Abzocke! Schweinerei! Diebstahl! Das hörte man in den vergangenen Monaten von so manchem Spieler. Warum? Na wegen dem neuesten „Gran Turismo“ Titel. Dieser versteht sich nämlich als Appetizer und Preview auf den kommenden fünften Teil. Und im Volksmund müssen solche „Demoversionen“ nun mal kostenlos sein. Nicht das es Sony schon zuvor beim vierten Ableger so gehandhabt hätte. Auch da gab es eine „Prologue-Version“. Diese besaß wie der neue Teil nur ein paar Strecken, Spielmodi und Autos. Nun kann man natürlich darüber debattieren, ob dieser im Vergleich mit regulären „Gran Turismo“ Spielen eher mickrige Umfang überhaupt einen Preis rechtfertig. Aber da jeder Spieler selbst wählen kann und nicht gezwungen wird, sein Geld für diesen oder jenen Titel zu verpulvern, muss man seine Klappe auch nicht allzu weit aufreißen. Wem das Konzept nicht passt, der braucht sich „Gran Turismo 5 Prologue“ auch nicht zu holen. Wer es dennoch tut, wird es mit Sicherheit nicht bereuen, wie unser ausführlicher Test auf den nächsten Zeilen beweist.
The Beauty of Speed
„Gran Turismo“ bezeichnet sich ja bekanntlich selbst als „Real Driving Simulator“, aber bevor jetzt die zehn Fans von Hardcore PC Simulationen wie (GT Legends, GTR) aufschreien – nein, „Gran Turismo“ ist keine hundertprozentige Sim und will auch gar nicht sein. Vielmehr soll dem Spieler (oder in dem Fall Fahrer) ein authentisches Fahrgefühl vermittelt werden, an dem auch Ottonormalzocker Freude hat. Wer will schon 50 Stunden üben, bevor man eine Dodge Viper auch mal mehr als 10 Meter geradeaus steuern kann? Eben niemand und deshalb gibt es ja zum Glück auch „Gran Turismo“.
Der neue Ableger stellt da keine Ausnahme dar. Noch immer fahren sich die einzelnen Fahrzeuge unterschiedlich und so, wie man es erwartet. Um natürlich den ultimativen Fahrspaß zu bekommen, ist ein gutes Lenkrad (leider wird das G25 nicht explizit unterstützt) und der Professionell-Modus Pflicht, aber auch Anfänger kommen dank einfachem Fahrmodus, allerlei zuschaltbarer Fahrhilfen und der optional einblendbaren Ideallinie auf ihre Kosten. Kurzum, es macht einfach Spaß mit den High-Tech Vehikeln über die Strecken zu pflügen. Natürlich stehen zu Anfang nicht alle Autos zur Verfügung. Man fängt wie immer klein an und muss sich Hoch arbeiten (es gibt vier Schwierigkeitsklassen: C, B, A und S). Mit den gewonnen Events verdient man Credits, mit denen sich wiederum neue Schlitten beim Händler erstehen lassen. Im Gegensatz zum vierten Teil fängt man aber nicht mit den kleinsten Karren an. Bereits ein VW Golf GTI oder Ford Focus ST können zu Beginn erworben werden. Wer die besten Boliden möchte, braucht aber nicht nur fahrerisches Können, sondern auch ein wenig Geduld, denn einige Wagen wie der Ferrari Formel 1 Flitzer kosten 2 Millionen Credits! Die Veranstaltungen unterteilen sich in verschiedene Herausforderungen. Meistens ist man auf bestimmte Wagentypen festgelegt und darf entweder normale Rundenrennen gewinnen, Driften, oder gar diverse Rundenzeiten schlagen. Nervige Lizenztests existieren nicht mehr. Um die Performance der Autos zu verbessern, stehen Tuningmöglichkeiten bzw. Anpassungen zur Auswahl. Veteranen dürften sich dabei bereits auskennen, neu ist jedoch, dass man nun auch während einer Veranstaltung das Setup ändern kann. Neben dem spartanischen, aber dafür übersichtlichen Karrieremodus, kann man sich zum puren Spaß noch im Arcademodus vergnügen, an Onlinerennen teilnehmen oder sich ein paar Videos von Gran Turismo TV (kurz GT TV) reinziehen. Das ist ein neuer Service, bei dem man kostenfreie und kostenpflichtige (ist zumindest geplant) Inhalte auf seine PlayStation 3 herunterladen kann. Eine coole Sache, da zum Beispiel die Folgen der britischen Top Gear Auto-TV-Sendung witzig und abgefahren sind. Schade nur, dass es zumindest zum jetzigen Zeitpunkt keinen Fotomodus gibt. Dabei sind doch bereits zahlreiche Umgebungen für die Autos (werden als Menühintergrund verwendet) vorhanden. Da muss man sich wohl noch bis zum fünften Teil gedulden. Ansonsten ist noch erwähnenswert, dass die Computergegner nun etwas authentischer agieren und nicht mehr nur stur eine Linie verfolgen. Zwar kann man auch heute noch die andere Autos aus dem Weg rammen (ohne Strafen) und sich selbst die Ideallinie sichern, aber die Gegner sind auch nicht ohne. Das zeigt sich besonders in späteren Rennen und Überholmanövern. Apropos überholen, das wird man nun des Öfteren machen müssen, denn es sind nun Veranstaltungen mit bis zu 16 (!) Teilnehmern möglich. Das sorgt natürlich für jede Menge Action und ist nicht mit den Rennen gegen 4 oder 6 Gegnern zu vergleichen.
Fakten:
- Strecken: Eiger Nordwand, Suzuka, London, Fuji Speedway, Daytona und High-Speed Ring plus Varianten
- Fahrzeuge: 71 Fahrzeuge, darunter mehrere Ferraris, japanische High-Tech Sportler, US Boliden und bereits getunte Automobile
- 16 Spieler Online
- 2 Spieler Splitscreen
- Blu-ray Version: 40,95 EUR (UVP)
- PSN Download Version: 39,99 EUR (UVP)
Fotorealismus
Mal ehrlich, jeder der behauptet, „Gran Turismo 5 Prologue“ sei nicht das Schönste Rennspiel auf dem Markt (plattformübergreifend), ist schlichtweg ein Lügner! Was Polyphony Digital hier aus der PS3 kitzelt, sucht seines Gleichen: Full HD 1080p Auflösung, konstante 60fps (nur sehr selten minimale Einbrüche) und Automodelle, bei denen man zwei Mal hinsehen muss, um sie nicht für Filmaufnahmen zu halten. Wahnsinn, die Fahrzeuge sind so dermaßen detailliert ausgearbeitet, dass man sogar die verwendeten Materialien erkennen kann. Aber es wird noch besser! Jedes Auto verfügt über ein ebenso perfekt modelliertes komplett dreidimensionales Armaturenbrett. Das verleiht dem Spiel eine ganz neue Perspektive und ein neues Fahrgefühl und ja, im Gegensatz zur Konkurrenz kann man sehr gut mit dieser Ansicht fahren. Kommen wir zu den Strecken – und was soll ich sagen, auch hier macht der Titel eine tolle Figur. Zwar sind reale Rennstrecken wie Suzuka oder Daytona auch jetzt noch kein Hingucker, aber dafür entschädigt der grandiose London Stadtkurs. Die Illusion ist dabei fast ohne Makel und man möchte meinen, dass man doch tatsächlich durch die britische Hauptstadt düst. Wenn man überhaupt etwas bemängeln kann, dann sind es die statischen Zuschauer (auch mal Pappkameraden auf den Tribünen der Rennstrecken) und die zweidimensionalen Bäume. Aber wie gesagt, das fällt eigentlich nur in den Replays richtig auf, denn wenn man mit Höchstgeschwindigkeit um die Kurven driftet, hat man sowieso keine Zeit, sich auf die Landschaft zu konzentrieren. Alles in allem ist also bereits der „Prologue“Teil ein optisches Meisterwerk. Wie wird dann erst das richtige „Gran Turismo 5“ aussehen?
Nicht alles glänzt…
Auch wenn das Gameplay nach wie vor Spaß macht und die Grafik ihresgleichen sucht. Genug Raum für Verbesserungen bietet „Gran Turismo 5 Prologue“ dennoch. Allen voran natürlich beim Onlinemodus. Denn wirklich befriedigend ist die ganze Spielerfahrung im Internet noch nicht. Wieso gibt es beispielsweise keinen Sprachchat während der Rennen? Auch die eher zufällige Verteilung der möglichen Events ist nicht zufrieden stellend. Mir fehlt zudem die Option, eigene Clubs zu gründen, meine ganz privaten Rennevents abzuhalten usw. Vielleicht wird’s ja mit dem finalen Spiel, aber im jetzigen Stadium ist der Onlinemodus bestenfalls Durchschnitt. Immerhin und das sollte auch erwähnt werden, laufen die Rennen ohne großartige Lags (zumindest in meinen Testspielen) ab und es gibt mehr Events als noch in der japanischen Version. Ein anderes Problem, das die Serie schon seit Urzeiten plagt, ist die Frage über ein etwaiges Schadensmodell. Klar wäre es fein, wenn man die Autos endlich schrotten könnte, aber dazu müsste a) jeder Autobauer sein Einverständnis geben und b) könnte das zu starken Gameplay Problemen führen. Denn bereits ein Crash mit mehr als 30km/h kann für den Fahrer tödlich sein. Will man also nun ein oberflächliches Schadensmodell mit Lackkratzern und abgerissenen Außenspiegeln, oder doch ein Tiefergreifendes mit Überschlägen und Motorschäden – dafür aber nur mit einer Handvoll Fahrzeuge? Schwere Entscheidung und sicherlich gibt es für beide Varianten genügend Pros und Kontras, aber deswegen dieses wundervolle Spiel meiden, nein – nicht mit mir. Auch ohne Schadensmodell macht „Gran Turismo 5 Prologue“ Laune. Ernüchternder ist die Tatsache, dass man das Spiel erstmal mit knapp 5GB auf die Festplatte der PS3 installieren muss. Klar fallen die Ladezeiten dadurch recht kurz aus, aber ich spiele immer noch Konsole und nicht auf dem Rechner. Deswegen will ich keine aufgezwungenen Installationen! Außerdem hat mich noch der Umstand genervt, dass man gleich am ersten Tag ein blödes Update herunterziehen darf. Verweigert man den Download, dann kommt man nicht mehr Online und kann auch nicht mehr das GT TV nutzen. Zum Schluss noch ein paar Worte zum Sound. Zwar wurden allerlei Geräusche neu aufgenommen, aber noch immer klingen einige Sachen wie Reifenquietscher etwas unrealistisch. Auch die Musik, die sich zwischen Electro, Rock und Jazz bewegt, mag nicht jedermanns Sache sein, aber mit dem eigentlichen Klang der Motoren und der Geräuschentwicklung im Cockpit kann man zufrieden sein.
Änderungen japanische und deutsche Version
Denkt bloß nicht die Entwickler wären seit der Veröffentlichung der japanischen Version von „Gran Turismo 5 Prologue“ untätig gewesen. In den drei Monaten seit Release haben die Mannen um Mastermind Kazonuri Yamauchi kräftig an der Grafik und am Umfang gefeilt. In der europäischen Version gibt es mit dem „High-Speed Ring“ nicht nur eine komplett neue Strecke, sondern auch noch ein paar neue Fahrzeuge (z.B. Ferrari F-40). Aber das ist noch nicht alles. Zusätzlich verfügt diese Fassung auch noch über einen Splitscreenmodus für zwei Spieler, sowie einen Driftmodus, Autotuning während der Rennen und neue Eventveranstaltungen. Zudem erstrahlt das Spiel mit besseren Farbkontrastwerten, schöneren HD-Lightning Effekten, feineren Schatten in den Cockpits und mehr Stabilität bei der Framerate. Man könnte also sagen: Das Warten hat sich gelohnt.
FAZIT:
Ist es nun eine Demo oder ein Spiel? Ganz klar ein Spiel und zwar ein richtig Gutes noch dazu. „Gran Turismo 5 Prologue“ mag vielleicht keine 5489 Autos besitzen und auch nicht über 946 Strecken verfügen, aber dafür macht es immer noch mehr Spaß, als so manches Vollpreisspiel (Juiced 2, Need for Speed: ProStreet). Insofern bin ich über die veranschlagten 39,99 € kein bisschen böse, denn das was man im Gegenzug bekommt, ist sein Geld definitiv wert. Wer also mit mir zusammen das derzeit schönste Rennspiel erleben möchte, kommt um „Gran Turismo 5 Prologue“ nicht herum. So einfach ist das. Der Titel ist ein Geschenk von und für Auto-Enthusiasten und macht genügend Appetit auf das richtige „Gran Turismo 5“.
[ Review verfasst von .ram ]
Pluspunkte:
- Full HD + 60fps + geile Automodelle
- Cockpit Perspektive
- Verbessertes Fahrverhalten mit stärkerer Physikeinbindung
Minuspunkte:
- Minimale seltene Slowdowns im 1080p Modus
- Onlinemodus verbesserungswürdig
- Kein Fotomodus