Es gibt etwas, das jedem Spieletester das Blut in den Adern gefrieren lässt. Etwas, bei dem das Herz anfängt zu pumpen und ein akuter Fluchtreiz ausgelöst wird. Ganz genau, es geht um…das ominöse Spiel zum Film. Selten kommt was Gutes dabei raus, meistens ist es Lizenz-Schrott. Sega versucht sich gemeinsam mit Shiny Entertainment an mit einer Videospiel-Umsetzung des „Goldenen Kompass“ – was daraus geworden ist, erfahrt Ihr in unserem Review.
Abenteuer von Kindern für Kinder
Eigentlich ist „Der Goldene Kompass“ gar nicht das Spiel zum Film sondern vielmehr das Spiel zum Buch. Die Story orientiert sich enger an der schriftlichen Vorlage und bietet so auch Ausschnitte aus der Geschichte, die im Film nicht zu sehen waren. Normalerweise kommt nun der Part, in dem die Story kurz angerissen wird – diesmal allerdings nicht. Wer weder Film noch Buch kennt oder mag, sollte genau JETZT aufhören zu lesen. Wer jetzt noch weiter liest weiß sowieso worum es geht.
Knut kämpft, Lyra rennt
Auf dem Rücken des Eisbären Iorek Byrnison startet die Heldin Lyra in das Abenteuer. Mitten in einer Eiswüste müsst ihr euch mit Hilfe des Monster-Knuts gegen Wölfe wehren oder mit Lyra selbst ein paar einfache Jump’n Run Einlagen meistern. Die Wege durch den Level sind dabei sehr linear geraten, man fühlt sich wie ein Zug der auf Schienen durch das Spiel rattert. Besonders die vielen unsinnigen Quick-Time-Events für fast jede Aktion, die nichts mit geradeaus laufen zu tun hat, nerven schnell. Nur in den Kämpfen darf man relativ selbstständig Minimal-Combos austeilen und ein paar Wölfe erledigen. Das stupide Gekloppe hätte dabei kaum einfallsloser gestaltet werden können und langweilt schon nach wenigen Minuten. Ein wenig interessanter sind die Missionen in denen die kleine Lyra auf sich alleine gestellt ist. Wenn ich „interessanter“ sage meine ich aber nicht automatisch auch „besser“. Man durchläuft mit dem aufgeweckten Mädchen einfache Jump’n Run Sequenzen um von einem Minispiel zum nächsten zu stolpern. Stolpern ist das richtige Wort, denn die ungenaue Steuerung ist eine echte Spielspaßbremse. Auf Gegner trifft Lyra nicht, was aufgrund der monotonen Action-Einlagen mit dem Eisbären wohl eher ein Grund zur Freude sein sollte. Um die Klettereinlagen erfolgreich zu meistern muss man Lyras „Dämon“ Pantalaimon richtig einsetzen, der sich in verschiedene Tiere verwandeln kann. Wird der Dämon beispielsweise zu einem Adler lassen sich weite Abgründe überwinden, schlüpft er in die Rolle einer Wildkatze kann man auch steile Wände hinauf klettern. Bei jeder Gelegenheit werdet ihr mit Minispielen konfrontiert, die manchmal ein bisschen und fast immer gar keinen Spaß machen. Der ganze Spielablauf ist mindestens genauso schlecht zusammen getackert wie Frankensteins Monster. Ein richtiger Spielfluss kommt jedenfalls nicht auf und man hangelt sich nur von einer Zwischensequenz zur nächsten. Diese dürften dann wenigstens Freunde des Kompass-Universums einigermaßen unterhalten.
Nicht alles was Gold ist, glänzt…
…und der goldene Kompass glänzt schon mal gar nicht. Ebenso einfallslos wie das Spieledesign ist auch die Optik des Spiels. Zwar gibt es ab und an ein paar nette Effekte und Texturen zu sehen, im Großen und Ganzen ist die Grafik aber unterdurchschnittlich. Besonders die steifen Animationen stören. Der Soundtrack besitzt dank der originalen Film-Kompositionen eine gewisse Qualität, allerdings haucht auch das dem Spiel kein Leben mehr ein. Die Sprachausgabe ist solide und fällt weder sonderlich positiv noch negativ auf.
FAZIT:
Shiny Entertainment und Sega…vor vielen, vielen Jahren wäre das noch ein echter Garant für Qualität gewesen. Heute kommt eine billige Lizenz-Versoftung dabei raus. Schade eigentlich, die Geschichte rund um den Goldenen Kompass hat sicherlich Potential und ein paar nette Gameplay-Ansätze sind ja auch da, aber die Umsetzung ist leider fast durchgehend schlecht.
[ Review verfasst von Seph ]
Pluspunkte:
- Für Fans: Die Lizenz!
- Badass-Knut
- Alles hat irgendwann ein Ende
Minuspunkte:
- Extrem lineares Leveldesign
- Monotone Action-Einlagen und zusammengeschusterter Adventure-Teil
- Ungenaue Steuerung, schwache Grafik