Die Regel, dass eine große Lizenz nicht automatisch ein gutes Spiel ausmacht,
ist in der Videospielwelt schon seit Jahrzehnten fest verankert. Das populärste
Beispiel dürfte „E.T“ aus den frühen 80er Jahren sein, welches bis heute als das
schlechteste Spiel aller Zeiten gilt und einen maßgeblichen Anteil am
Niedergang von ATARI und dem Videospiele-Crash 1983 hatte. Nun will THQ alles
besser machen und schnappte sich die Lizenz zu „Conan der Barbar“, um daraus
ein actionreiches Hack & Slay à la „God of War“ zu entwickeln. Wie sich das
Ganze nun spielt, will ich in unserem neuesten Review erörtern. Eines dürfte
aber schon einmal feststehen: Einen zweiten Videospiele-Crash wird „Conan“ mit
Sicherheit nicht auslösen…
Frauenheld
Wenn „Conan“ auf der PS3 einen Preis gewinnt, dann nur den für die
einfallsloseste Story dieser Generation. Bei dem Versuch einen Edelstein zu
erbeuten, entfesselt der Barbar aus Versehen böse Kräfte, die seine Rüstung stehlen
und über die ganze Welt verstreuen. Die Aufgabe des Spielers und somit auch von
Conan ist es nun, die Rüstungsteile zu finden und nebenbei das Herz einer
attraktiven Frau zu erobern. Wenn das mal kein Kaufgrund ist! Bevor man aber
loslegen kann, benötigt das Spiel drei Minuten, um knapp 700MB Spieldaten auf
die Festplatte der PS3 zu schaufeln. Auf die Ladezeiten wirkt sich dieser
Umstand aber kaum aus, denn vorhanden sind sie immer noch! Danach geht’s jedoch
zügig voran. Start gedrückt, Schwierigkeitsgrad ausgewählt, Vorspann
abgebrochen und schon ist man mitten im ersten Kampf. Dabei wird man glücklicherweise
nicht ganz allein gelassen. Ein kurzes Ingame-Tutorial bringt dem Spieler die
äußerst anspruchsvolle Steuerung näher: „X“ steht für einen leichten Angriff
und „Dreieck“ für einen Schweren - viel Spaß! Die restlichen Befehle werden
kaum benötigt. Wissen sollte man nur noch, dass Conan die Waffen toter Gegner
aufnehmen und benutzen kann. Unterschiede in der Durchschlagskraft sind jedoch
nicht vorhanden. Drückt man zudem die „R1“-Taste, dann blockt der Hüne einen
gegnerischen Angriff, was aber nur in höheren Schwierigkeitsgraden nötig ist,
da auf „Leicht“ mehr als genügend Heilrunen herumliegen. Neben den heilenden
Runen, die man in zerstörten Vasen oder Fässern findet, gibt es noch
Erfahrungsrunen. Diese verstecken sich meistens in goldenen Truhen oder werden
von manchen Gegnern fallen gelassen. Mit ihnen kann der Spieler im Laufe des Abenteuers
neue Schlagtechniken bzw. Combos erlernen. Viele Combos kann man aber auch
durch simples Ausprobieren entdecken. Dafür wird man zwar mit Lebensrunen
belohnt, aber bekommt keine Erfahrungspunkte - obwohl gerade Letzteres näher
läge. Die Rätsel im Spiel beschränken sich auf das Nötigste. Türen öffnen,
Kisten schieben und Schalter auslösen, musste man bereits vor 20 Jahren - etwas
mehr Innovation hätte dem Spiel sicherlich nicht geschadet. Vergleicht man den
Titel mit Kratos PS2 Abenteuern, dann zieht „Conan“ in jeglicher Hinsicht klar den
Kürzern. Wer also einen adäquaten Ersatz erwartet, wird definitiv enttäuscht werden!
Schlicht
Einen richtig großen Kritikpunkt gibt es bei „Conan“ jedoch nicht, vielmehr sind
es eher die vielen kleinen Macken, die sich am Ende summieren. So ist
beispielsweise die Steuerung einfach und schnell zu erlernen, aber derart
behäbig und träge, dass lange Combos fast unmöglich sind. Dynamik wird in den
Kämpfen ganz klein geschrieben! Angriffe im Laufen sind nicht möglich und
Schläge / Combos wirken allesamt reichlich abgehackt und nicht „wie aus einem
Guss“. Außerdem nervt es, dass sich Conan nach einer Combo immer kurz ausruhen
muss, bevor er wieder in Kampfhaltung geht und erneut angreifen kann. Dadurch
spielt sich die Metzelorgie ziemlich eintönig und Taktik oder Geschick werden
zu keiner Zeit benötigt. Ein Highlight stellen da noch die Konterangriffe dar.
Drückt man im richtigen Zeitpunkt die richtige Taste, kann man die Attacke
eines Gegners abwehren und ihm zugleich einen tödlichen Schlag versetzen. Das ist
ziemlich nützlich, gelingt aber nur bei jedem vierten Versuch. Das Leveldesign
kann auch nur wenige Pluspunkte sammeln. Die Bereiche sind strikt linear aufgebaut
und andere Abschnitte können erst dann betreten werden, wenn man alle Gegner
vernichtet hat. Die „geheimen“ Ecken, in denen man zusätzliche Ziele erfüllen
kann, sind zudem so offensichtlich versteckt, dass sie selbst ein Blinder mit
Krückstock finden dürfte.
Blutleer
Immerhin entschädigen die klasse Bosskämpfe am Ende eines
Levels für die simple Schlächterei. Hier haben die Entwickler ihre Hausaufgaben
gemacht und kredenzen dem Spieler gewaltige Gegner zu, die gerade auf höheren
Schwierigkeitsgraden derart hartnäckig sind, dass man für diese schon einmal
mehr Zeit opfern muss, als für den gesamten Level davor. Eine weitere
Auszeichnung, wenn man es denn so nennen will, bekommt „Conan“ für die massive
Zensur verliehen. Wohl um eine jugendgerechte „Ab 16 Jahren“ Freigabe von der
USK zu bekommen, wurden sämtliche Blood & Gore Szenen (abgetrennte
Gliedmaßen, Blutfontänen und herumliegende Leichen) entfernt. Und um es gleich
zu sagen, ja bei „Conan“ ist diese Verharmlosung ein Problem. Der langhaarige
Krieger lädt nun mal seine Gegner nicht zum gemütlichen Kaffeekränzchen ein,
sondern hackt ihnen mit Vorliebe Arme und Beine ab! Aber genau das fehlt in der
hiesigen Version, weswegen sich das konsequenterweise auch auf die Atmosphäre niederschlägt.
Anmerkung am Rande: Die „Erotik“ ist im Spiel aber nach wie vor vorhanden. Die
üppig ausgestatteten Amazonen laufen zum Beispiel nur mit einem knappen String
bekleidet herum und geizen nicht mit sexuellen Anspielungen, auf die unser Held
natürlich gerne eingeht. Dies hat die zuständige Prüfstelle scheinbar kaum
interessiert. Aber wehe es gibt einen Tropfen Blut zu sehen!
Not Next-Gen
Die nächsten Macken werden bei der technischen Umsetzung deutlich. Ohne
großartige Abstriche hätte man „Conan“ nämlich auch auf der PS2 realisieren
können, denn das Spiel sieht bis auf wenige Ausnahmen durchweg schlechter aus,
als die beiden „God of War“ Titel. Allein schon der Comiclook von Conan und
einigen anderen Figuren passt überhaupt nicht zum eigentlichen Spiel und die
Animationen des Muskelprotz wirken ein ums andere Mal unfreiwillig komisch.
Aber auch die Umgebungen bieten nur wenig fürs Auge und geizen mit
detaillierten Texturen. Lediglich die Lichteffekte und die kurvenreichen
Kriegerinnen kann man als gelungen betrachten. Einen positiven Effekt hat die
schwache Grafik aber dennoch: Das Spiel läuft fast immer flüssig. Zumindest wenn man vom gelegentlich auftretenden leichten Tearing absieht und die Soundaussetzer im Argos Level nicht wertet. Die deutsche Sprachausgabe lässt sich dagegen nur, als
sprichwörtlichen Griff ins Klo bezeichnen! Gerade die Stimme von Conan würde
eher in einen Teenie-Film passen, als zu einem Barbar, der richtig stinkig ist,
weil ihm gerade seine tolle Rüstung gestohlen wurde. Also am Besten gar nicht
erst antun, sondern sofort die Konsole auf Englisch umstellen! Dort sind die
Sprecher wenigstens halbwegs zu ertragen. An der musikalischen Untermalung gibt
es dafür nichts auszusetzen. Die Stücke unterstreichen wunderbar das Gameplay
und besonders in den Bosskämpfen kommt die Dramatik nicht zu kurz.
FAZIT:
Ich muss zugeben, „Conan“ sorgt für ein paar nette Stunden
Unterhaltung und motiviert auch jederzeit zum Weiterspielen. Besonders die
vielen Combos und Auszeichnungen fürs Retten der Amazonen üben einen gewissen
Reiz aus. Aber die unzähligen Standardkämpfe und die damit Einhand gehende geringe
Abwechslung drücken aufs Gemüt. Ein stärkerer Bezug zur Vorlage und ein wenig
mehr Bombast hätten sicherlich nicht geschadet. Alles in Allem ist „Conan“
somit kein „Must-Have“ Titel, aber für Hack & Slay-Freunde dennoch ein
kurzweiliger Zeitvertreib. Wer an dem Spiel interessiert ist, sollte sich aber
nur die ungeschnittene Fassung besorgen, denn die blutleere deutsche Version
versprüht viel weniger Charme als das Original.
[Review verfasst von Redzora]
Pluspunkte:
- Leicht zu erlernendes Kampfsystem
- Coole Bossgegner
- Freischaltbares Bonusmaterial
Minuspunkte:
- Massive Schnitte der dt. Version
- Miese deutsche Sprachausgabe
- Kämpfe auf Dauer sehr eintönig