„Turok“ war damals einer DER Hits von Acclaim. Wobei „Hit“ eher relativ zu sehen ist, da das Spiel nur auf dem N64 von Nintendo Berühmtheit erlangte. Die PC Versionen waren nämlich bereits hoffnungslos veraltet, als sie später auf den Markt kamen. Der letzte Serieableger („Turok. Evolution“) datiert auf das Jahr 2002 zurück und konnte nicht sonderlich begeistern. Und nun gibt es Acclaim (in der alten Form) nicht mehr und dass Franchise befindet sich im Besitz von Disney. Dort wagte man mit dem jungen Entwicklerteam Propaganda Games einen Neuanfang und präsentiert „Turok“ als frisches Spielerlebnis, das sich seinen Platz an der Sonne im hart umkämpften Ego-Shooter Markt sichern will. Ob der Einstand gelungen ist, erfahrt ihr in unserem neuesten Test.
Joseph Rambo
Die Hintergrundgeschichte ist gelinde gesagt - verzichtbar. Man schlüpft in die Rolle von Joseph Turok, einem harten Einzelkämpfer in der Whisky-Kompanie. Diese Elite-Spezialeinheit wurde ausgesandt, um den Terroristen Roland Kane dingfest zu machen, der sich gerade auf einem Provinz-Planeten weitab der Erde versteckt hält. Wie es das Schicksal so will, ist Kane gleichzeitig Josephs ehemaliger Mentor. Vor Jahren bildete er ihn in dem gefürchteten Wolfsrudel aus – einer streng geheimen Einheit, die hinter den feindlichen Linien operierte. Als Nachfahre der Indianer besaß Turok schon damals ein besonderes Talent zum Bogenschießen und lautlosen Infiltrieren. Die Beziehung zwischen Kane und Turok wird im fortschreitenden Spielverlauf immer wieder in kurzen (und reichlich uninteressanten) Flashbacks erzählt. Wirklich spannend gestaltet sich die Story daher nicht und das Spiel lebt in erster Linie von der Anspannung, die sich aus dem immerwährenden Kampf ums Überleben in einer feindlichen Umgebung erschließt.
Jurassic Park
Das Spiel beginnt damit, dass die Whisky-Kompanie beim Anflug auf den Planeten abgeschossen wird. Nach einer schweren Bruchlandung gilt es sich erst einmal neu zu formieren und anschließend die Jagd auf Kane zu beginnen. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn neben den feindlichen Soldaten müssen Turok und Co. auch noch mit allerlei Dinosauriern und anderen Biestern klar kommen. Die Steuerung (nicht konfigurierbar, gerade Mal ein Button Lay-out) leidet wieder einmal unter dem typischen – Hey, was auf der Xbox360 funktioniert, muss auch auf der PS3 funktionieren! – Syndrom. Will heißen, die Feuertasten wurden auf die R2/L2 Trigger gelegt. Besonders mit zwei Waffen im Anschlag gestaltet es sich schwierig, das Pad ordentlich zu halten und auch noch zu treffen. Dazu gesellt sich noch der Fakt, das die Waffen beim Dauerfeuer verziehen! Mit dem Messer verhält es sich nur wenig anders, nicht immer reagieren die Triggertasten auf die Eingabe und verhageln somit dem Spieler ab und an mal einen 1-Hit Dinokill. Die Viecher erledigt man nämlich am Besten mit diesem Nahkampfwerkzeug – denn ballistische Waffen haben so gut wie keine Wirkung auf die Echsen. Bei menschlichen Gegnern sollte man zwar mit Pistolen / Gewehren oder dem Bogen vorgehen, aber auch diese kann man mit einem beherzten Stealth-Kill um die Ecke bringen. Logischerweise fließt dabei kein Blut, da diese voll gepanzert sind. Diese Panzerung führt übrigens auch dazu, das eigentlich jeder Gegner gleich aussieht und man muss schon dreimal hinschauen, um zu erkennen, ob der Scherge eine Maschinenpistole trägt, oder doch nur eine Schrotflinte.
Nicht selten wird man von einem oder mehreren Mitgliedern der Whisky-Kompanie begleitet. Diese helfen dem Spieler in gefährlichen Situationen oftmals weiter – manchmal aber auch nicht. Denn obwohl die künstliche Intelligenz (KI) der Partner hundertmal besser ist, als die der Gegner (da kann einer drei Meter vor dem Spieler stehen und der bekommt das nicht mit), sind auch die Mitstreiter nicht vor Ausfällen gefeit. Insgesamt stellt die KI somit einen großen Schwachpunkt des Spieles dar. Doch es existieren auch genügend andere Gelegenheiten, bei denen der Spieler fluchen kann. Der Schwierigkeitsgrad schwankt zum Beispiel extrem und macht einige Stellen (insbesondere die Endgegner) zu richtigen Frusterlebnissen. Dass die Checkpoints zudem unheimlich weit auseinander liegen, sorgt auch nicht gerade für Beruhigung. Und zu guterletzt tauchen die Dinos oftmals wie aus dem Nichts auf und attackieren den Spieler im Rücken. Super Sache!
Trotzdem hat das Spiel auch seine Momente. In erster Linie dann, wenn man vor Angst schwitzend durch die authentische Dschungelwelt schleicht. Was kommt als Nächstes, wo muss ich hin. Man kann hinter jeder Ecke, hinter jeder Schlucht auf eine neue Gefahr treffen. Dieser ständige Überlebenskampf und die damit verbundene Ungewissheit wurden bisher in keinem anderen PS3 Spiel so gut eingefangen (mit Ausnahme vielleicht noch von „Jericho“). Neben der Einzelspielerkampagne bietet „Turok“ auch noch einen Mehrspielermodus. Online gibt’s die üblichen Spielmodi: Deathmatch, Team Deathmatch, Capture the Flag usw. Es gibt ein relativ großes Waffenarsenal und noch die Option, auf Wunsch Urzeitbestien in den Kämpfen loszulassen. Insgesamt können sich 16 Spieler an einer Party beteiligen, wobei es zwar Ranglisten gibt, aber keine Verständigung über Headset möglich ist. Der kooperative Spielmodus enttäuscht dagegen voll und ganz. Statt den Storymodus zusammen mit drei Freunden durchzuspielen, darf man lediglich ein paar spezielle Karten durchqueren. Das macht man ein/zwei Mal und dann nie wieder!
Geklonte Space Marines
Grafisch macht das Spiel eine passable Figur. Vor allem der Dschungel wird dank hohem Gras und noch mehr Grüntönen recht realistisch und atmosphärisch dargestellt. Auch die verschiedenen Dinosaurier sehen gut aus und bewegen sich äußerst geschmeidig. Das die Framerate dabei nur selten einknickt, ist ein weiterer Pluspunkt. Weniger fein sind dagegen die eintönigen Innenlevels (Stationen und Höhlen), das seltene Tearing (fast nur in Zwischensequenzen), sowie die kaum wahrnehmbare Bewegungsunschärfeeffekte (in der Xbox360 Version besser umgesetzt). Was mich aber richtig abtörnte, war das langweilige Design: Turok sieht wie ein typischer Space Marine aus, der nur an Hand seines Irokesen-Haarschnitts als Indianer identifiziert werden kann. Die feindlichen Soldaten könnten auch in „Unreal Tournament III“ auftreten und überzeichnete Gegner wie in den Vorgängern gibt zudem auch fast nicht. „Turok“ will und ist letztendlich realistischer (aber dadurch auch für meinen Geschmack etwas uninteressanter) als die alten Spiele und Comics. Beim Sound sticht vor allem die gelungene Integration der Surround Effekte hervor. Gerade wenn man sich durch offenes Gebiet schleicht, zuckt man innerlich zusammen, sobald aus der einen oder anderen Richtung ein paar entsetzliche Geräusche kommen. Weniger gelungen und um nicht zu sagen, übelartig, ist die deutsche Sprachausgabe! Die Sprecher sind durch die Bank weg schlecht und die fehlende Lippensynchronität wirkt wie ein Relikt aus den Neunzigern. Zwar ist die englische Fassung (u.a. mit Hellboy Ron Pearlman) auch noch auf der Disc mit drauf, aber man muss dazu umständlich die Systemsprache der PS3 ändern. Wozu bitte schön hat denn die Blu-ray bis zu 50GB Datenkapazität, wenn es dann doch niemand nutzt bzw. Features wie Sprachauswahl nicht ordentlich eingebunden werden?
Patch Problematik:
Noch ein bisschen Gemecker am Rande: Ich spiele Konsole, weil ich mich nicht mit Installationen und Patches herumplagen will! Das sind Sachen, die ruhig auf dem PC bleiben können. Nun stellt sich aber heraus, dass gleich am ersten Tag der Veröffentlichung von „Turok“ ein Update herunter geladen werden muss. Ohne dieses kann man „Turok“ überhaupt nicht online spielen. Sicher, es werden nur ein paar kleine Sachen behoben (wäre ja mal nett, wenn man diese Verbesserungen beim Updaten erfahren würde), aber für mich ist das nichts anderes als ein Beweis, dass das vorliegende Spiel unfertig ausgeliefert wurde! Eine ordentliche Testphase vor Release würde solche Sachen verhindern.
FAZIT:
„Turok“ ist ein solider Ego-Shooter für die PS3. Mehr aber eben nicht – dazu gibt es einfach zu viele Spiele, die besser aussehen, spannender sind oder sich schlichtweg besser spielen. Zudem vermisse ich den ursprünglichen „Turok“ Charme. Das neue Spiel sieht wie ein weiterer dieser 08/15 Space Marine Shooter aus und die lahme Story unterstreicht diesen Aspekt nur noch zusätzlich. Warum sich für Ego-Shooter Fans dennoch eine Anschaffung lohnen könnte, ist an Hand des Dschungel Szenarios zu erklären. Dank der erstklassigen Geräuschkulisse und guter Umgebungsgrafik kommt ausreichend Spannung auf, um sich zumindest einmal durch das wüste Land zu kämpfen. Und hey, Dinos sind als Gegner schon einmal besser als Aliens.
[ Review verfasst von .ram ]
Pluspunkte:
- Überlebenskampf im Dschungel
- Hübsche Dinos
- Sehr gute Geräuschkulisse
Minuspunkte:
- Dumme Gegner
- 08/15 Story + Gegnerdesign
- Schlecht gesetzte Checkpoints / Unfaire Stellen