„Silent Hill“ ist ein Name, den man sofort mit Sonys Playstation in Verbindung bringt. Das atmosphärische Survival-Horror-Spiel feierte nämlich auf Sonys erster Konsole Premiere und wurde auf Anhieb ein riesiger Erfolg. Wenig verwunderlich, denn „Silent Hill“ schaffte es als erstes Horror-Spiel, die Klaviatur des Grauens so zu spielen, dass selbst der hartgesottenste Zocker mit schlotternden Knien vor dem TV saß. Anstatt auf eine simple Abfolge von Schockeffekten zu setzen, zogen es die japanischen Entwickler vor, den Spieler durch eine gruselige Atmosphäre in ihren Bann zu ziehen. Mit „Silent Hill 2“ konnte Konami den Erfolg des Erstlings sogar noch toppen und erschuf damit einen Software-Meilenstein für die Playstation 2. Der dritte Teil, sowie das Spin-Off „The Room“ konnten dabei nicht mehr ganz mithalten. Insofern verwundert es doch ein wenig, dass Konami für das inoffizielle fünfte Spiel nicht nur ein amerikanisches Entwicklerteam engagierte, sondern auch noch mit der PSP eine eher ungewöhnliche Plattformwahl traf. Ob die Rechnung letzten Endes aufgeht, erfahrt ihr in unserem neuesten Test.
Geschichten von der Straße
Der Trucker Travis ist unterwegs in das Städtchen Brahms und freut sich auf eine Kaffeepause. Die braucht er auch dringend, da ihm in letzter Zeit Albträume den Schlaf rauben. Damit er etwas schneller zu seinem Getränk kommt, entschließt sich der LKW Kutscher eine Abkürzung zu nehmen. Eine Abkürzung, die über Silent Hill führt. Ein Fehler wie sich schnell herausstellt, denn schon nach kurzer Zeit überfährt er fast ein kleines Mädchen, das plötzlich aus dem Nichts auf der Straße auftaucht. Eine Vollbremsung verhindert jedoch das Schlimmste und Travis steigt aus, um nach dem Mädchen zu sehen. Doch dieses flüchtet auf einmal. Zu Fuß heftet er sich an ihre Fersen und kommt dabei nach Silent Hill. Ähnlich wie der zweite Serienteil hat auch „Origins“ eher die Psyche des Hauptcharakters zum Thema. Travis findet im weiteren Verlauf des Spiels immer mehr über seine eigene Vergangenheit heraus. Aber auch der dämonische Kult, der in Silent Hill seit dem ersten Teil sein Unwesen treibt, wird in die Handlung eingebunden. Insgesamt mag der Plot zwar ein wenig traditionell ausfallen, spannend sind die Geschehnisse aber trotzdem und Fans der Serie werden definitiv zufrieden sein.
Ganz wie früher…
In Sachen Gameplay sind die Entwickler von Climax kein Risiko eingegangen und orientieren sich sehr eng an den ersten beiden „Silent Hill“ Abenteuern. „Silent Hill: Origins“ ist somit Fan-Service pur. Man ist das komplette Spiel in der Rolle von Travis unterwegs und durchsucht die namensgebende Stadt nach dem Mädchen. Die meiste Zeit verbringt man dabei in Gebäuden wie beispielsweise dem allgegenwärtigen Krankenhaus. In bester Survival-Horror-Manier muss man sich auch allerlei Monstern stellen, die sich vom Design her stark an den anderen „Silent Hill“ Spielen orientieren. Der Schwerpunkt des Spiels liegt aber wie in den Vorgängern weniger auf der Action, sondern mehr auf dem Aspekt des Erforschens. Um die Rätsel zu lösen, muss man meistens Hinweise oder Gegenstände finden, so dass jeder Raum und jede Ecke genau untersucht werden sollte – dank der gelungenen Karte, auf der stets alles Wichtige vermerkt wird, verläuft man sich jedoch nur selten. Die Rätsel sind, wie es sich für ein „Silent Hill“ Spiel gehört, relativ anspruchsvoll, aber immer logisch und nachvollziehbar. Mit ein wenig Nachdenken kann man alle Aufgaben selbst lösen. Natürlich findet man auch in „Origins“ die berühmte und unglaublich gestörte Parallelwelt wieder. Sie ist wie ein böses Spiegelbild der verschlafenen, stetig in Nebel gehüllten, Stadt – ein in Rot und Braun getauchtes Höllenszenario, das nur aus Gittern und Metall zu bestehen scheint und in dem die kranke Musik, die nur noch diabolisch auf die Trommelfelle des Spielers hämmert, für sprudelnden Angstschweiß sorgt. Im Gegensatz zu den früheren Teilen kann man sich nun jedoch aussuchen, wann man diese Welt betreten möchte. Das geschieht durch zahlreiche Spiegel, die man in den verschiedenen Gebäuden vorfindet. Freiwillig möchte man diese erschreckende Welt natürlich nicht betreten, aber Travis bleibt oftmals nichts anderes übrig, wenn er die vertrackten Rätsel lösen will. Im Vergleich zu den Vorgängern ist man übrigens weit weniger auf den Straßen der Stadt unterwegs. In „Origins“ dienen diese tatsächlich nur noch dazu, von einem Gebäude zum Nächsten zu kommen. Blöderweise kann man auch hier nur die Häuser betreten, die dafür vorgesehen sind – das Spiel ist also recht linear angelegt. Nur ein paar kleinere Nebenstraßen lassen sich durchsuchen, wobei man dabei auch nur mit ein paar Heilmitteln und Waffen belohnt wird.
Apropos Waffen
Wenig Innovation zeigt sich beim Kampfsystem. Dieses wurde fast 1:1 aus den früheren „Silent Hill“ Spielen übernommen und erweist sich somit als genauso hacklig und undynamisch wie in den älteren Spielen. Besonders zu Beginn des Abenteuers wird man öfters einmal fluchen, wenn man wieder von einem Gegner getroffen wird, weil die Kamera schlecht positioniert ist, oder Travis einfach zu lahmarschig auf die Kampfbefehle reagiert. Nach etwas Eingewöhnungszeit und mit den ersten Feuerwaffen kommt man dann aber zunehmend besser zurecht. Davon abgesehen, bringt die eigene Unfähigkeit zu kämpfen, auch einen gewissen Reiz mit sich – so hat man nämlich wenigstens Angst vor dem nächsten Gegner. Eine Neuerung in „Origins“ ist dagegen der Umstand, dass man nun beliebig viele Nahkampfwaffen mit sich herumtragen kann. Wobei so ziemlich alles, was Travis in die Finger bekommt, auch als Waffe durchgeht: Toaster, Mini-TV, Kleiderständer, Flaschen oder das klassische Holzbrett. Die Waffen unterscheiden sich dabei in Wirksamkeit und Zerbrechlichkeit. Letzteres ist besonders wichtig, da man immer genau darauf achten muss, wie lange man eine Waffe noch einsetzen kann, bevor sie zerbricht. Insgesamt killt das „Alles was du siehst, kannst du auch benutzen“ Konzept aber auch etwas Atmosphäre, denn es ist immerhin nur wenig glaubwürdig, wenn Travis mit albernen Sachen wie einem Kleiderständer auf die Horrorviecher eindrischt. Aber man kann ja auch noch auf Schusswaffen zurückgreifen. Diese sind deutlich effektiver als die Nahkampfwaffen, aber auch ungleich wertvoller, denn Munition ist immer knapp. Zum Schluss noch ein paar Worte zur Spielzeit. „Silent Hill: Origins“ ist ein sehr kurzes Spiel und in knapp sechs Stunden dürften geübte Spieler das Abenteuer bereits zum ersten Mal beendet haben. Macht aber nix, denn so werden wenigstens unnötige Längen vermieden. Wenn man zudem das Ende gesehen hat, kann man trotzdem einen weiteren Anlauf wagen, denn zahlreiche freischaltbare Goodies und alternative Enden sorgen für einen ordentlichen Wiederspielwert.
Just wow!
Eins vorneweg: Wer „Silent Hill: Origins“ nicht in totaler Dunkelheit und mit Kopfhörern spielt, macht die Atmosphäre kaputt. Das Spiel kann auf der PSP die gleiche Atmosphäre generieren, wie auf der PS2, aber eben nur wenn man sich an die Spielregeln hält und nicht an einem sonnigen Tag im Park zockt – das wussten übrigens auch die Entwickler, weshalb sie vor Spielbeginn explizit darauf hinweisen. Wer diesen Rat beachtet, bekommt einen Ohren- und Augenschmaus sondergleichen geboten. „Origins“ sieht genial aus und kann sogar „Silent Hill 2“ (PS2) in einigen Bereichen, wie den Licht- und Schatteneffekten hinter sich lassen. Die Optik ist sehr sauber geraten und besonders in den Innenräumen kann man viele liebevolle Details bewundern. Cineastische Kameraperspektiven und eklig glänzende Gegner sorgen für weitere Atmosphäre, aber auch der bekannte „Griselfilter“ kommt wieder zum Einsatz und verleiht dem Spiel einen dreckigen Look. Aber was wäre eine „Silent Hill“ Episode ohne die passende Soundkulisse? Eben kein „Silent Hill“, weshalb sich Videospielmusik-Gott Akira Yamaoka dazu hinreißen ließ, auch für „Origins“ den Soundtrack zu schreiben. Ob beklemmende und depressive Klänge auf den vernebelten Straßen der Stadt, hämmerndes und nervenzerfetzendes Getrommel in der Parallelwelt, oder dramaturgisch genial eingesetzte Rock-Songs – erst durch die Musik von Yamaoka erwacht „Silent Hill“ zum Leben. Bravo!
FAZIT:
„Silent Hill: Origins“ ist mein persönliches „Game of the Year“ für die PSP und ein äußerst gelungener Ausflug in die neblige Kleinstadt. Zwar bleibt die Story leicht hinter dem Abenteuer von James Sunderland zurück, aber sie schlägt in eine ähnliche Kerbe und ist alles in allem sehr unterhaltsam. Der Soundtrack fällt wie immer genial aus und grafisch gehört „Origins“ auf dem Handheld in die oberste Liga. Silent Hill Fans MÜSSEN also zugreifen und jeder, der etwas mit Horror und Adventure Spielen anfangen kann, sollte ebenfalls einen Blick riskieren.
[ Review verfasst von Sephi-Roth ]
Pluspunkte:
- Grafisch ein Vorzeige PSP Spiel
- Silent Hill Atmosphäre pur
- Hoher Wiederspielwert dank vieler Goodies und unterschiedlichen Enden
Minuspunkte:
- Hakelige Steuerung in den Kämpfen
- Teils unübersichtliche Kameraperspektiven
- Geht auf Nummer sicher und bietet nichts Neues