Bereits vor einigen Wochen konnte euch Flek in seinem Import-Test zu Valkyria Chronicles (OnPSX Review) tiefe Einblicke in das Spielsystem, die Technik und den Sound geben. Nun halte ich die europäische Fassung des PS3-Exklusivtitels in meinen Händen und möchte auch noch ein paar Worte zur Lokalisierung und zur Story verlieren. Viel Spaß mit unserem Nachtest.
Für Europa!
Japanische Spiele sind berühmt für interessante - wenn auch oftmals kitschige - Hintergrundgeschichten. Und obwohl „Valkyria Chronicles" auch ein paar dieser typischen Anleihen beinhaltet, ist die Story insgesamt dennoch als gelungen und interessant zu bezeichnen. Der Spieler erlebt das Abenteuer aus Sicht von Welkin Gunther, seines Zeichens angehender Lehrer und gerade auf dem Weg in seine Heimatstadt. Unverhofft fallen jedoch feindliche Truppen des Imperiums in Gallia ein und kurzer Hand wird unser Protagonist in ein erstes Gefecht verwickelt. Daraufhin überschlagen sich die Ereignisse und Welkin findet sich nur wenig später im Panzer seines Vaters als Kommandant des siebenten Squads wieder und zieht mit wehenden Fahnen in den Krieg. Immer an seiner Seite ist Alicia Melchiott, die er bereits in der Einführung kennen lernt. Aber auch die anderen Squadmitglieder wachsen einem mit der Zeit ans Herz, da jeder seine eigene Persönlichkeit besitzt. Natürlich dürfen passende Bösewichte nicht fehlen, neben Prinz Maximilian sticht vor allem die mysteriöse Selvaria hervor. Doch ohne zuviel verraten zu wollen, die beiden verfolgen ihre ganz eigenen Ziele. Was mich letztendlich an der Geschichte beeindruckt hat, war vor allem die Häufigkeit und Vielschichtigkeit, mit der die Story vorangetrieben wird. Zwischensequenzen und Dialoge sind keine Seltenheit und sorgen für einen tiefen Einblick in die Geschehnisse. Aber auch zwischenmenschliche Beziehungen kommen nicht zu kurz.
Komplexität trifft Eingängigkeit
„Valkyria Chronicles" bietet einen ausgereiften Mix aus Echtzeitstrategie und rundenbasierten Spielelementen. Während man in einer Schlacht über Kommandopunkte die Soldaten in einer zweidimensionalen Kartenansicht auswählen kann, werden die Charaktere später in einer gesonderten 3D Spielperspektive in Echtzeit über das Spielfeld bewegt. Pro Kommandopunkt kann eine Spielfigur auch einen Schuss abgeben. Hat man seinen Zug beendet, ist der Gegner an der Reihe. Interessant wird das Ganze natürlich durch mehrere Faktoren: Kommandopunkte können zum Beispiel aufgespart werden, Spielfiguren können mehrmals hintereinander in einer Runde angewählt werden, es dürfen spezielle Kommandobefehle erteilt werden, welche der oder den Einheiten Bonusse verschaffen, durch die unterschiedlichen Soldatenklassen (Scout, Shocktrooper, Lancer, Engineer und Sniper) ist eine taktische Planung vor der Schlacht bereits notwendig und dank der individuellen Eigenschaften eines jeden Squad-Mitglieds kann man diese auch gezielt einsetzen. Zwischen den Missionen darf man zudem seine Waffen aufrüsten, die Soldaten im Camp trainieren (dabei werden alle Mitglieder einer Klasse aufgelevelt) oder seine Soldaten ganz austauschen. Wobei letzteres wohl überlegt sein will, denn sollte ein Kamerad in der Schlacht sterben, ist er für immer aus dem Spiel raus. Das sorgt dafür, dass man eine gewisse Bindung mit den Kämpfern aufbaut und diese nicht einfach für einen Sieg opfert. Einen besonderen Stellenwert nimmt der Panzer von Welkin ein - die Edelweiss. Zum einen dient das Gefährt als Kommandopunkt und zum anderen als nützliche Waffe, insbesondere gegenüber feindlichen Kriegsmaschinen. Es empfiehlt sich zudem, öfters zwischendurch abzuspeichern, denn vor allem gegen Ende werden die Missionen ziemlich umfangreich.
Das Spielsystem ist leicht zu erlernen, bietet aber genügend taktische Tiefe, um auch noch nach Stunden zu fesseln. Vor allem neue Elemente werden nur langsam eingeführt (Rauchbomben) und überfordern den Spieler nicht. Zudem besitzt man immer die Möglichkeit mit Hilfe von Skirmish-Missionen abseits der Story zusätzliches Geld und Erfahrung zu sammeln. Entscheidend sind dabei die Züge, die man braucht um ein Gefecht abzuschließen, sowie die Gegner, die man tötet. Außerdem lassen sich in diesen Missionen problemlos neue Taktiken ausprobieren. Der Schwierigkeitsgrad der Einsätze ist größtenteils ausgewogen, nur selten gerät man in einige unfaire Situationen (Mission 7). Was allerdings stärker auffällt, ist die Bevorteilung der CPU. Egal ob es nun feindliche Sniper oder Panzer sind, während die eigenen Truppen fünfmal daneben schießen, treffen die Schergen schon beim ersten Mal und scheinen vor allem keine Munitionsprobleme zu haben.
Einzigartiger Grafikstil
Dass an dem Spiel an (fast) keiner Ecke gespart wurde, merkt man auch an der Technik. Neben einer optionalen Festplatteninstallation, durch die die Ladezeiten annähernd komplett entfallen, sorgt vor allem der außergewöhnliche Grafikstil für Freude. Die Cell-Shading Optik erinnert dabei heftig an Aquarellgemälde und wirkt dadurch äußerst einzigartig. Aber auch das Design der Spielwelt verbindet gekonnt Ritter, Weltkriegstechnologie und typische japanische Fantasy (inkl. Sachen wie Schweinchen mit Flügeln) zu einem hübschen Cocktail. Genauso gelungen ist der Soundtrack, der die Stimmung im Spiel zu jeder Zeit perfekt unterstreicht und niemals auf den Keks geht. Die Menüführung ist dagegen im Stil eines Buches gehalten und sehr leicht zu navigieren, ansonsten überzeugt noch das gelungene Savesystem, das auch während einer Mission ein Abspeichern zulässt. Man merkt deutlich, dass sich die Entwickler die Zeit genommen haben, um jede Nuance des Spieles auszutüfteln!
Lokalisierung
Zu erst die schlechte Nachricht vorweg - SEGA hat sich eine Übersetzung ins Deutsche gespart. Lediglich das Handbuch wurde in unsere Sprache übertragen, Sprachausgabe und alle Texte im Spiel sind jedoch in Englisch (oder Japanisch) belassen worden. „Valkyria Chronicles" bietet glücklicherweise ein leicht zu erlernendes Gameplay und führt neue Features nur gemächlich ein, Verständigungsprobleme sollte es demnach keine geben, selbst wenn man nur über rudimentäre Fremdsprachenkenntnisse verfügt. Dennoch ist die fehlende Anpassung natürlich schade, denn das Spiel wartet mit unzähligen Hintergrundinformationen zu den Charakteren, Waffen und Fraktionen auf. Es gibt also viel zu lesen - wenn man das möchte. Wenigstens sind die englischen Sprecher durch die Bank weg professionell und verleihen den Protagonisten (jede Figur wurde vertont) mehr Profil. Wer dagegen lieber der originalen japanischen Vertonung lauschen möchte, kann das aber auch tun, denn „Valkyria Chronicles" verfügt selbst in der PAL-Version über eine japanische Tonspur.
FAZIT:
Strategie-Fans aufgepasst! SEGA liefert mit „Valkyria Chronicles" ein durchdachtes Abenteuer ab, das gekonnt Rollenspiel-Elemente mit taktischer Tiefe verbindet. Die liebevolle Präsentation und das eingängige Gameplay bieten Unterhaltung auf hohem Niveau. Einzig der schwankende Schwierigkeitsgrad (mit ein paar unfairen Stellen) und die fehlende Lokalisierung sorgen für Abzüge in der B-Note. Dennoch ist das Spiel eine Empfehlung wert und zwar nicht nur für Strategiefans. Durch den ungewöhnlichen Mix und die tolle Grafik sollten sich auch all jene angesprochen fühlen, die von dem typischen Videospieleinheitsbrei die Nase voll haben.
[ Review verfasst von .ram ]
Pluspunkte:
- Tolle Cel-Shading Optik
- Sehr gute Atmosphäre + Userfreundlichkeit
- Eingängiges Spielsystem
Minuspunkte:
- Keine deutschen Untertitel oder Sprache
- Gefechte nehmen später viel Zeit in Anspruch
- Storymissionen lassen sich nicht wiederholen