Mit gemischten Gefühlen bin ich an dieses Review herangegangen. Seit Teil 2 (das erste „Burnout“ war dank der flimmernden Grafik unspielbar) bin ich Die Hard Fan der Serie und habe jeden Ableger mehrmals durchgezockt. Das erste Next-Gen Burnout Spiel sah anfangs äußerst viel versprechend aus, doch nach der spielbaren Demo war mein Interesse deutlich gesunken. Was zur Hölle haben die mit meinem geliebten „Burnout“ gemacht? Diese Frage schwirrte mir ständig durch den Kopf. Doch nachdem ich das komplette Spiel ausführlich getestet habe, kann ich darauf endlich eine Antwort geben: Gar nichts – „Burnout Paradise“ ist noch immer ein waschechtes „Burnout“ Spiel. Was daran neu, anders oder gar schlechter ist, erfahrt ihr nun auf den folgenden Zeilen. Viel Spaß beim Lesen.
„Take me down to the Paradise City, where the grass is green and the girls are pretty…“
Ich sehe eine frei befahrbare Stadt nicht unbedingt als Spielspaß fördernd oder gar als Next-Gen an. Ich kann sehr gut mit abgesteckten Strecken leben. Besonders wenn es sich um Arcade-Racer handelt. Insofern war ich etwas geschockt, als ich erfuhr, dass „Burnout Paradise“ eben über eine solche offene Umgebung verfügen wird. Aber der Reihe nach: Bereits in Teil 2 und 3 haben die Entwickler eine oder mehrere Fantasie Städte entworfen. In und um diese fanden dann auf isolierten Strecken Rennen statt. In „Paradise“ gibt es diese Begrenzungen nicht mehr. Ohne Ladezeiten kann man durch die gleichnamige Stadt und die umliegenden Bergen heizen. Immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen oder versteckten Abkürzungen und Riesensprüngen. An fast jeder Kreuzung befindet sich ein Event. Diese unterteilen sich in Rennen, Marked Man Events, Road Rage Veranstaltungen, Stuntläufe und Burning Laps. Die obligatorischen Rennen bieten allerdings nur A nach B Herausforderungen, bei denen es dem Spieler überlassen bleibt, die beste Route zu finden. Das hat Vor- und Nachteile, wobei – wie ich finde – die Nachteile überwiegen. Auf der einen Seite lassen sich die coolsten Abkürzungen nutzen, auf der anderen Seite kann jedoch schon ein einziger Fahrfehler die Niederlage bedeuten. Und das kann nerven, denn nur der erste Platz zählt (alles andere wird nicht gewertet). Noch frustrierender gestaltet sich eine Niederlage aber durch das Fehlen einer „Neustart“ Option. Wenn man also ein Rennen vergeigt hat, dann darf man die ganze Strecke wieder zurückfahren, den Startpunkt suchen und dann nochmals antreten. Das geht auf die Nüsse und zwar gewaltig! Bei allen anderen Events verhält sich das übrigens ähnlich und ist somit als grundlegender Designfehler zu sehen. Aber weiter im Text, bei den Marked Man Veranstaltungen muss man unversehrt einen bestimmten Zielpunkt erreichen. Zahlreiche Gegner versuchen jedoch das zu verhindern. Stuntläufe erfordern dagegen das Erreichen einer bestimmten Punktzahl (Zeitlimit) durch geschicktes Kombinieren von Stuntaktionen. Letzten Endes läuft alles darauf hinaus, das man seine Routen findet und diese immer und immer wieder langschreddert. Nett, aber auf Dauer etwas eintönig. Die Road Rage Events kennt man ja noch aus den Vorgängern. Unter Zeitdruck muss man so viele Gegner wie möglich aushebeln. Leichter gesagt als getan, denn diese versuchen es dem Spieler gleich zu tun. An dieser Stelle macht sogar die frei befahrbare Stadt Sinn, denn erstmals kann man seine Routen selbst festlegen. Zudem reparieren Drive-Through Werkstätten das Spielerauto und verlängern dadurch den Adrenalinkick. Die Burning Lap Herausforderungen dürften auch schon bekannt sein. Auf Zeit muss man mit einem vorgegebenen Wagen zum Zielort rasen. Hier macht sich die frei befahrbare Umgebung aber ähnlich schlecht wie bei den Rennen. Zu oft vergeigt man ein Event durch falsches Abbiegen und darf es daraufhin zeitaufwändig wiederholen. Das es keine Elimination Veranstaltungen mehr gibt, ist dagegen mehr als schade und wohl auch dem offenen Konzept des Titels zuzuschreiben. Der neuartige Showtime Modus ist zudem für mich kein richtiger Ersatz für ausgetüftelte Crashkreuzungen. Zwar ist auch hier das Überschlagen der Kiste spaßig, aber selten gehört Können zu hohen Schadensbeträgen. Der Schwierigkeitsgrad ist insgesamt ziemlich niedrig angesiedelt. Die größte Schwierigkeit liegt ganz klar im Finden des richtigen Weges. Solange man nicht allzu viele Crashs baut und sich nicht verfährt, kann man 90% der Events beim ersten Anlauf meistern. Glück spielt deswegen eine große Rolle, genauso wie das Lesen der verflixten Karte, die sich nicht mit dem Spieler mitdreht und somit relativ unbrauchbar ist. Das es noch Blinkersignale gibt, bekommt man nur selten mit und nur, wenn man die Musik herunterdreht.
Zeig mir deine Crashseite Baby!
Insgesamt gibt es über achtzig verschiedene Vehikel plus zusätzliche „aufgepimpte“ Versionen. Die Auswahl reicht vom Hot Rod, über japanische High-Tech Kisten, Muscle Cars, Vans, Jeeps und Sportwagen - für jeden Geschmack dürfte also etwas dabei sein. Neben dem Fahrverhalten (endlich) unterschieden sich die Wagen auch noch in der jeweiligen Burnout-Klasse. Während einige Flitzer dank wiederaufladendem Burnout-Balken besonders gut für Rennveranstaltungen geeignet sind, gibt es wiederum auch Kisten, die dank eines größeren Balkens für Stuntläufe besser geeignet sind. Wirkliche Auswirkungen auf das Gameplay hat die Wahl des fahrbaren Untersatzes aber nicht - mit jedem Auto lässt sich jedes Event gewinnen. Letztendlich zählen somit eigene Vorlieben. Etwas suspekt mag einem die Kollisionsabfrage vorkommen. Manchmal könnte man nämlich denken, das ein 10x10 Meter großer (unsichtbarer) Kasten um das Fahrzeug existiert – denn viel zu oft, werden die zweifellos atemberaubende Crashsequenzen eingespielt und das obwohl man hätte schwören können, das noch ein paar Meter Platz zum anderen Fahrzeug gewesen wäre. Auch an den KI Wagen entlangschrammen, gestaltet sich nun äußerst schwierig. Seinen Beitrag leistet dazu sicherlich auch die neuartige Steuerung, die Gas/Bremse auf die Triggertasten des Sixaxis Pads legt. Dadurch ist zwar sensibleres Beschleunigen möglich, aber um ehrlich zu sein, braucht man das sowieso nicht in einem „Burnout“ Spiel. Eine alternative Tastenbelegung zum Beispiel auf die Symboltasten gibt es nicht. Stattdessen erwischt man sich zu oft, wie man für das normale Bremsen, die Quadrattaste betätigt und sich plötzlich wundert, wieso das Auto sich im Kreis dreht. Alle Rumble Fetischisten können dagegen beruhigt sein – „Burnout Paradise“ unterstützt das Gerüttel ab Tag 1!
Onlinemanie
„Easy Drive“ nennt sich das neue Feature, das dem Spieler den Weg in einen gesonderten Onlinemodus erspart. Von nun an kann man während eines Singleplayerabenteuers mit Hilfe der rechten Steuerkreuztaste in sekundenschnelle in den Onlinemodus wechseln. Ohne überhaupt ein Menü zu sehen! Auch Ingame Nachrichten sind wie Chats über die optionale Headset Unterstützung ohne weiteres möglich – das Spiel dient dabei gleichzeitig als Lobby. Wer sich zudem persönlich verewigen will, braucht nur eine EyeToy oder PlayStation Eye Kamera. Damit kann man einerseits sein Abbild auf den virtuellen Führerschein pressen und andererseits auch ein paar lustige Mugshots bei Takedowns abliefern. Aber wie funktioniert nun das Erstellen eines Spieles? Jeder kann sich im laufenden Game eine Herausforderung aussuchen (Zum Beispiel: Wer driftet am längsten oder bleibt die meiste Zeit in der Luft?) und diese kurzerhand starten. Rennen sind wie Road Rage und Stuntläufe auch kein Problem – ruckzuck befindet man sich in der Challenge ohne zusätzliche Ladebildschirme oder Menüs zu sehen. Hat man dennoch einmal keine Lust mehr, klinkt man sich genauso leicht wieder aus und ist sofort im Einzelspielermodus zurück – genial!
Grafikmonster
Bereits auf der PS2 konnten die Entwickler mit diversen „Burnout“ Titeln, sowie dem brachialen Ego-Shooter „Black“ glänzen und zählten dadurch schon damals zur absoluten Grafikelite. Dieser Trend setzt sich auch auf der PlayStation 3 fort: „Burnout Paradise“ ist nämlich nichts anderes, als ein geiles Grafikbrett vor dem Herrn! Die unzähligen Details, die großartigen Texturen, viele Lichteffekte und Filter in Kombination mit dem abgefahrenen Schadensmodell und den genialen Automodellen sorgen dank der konstanten und hyperschnellen Framerate für ein beeindruckendes visuelles Erlebnis. Wenn man überhaupt etwas an der Technik bemängeln könnte, dann maximal das Aliasing, das schon einmal hier und da für ein paar Pixelkanten sorgt. Aber ansonsten ist die optische Präsentation perfekt und wirklich herausragend. Ein weiterer Pluspunkt sind die praktisch nicht vorhandenen Ladezeiten. Bis auf den Start bekommt man keinen einzigen Ladebildschirm zu sehen. Rennen, Werkstatt und Schrottplatz werden direkt aus dem Spiel aufgerufen. Ewige Nörgler könnten zwar behaupten, dass selbst diese Kniffe die Wartezeiten lediglich maskieren, aber wen interessiert das überhaupt? „Burnout Paradise“ wirkt von Anfang bis Ende wie aus einem Guss – genau das, was man sich auch unter einem Next-Generation Spiel vorstellt. Sehr gut sind übrigens auch die Soundeffekte geworden. Jede Karre hört sich anders an und besonders die Sportwagen verfügen über fette Sounds! DJ Atomika lässt ähnlich wie Meister Black Pearl aus Teil 3 etwas Radio Atmosphäre aufkommen und entweder mag man das, oder eben nicht. Wenigstens kostet es keine GEZ! Der Soundtrack fällt dagegen eher mittelmäßig aus. Während der Großteil der Songs schon aus „Burnout Dominator“ (OnPSX Review) bekannt ist und typischen Mainstream-Emo Quark bietet, können nur wenige Titel wie (Guns`n`Roses, Soundgarden und Faith no More) passende Atmosphäre erzeugen. Mehr klassischer Rock wäre definitiv wünschenswert gewesen, oder zumindest die Möglichkeit, eigene Soundtracks von der Platte einzubinden. Immerhin gibt es als Bonus die kompletten (nicht lizenzierten) OSTs aus Burnout 1-3 dazu – eine nette Geste, wie ich finde! Zu guter letzt sorgen auch noch klassische Einspieler im Screensavermodus für Entspannung.
FAZIT:
Mit „Burnout Paradise“ liefert Criterion Games einen gelungen Einstand auf der PS3 ab. Vor allem technisch kann der Titel neue Akzente setzen. Die riesige frei befahrbare Stadt, die nicht vorhandenen Ladezeiten und eine blitzsaubere Framerate sorgen für begeistertes Staunen. Mit der superben Integration des Onlinemodus zeigen die Briten zudem, dass sie nicht nur Meister der Hardware sind, sondern auch auf anderen Gebieten ganz vorne mitmischen. Da ist es umso trauriger, das einige grundlegende Designpatzer dem Spiel eine höhere Wertung verwehren. Zum Beispiel ist das Fehlen einer schnellen „Wiederholen“ Option bei den chaotischen Punkt zu Punkt Rennen schlichtweg unverzeihlich. Aber auch der niedrige Schwierigkeitsgrad, die Abwesenheit von bekannten Spielmodi wie Elimination und die teils ungenaue Kollisionsabfrage tragen zu dieser Wertung bei. Unterm Strich bleibt ein solides, vor allem Online spaßiges Rennspiel, das jedoch dem Referenztitel der Serie, „Burnout Revenge“, nicht ganz das Wasser reichen kann.
[ Review verfasst von .ram ]
Pluspunkte:
- Fette Grafik mit 60fps
- Ausgezeichneter Onlinemodus
- Umfangreich
Minuspunkte:
- Keine richtigen Rennen auf abgesteckten Strecken
- Fehlende „Wiederholen / Neustart Option“ bei einem Event
- Schlechte Navigation dank klitzekleiner Karte, nutzlosen Blinkern