Was lange währt, wird endlich gut... Nach einem wahren Verschiebungsmarathon ist Sony´s Action-RPG Hoffnung Champions of Norrath endlich auch in Europa erhältlich. Publisher Ubi Soft hat es den Fans wirklich nicht leicht gemacht, erst immer wieder verschoben und dann doch früher..., aber hält der zweite Everquest Ableger auf PlayStation 2 auch den hoch gesetzten Erwartungen stand?
Das Spiel
Wer Champions of Norrath das erste Mal spielt, wird sich vielleicht denken: Hmmm, das kenn ich doch? Tatsächlich gibt es auf der PlayStation 2 mit den Baldur´s Gate: Dark Alliance Titeln bereits zwei Action-Rollenspiele, die Champions of Norrath verdammt ähnlich sehen. Der Grund liegt auf der Hand: Die Grafikengine der Snowblind Studios, welche sowohl bei Baldur´s Gate: Dark Alliance als auch bei Champions of Norrath ihren Einsatz findet. Allerdings zieht der Sony-exklusive Titel hier (und bei anderen Punkten) den Konkurrenten klar davon, doch dazu später mehr.
Die Story von Champions of Norrath hält sich leider an die ungeschrieben Regel gängiger Hack´n´Slay-Spiele, die eine tiefgründige Geschichtserzählung zu verbieten scheint. Das Land Norrath wird von Horden von Goblins und Orks bedroht und jetzt wird natürlich ein Held gesucht, der dieses Unglück abwenden kann. Zu Beginn habt ihr daher die Wahl zwischen 5 verschiedenen Charakterklassen (vom Barbaren über Waldläufer bis hin zum Magier), wobei ihr auch jeweils ein weibliches Pendant wählen könnt. Je nachdem wie ihr euch entscheidet, habt ihr im späteren Verlauf des Spiels die Möglichkeit, bestimmte Waffen oder Zaubersprüche zu nutzen oder entscheidet damit, wie sich eure Lebensenergie regeneriert, an der Story ändert sich aber nichts. Rollenspielmäßig könnt ihr eurem Charakter natürlich regelmäßig beim Aufsteigen in einen neuen Level verschiedene Erfahrungspunkte verteilen, doch sehr viel Spielraum habt ihr hier ebenfalls nicht. Es gibt vier grundlegende Eigenschaften, die ihr jeweils erhöhen könnt und danach noch welche, die sich in erster Linie aber um eure Bewandnis im Umgang mit Waffen oder Zaubersprüchen drehen. Rollenspieler werden mit diesem System natürlich nicht glücklich, für ein ordentliches Hack´n´Slay reicht es aber allemal. So zieht ihr also los, um für Ruhm und Ehre Norrath zu befreien und allerlei Ungetier den Garaus zu machen. Baldur´s Gate Spieler werden dabei recht schnell feststellen, dass Champions of Norrath aus einem anderen Holz geschnitzt ist als die dunkle Allianz, das Spiel ist deutlich schwerer und erfordert mehr taktischen Umgang mit seinen Waffen und nicht zuletzt auch öfter mal einen schnellen Spurt, um aus dem Gefahrenbereich herauszukommen. Dafür gibt es (gerade am Anfang) sehr oft Unterstützung befreundeter Elfen-Truppen, was das ganze auch für Anfänger wieder erträglicher machen sollte. Und natürlich, wer nicht gerne alleine durch Wälder und Dungeons zieht, der kann das natürlich auch mit Freunden tun und das sogar mit vier Stück an der Zahl. Und als ob das noch nicht genug wäre, könnt ihr auch online über PlayStation-Net ins Gefecht ziehen und so nebenbei über Headset auch einen kleinen Plausch mit euren Waffenbrüdern halten. Einziger Wehrmutstropfen ist hier, dass sowohl das Inventarsystem für schnelle Tauschaktionen nicht wirklich ideal ist und man auch online zu viert stehts nur auf einem Bildschirm zusammen ist, Alleingänge sind also nicht drin. Zudem muß man aufpassen wo man speichert, da das Spiel Off- und Online-Spielstände nicht trennt, sonst ist der alte (evtl. schon weitere) Spielstand überschrieben und man kann von da nochmmal weiter machen, bei diesen Punkten besteht als noch Verbesserungsbedarf. Ansonsten ist der Online-Modus aber sehr gelungen und erhöht die Spielerfahrung ungemein, ein wichtiger Pluspunkt, den Champions of Norrath seinen beiden Baldur´s Gate Konkurrenten voraus hat. Gespeichert wird immer an bestimmten Portalen, diese sind in der Regel sehr fair verteilt und sorgen kaum für Frust. Zudem wurde das System so gelöst, dass wenn man einfach nur an einem Speicherpunkt vorbei läuft, ein temporärer Checkpoint angelegt wird, von dem man nach seinen Ableben wieder starte, um aber das Spiel fest zu speichern (also nach Ausschalten der Konsole zu erhalten), muß man ihn beim Speicherpunkt kurz im Speichermenü festhalten. Desweiteren gibt es noch Portale, die es dem Spieler erlauben, in schon besuchte Gebiete nocheinmal schnell zurückzukehren, gerade interessant, wenn das Inventar voll ist und man somit schnell zum Händler zurück kann, um sich dort neu einzudecken und seine gesammelten Items und Waffen loszuwerden. An diesen wurde im Spiel ebenfalls nicht gespart, über 10.000 Waffen, Items und sonstige Extras warten auf ihre Entdeckung durch euch. Das sich hierbei viele Dinge ähneln tut der Sache keinen Abbruch. Sämtliche Items wirken sich natürlich auch unmittelbar auf das Äußere eures Charakters aus und im Menü könnt ihr wunderbar ansehen, ob der neue erkämpfte Helm ein Schmuckstück ist oder doch besser zum Händler wandern sollte. Der Spielverlauf an sich ist recht eintönig, ihr metzelt euch durch Horden an Gegnern, besiegt ab und an einen Endgegner und sammelt dabei fleißig Gold, Waffen und neue Items. Hört sich langweilig an, ist es aber nicht. Schon bald kommt ein Suchtgefühl á la Diablo auf, diesen Dungeon noch, mal sehen was diese Waffe bringt, mal kucken was hinter der Ecke kommt. Man will immer speichern und für heute auffhören, aber ehe man sich versieht, ist man schon am nächsten Speicherpunkt angelangt und man möchte natürlich wenigstens wissen, was ungefähr als nächstes kommt... Rätsel oder anspruchsvolle Quest sucht man dagegen vergebens, ist zwar etwas schade, macht dem Spielspaß aber nicht viel aus. Das Spiel gibt euch drei Kameraansichten zur Wahl, ihr könnt euren Helden also von ganz weit oben oder fast über die Schulter betrachten. Zum Spielen eignet sich die mittlerste Einstellung am besten, aber es macht immer wieder Spaß nahe heran zu gehen, um die wunderschöne Grafik noch besser genießen zu können. Womit wir auch schon beim nächsten Punkt wären...
Die Grafik
Wer seine Freunde von der grafischen Leistungsfähigkeit seiner PlayStation 2 überzeugen will, muß sich (gerade heute im direkten Vergleich zu Xbox und Gamecube) schon ein besonderes Spiel heraussuchen. Mit Champions of Norrath liefern die Snowblind Studios ein Spiel ab, dass grafisch plattformübergreifend die Referenz im Genre darstellt. Von Bump-Mapping über Anti-Aliasing bis hin zu scharfen Texturen, Echtzeitschatten, genialen Lichteffekte und absoluter Flimmerfreiheit dreht das Spiel so ziemlich allen angeblichen technischen Schwachstellen der PlayStation 2 eine lange Nase und zeigt deutlich, was machbar ist, wenn man nur die Hardware versteht. Auch die beiden Baldur´s Gate Kollegen werden deutlich im Regen stehen gelassen. Einen kleinen Wehrmutstropfen hat die ganze Grafikpracht allerdings auch: So kommt es bei massivem Einsatz von Lichteffekten in den Dungeons schon mal zu kleinen Rucklern und selten poppen auch die Texturen auf den Polygonen etwas zu spät auf, so dass man nur eine schwarze Fläche sieht. Das ganze trübt den Glanz jedoch nur marginal, was man vom fehlenden 60Hz-Modus nicht behaupten kann. Das Bild wird so oben und unten leicht gestaucht und auch wenn man es kaum bemerkt, so ist es einem PS2-Spiel im Jahre 2004 mehr als unwürdig. Die kurzen Zwischensequenzen werden stets in Ingame-Grafik dargestellt, was theoretisch sehr gut ist, leider sehen diese aber oft etwas statisch aus, hier hätte man auch noch mehr Dynamik einbringen können.
Der Sound
Bei der Musik wurden stets passende Stücke gewählt, von orchestralen Klängen über gregorianische Gesänge ist so ziemlich alles zu finden, was die Atmosphäre eines Phantasy-Szenarios passend unterlegen kann. Leider ist die Musik standartsmäßig etwas schwach eingestellt, im Vergleich zu den anderen Sounds hätte sie teilweise durchaus etwas kräftiger sein können, man muß schon im Optionsmeü etwas herumprobieren, bis man auch wirklich etwas davon hat. Die sonstigen Soundeffekte sind ebenfalls sehr gut und kommen klar rüber, was man von der deutschen Sprachausgabe nicht behaupten kann. Wenn diese wirklich der Grund der dauernden Verschiebungen war, so stellt sich die Frage, was Ubi Soft so lange gemacht hat..., die englische Sprache kommt wesentlich besser rüber.
Fazit:
Mit Champions of Norrath erhält die PlayStation 2 eine weitere Perle des Genres, die sich zudem auch gleich die Krone aufsetzen kann. Absolut beeindruckende Grafik, ein süchtig machendes Spielprinzip und tolle Mehrspielermodi inklusive Online-Modus lassen die Befreiung Norraths zum Genuß werden. Sicherlich gibt es noch Raum für Verbesserungen, aber der zweite Ausflug der Everquest-Universums auf die PlayStation 2 ist ein voller Erfolg und läßt schon jetzt ungeduldig auf den bereits angekündigten Nachfolger warten..., hoffentlich diesmal ohne ewige Verschiebungen.
Pluspunkte:
- geniale Grafik
- tolles Gameplay
- sehr gute Musik
Minuspunkte:
- selten kurze Ruckler
- nicht ganz ausgereiftes Online-System