel besitzt keinerlei Eigenständigkeit und klaut sich seine Gameplay-Bestandteile munter bei anderen Games zusammen. Seien es nun billige Schalterrätsel, die lediglich verlangen Objekt A nach Ort B zu bringen, Massenkeilereien in denen eine bestimmte Anzahl an Soldaten vernichtet werden muss, oder Schieberätsel bei denen man so lange schiebt bis es passt. Lediglich ab und an werden kleinere Aufgaben geboten, die kurzzeitig Freude bereiten. Zum Beispiel wenn man einem Zwischenboss eine Kirchenglocke an die Omme pfeffern muss.
Prinzipiell könnte das trotzdem spaßig sein, wäre da nicht die unausgegorene Kameraführung. Völlig unpassende Blickwinkel versperren die Sicht auf Gegner und wichtige Gegenstände, so dass in gewissem Maße nicht nur Frust sondern auch Verwirrung entsteht. Hat man das Ziel im jeweiligen Gebiet erfüllt, bleibt noch genug Zeit, um tausende von gleich aussehenden Fässern zu zertrümmern, nur damit man mit deren glitzernden Inhalt den Lebensbalken füllt. Möglichkeiten zum Aufleveln gibt es keine, dafür aber zahlreiche funkelnde Waffen die förmlich „nimm mich, ich geb' dir ein Angriffs-Plus", schreien. Dass das alles so funktioniert wie es funktioniert, muss man allerdings doch allein herausfinden, da das Spiel kaum Erklärungen in Form von Text bietet, was für jüngere Zocker wiederum unvorteilhaft ist. Wer jetzt aber glaubt, er könne das Spiel mit seinem kleinen Bruder schnell und in einem Zug hinter sich bringen, hat falsch gedacht! Alle 3 Minuten wird man in kurzen unvertonten InGame-Sequenzen darauf hingewiesen, welcher Schalter mit welchem Mittel aktiviert werden muss. Das stört den Spielfluss ungemein und nervt. Im Koop-Modus lässt sich noch über das ein oder andere Manko hinweg sehen, hier geht es schließlich darum, dass man mehr Schurken als der Kollege nebenan plättet. Dann darf man sich auch über den Kumpel lustig machen, wenn er Gegner und Gegenstände mit Pfeil und Bogen nicht trifft, weil das Zielsystem so ungenau ist. Der Schwierigkeitsgrad ist niedrig angesetzt und verlangt höchstens bei Bosskämpfen am Ende des Spiels etwas Geduld und überlegtes Vorgehen.
Nicht so stimmig wie im Kino
Rein optisch darf man von „Die Chroniken von Narnia: Prinz Kaspian von Narnia" kein Feuerwerk erwarten, doch lässt sich zumindest sagen, dass der Titel stimmig und auch ganz nett aussieht. Alles wirkt wie auf der PS2. Grobe Schnitzer hat man sich nicht geleistet. Gerade soundtechnisch weiß das Spiel mit seinen gut synchronisierten Zwischensequenzen (aus dem Film) und guter Schlachtmusik zu gefallen. Hingegen nervt leider, dass Widersacher im Kampf nur ein Stöhnen zur Verfügung haben, das sich alle paar Sekunden wiederholt. Hätte man der kampflustigen Truppe ein paar mehr Textzeilen spendiert, wäre auch atmosphärisch mehr drin gewesen. Für all diejenigen, die vom Narnia-Universum auch nach gut acht Stunden nicht genug bekommen können, haben die Entwickler einige Making-Of und Hinter-den-Kulissen Clips auf die Blu-ray gepackt. Sogar Bonuslevel und Videoclips können frei geschalten werden, indem man innerhalb der Levels die versteckten Holzkisten öffnet. Die USK hat den 12er Sticker übrigens nicht umsonst verteilt: einige Filmsequenzen sind nicht wirklich für jüngere Semester geeignet und auch wenn kein Blut im Spiel vorkommt, klingt das Stöhnen der gefallenen Soldaten, nachdem sie vom Schwerthieb getroffen wurden, ziemlich heftig.
FAZIT:
Ehrlich gesagt habe ich vom Spiel nicht wirklich erwartet, dass es mit epischen Bosskämpfen, opulenten Schlachten und kniffligen Rätseln lockt. Und siehe da, mein Gefühl hat sich nicht geirrt: Wieder eine lieblose Lizenzversoftung, die trotz Fehler und fehlender Eigenständigkeit irgendwie funktioniert. Filmfans freuen sich über das Flair von Narnia, der Rest schaut sich lieber nach einem besseren Adventure um und greift gegebenenfalls zu „Ratchet & Clank". Einige Teile des Spiels sind nett entworfen, reichen aber schlussendlich nicht aus, um es aus der Durchschnittsmasse hervorzuheben. Immerhin spielen sich manche Charaktere richtig gut, wenn es zum Beispiel darum geht, durch riesige Horden an Gegnern zu pflügen und Geschütztürme zu zerlegen.
[ Review verfasst von Sirteen ]
Pluspunkte:
- Filmschnipsel sind qualitativ hochwertig
- Viel Bonusmaterial zum Freispielen
- Massenschlachten
Minuspunkte:
- Es wird nichts Neues geboten
- Grafisch wäre mehr drin gewesen
- Monotoner Spielablauf mit einigen Längen