Der Sommer neigt sich dem Ende und damit auch die obligatorische Spieleflaute, die diese Jahreszeit immer wieder mit sich bringt. Besonders die PS3 hat es seit dem Launch sehr schwer gehabt, denn nur vereinzelte Titel gelangten in die Händlerregale. Damit ist jetzt aber Schluss, denn das Ende der heißen Tage läutet auch gleichzeitig das Ende der spielfreien Zeit ein. Und welches Spiel könnte für den Herbstauftakt besser geeignet sein, als Sonys hoch gehandeltes Drachen-Abenteuer „Lair“? Wir haben uns die US-Version vorgenommen und verraten euch, ob Drachen wirklich hoch fliegen oder besonders tief fallen.
In einem fernen Land…
…bekriegen sich zwei Stämme, die Asylians und die Mokai. Im Land der Asylians kommt es zu heftigen Vulkanausbrüchen und die Mokai werden daraufhin verdächtigt, diese ausgelöst zu haben. Man startet als Drachenreiter in den Reihen der Asylians und es obliegt fortan dem Spieler, den Konflikt für sein Volk zu entscheiden. Aber was wäre ein richtiges Phantasieabenteuer, wenn die Geschichte nicht mit ein paar Wendungen aufwarten würde? Die erste Mission dient quasi als Tutorial. Man wird mit der Steuerung des Drachen (Wobei man ja in erster Linie den Reiter steuert, der den Drachen antreibt.) vertraut gemacht und lernt die wichtigsten Grundbewegungen. Im Laufe des Spieles kommen noch etliche spezielle Angriffs- und Flugmanöver hinzu, die man dann jeweils kurz erklärt bekommt. Das anfängliche Tutorial zeigt nur das, was zu Beginn auch möglich ist. Dadurch wird man nicht gleich überfordert. Die Steuerung mit den Neigungssensoren des SIXAXIS klappt in der Regel einwandfrei und nur ab und an hat man mit einem Manöver wie beispielsweise der 180° Wendung zu kämpfen. Das ist aber nicht weiter tragisch, denn nur selten hängt etwas von so einem extremen Manöver ab. Schon nach kurzer Zeit hat man den Dreh raus und gleitet mit seinem Drachen elegant durch die Lüfte. Will man einen Gegner mit Feuerbällen bekämpfen, kann man ihn einfach frei beschießen, oder per Autolock-Funktion erfassen. Letzteres funktioniert allerdings nur bedingt. Oft nimmt man nämlich etwas völlig anderes ins Visier und verliert schnell den Überblick, da sich die Kamera immer auf das erfasste Ziel konzentriert. Ich habe daher das Autolock-System nur selten eingesetzt. Glücklicherweise funktioniert das manuelle Zielen, dank Zielhilfe, auch so ganz gut. Neben Fernangriffen kann man feindliche Drachen aber auch in Nahkämpfe verwickeln, oder ihre Reiter mit einem Spezialmanöver vom Sattel holen. Im Nahkampf ist die Steuerung vergleichbar mit einem Beat'em Up, da man verschiedene Kombos anwenden kann und mit Feuer und Klauen den Gegner zusetzen darf. Wenn man dagegen einen Drachenreiter angreifen will, gilt es bestimmte (kurz auf dem Bildschirm eingeblendete) Tasten zu drücken. Ähnlich wie man es aus „God of War“ kennt. Da die Anweisungen relativ lange angezeigt werden, geht dabei eigentlich kaum etwas schief. Hat man die Tastenfolge hinter sich gebracht, läuft die Attacke dann automatisch in einer kurzen Sequenz ab, die jedes Mal ziemlich cool aussieht.
Wer die alten Star Wars Spiele von Factor 5 kennt, muss daher etwas umdenken. Zwar kann „Lair“ seine Wurzeln in Bezug auf das Gameplay nicht ganz verleugnen, aber die Steuerung und die vielen neuen Möglichkeiten sind um einiges komplexer, als bei den alten Gamecube Titeln. Ein bisschen Zeit muss man somit investieren, wenn man seinen Drachen und dessen Möglichkeiten komplett nutzen will, aber es lohnt sich auf jeden Fall! Übrigens warten neben den Luftkämpfen auch noch Bodengefechte auf den Spieler. Hier steuert man den Drachen jedoch per Analogstick. Die SIXAXIS Fähigkeiten nutzt man nur, um ein paar besonders heftige Angriffsvarianten durchzuführen. Am ehesten erinnern diese Scharmützel deswegen an die alten Godzilla Filme. Nur mit dem Unterschied, das man hier mit einem Drachen Tod und Vernichtung bringt. Wer sich gerne durch Massen von Gegnern kämpft, wird die Bodenkämpfe von „Lair“, so wie ich lieben.
Im Eifer des Gefechts
Neben normalen Rittern fahren die feindlichen Streitkräfte auch noch zahlreiche große Kampfeinheiten wie Nashörner, überdimensionale Stiere und riesige Kriegsbestien (die an die AT-ATs aus Star Wars erinnern) auf. Letztere bekämpft man sogar nach dem gleichen Prinzip und bringt sie mit einer Kette, die um die Beine gewickelt wird, zu Fall. In manchen Schlachten kämpfen zudem ganze Armeen am Boden und in der Luft gegeneinander. Eine Anzeige am oberen Bildschirmrand verrät dem Spieler jederzeit, wie die Kräfteverhältnisse ausfallen. Sieht es für die eigenen Truppen schlecht aus, greift man am besten selbst in die Schlacht ein und verschafft den Seinen wieder etwas Luft. An dieser Stelle kommt jedoch ein weiteres Manko von „Lair“ zum tragen: In nahezu jeder Mission ist sehr viel los. Mehr als in jedem anderen Videospiel und dadurch kann es sehr schnell, sehr hektisch und chaotisch werden. Manchmal hat man deswegen das Gefühl, tausend Sachen gleichzeitig erledigen zu müssen: Dort soll man gegnerische Stellungen ausschalten, da den Truppen helfen, hier die feindliche Flotte bekämpfen und hinten links seine Mantas beschützen. Dummerweise weiß man nur selten, was davon nun am Wichtigsten ist. Der kleine Pfeil rechts oben dient nur bedingt der Orientierung, eine einblendbare Karte, oder eine Art Radar wären auf jeden Fall hilfreich gewesen. Da kann man noch von Glück reden, dass man nicht gleich verliert, sobald man doch etwas zu spät kommt. In späteren Missionen zieht das Zeitlimit diesbezüglich jedoch merklich an und man darf nicht mehr allzu lange herumtrödeln. Die Schlachten wären jedenfalls weitaus cooler, wenn man nicht immer unter Zeitdruck gehetzt, von einem Angriff zum Nächsten fliegen müsste. Dadurch bekommt man von den gigantischen Schlachtausmaßen nur wenig mit und das ist in Anbetracht der Grafik etwas schade. Später gibt es zwar auch ein paar Missionen, die einem genug Zeit lassen, die Größe und den Umfang der Kämpfe wirklich mitzuerleben, aber das ist eher die Ausnahme. Würde „Lair“ über das gesamte Spiel hinweg den Spieler selbst entscheiden lassen, was er als nächstes macht, würde das Gameplay um einiges mitreißender wirken.
Gelungen oder nicht gelungen, das ist hier die Frage
Insgesamt denke ich, hat sich Factor 5 in Hinblick auf die Größe der Missionen doch etwas übernommen. Die Schlachten haben zwar gigantische Ausmaße und man kämpft in Umgebungen mit kolossalen Prachtbauten und gewaltigen Gegnermassen – aber zu chaotisch geht es größtenteils zu, zu viel passiert gleichzeitig und zu eng ist oft der zeitliche Rahmen, um das Ganze genießen zu können. Zudem ist die Orientierung in den Kämpfen wirklich schwierig. Ich empfehle daher auf jeden Fall, nachdem man das Spiel beendet hat, die Aufträge noch einmal in Ruhe zu spielen, einfach nur um sich deren Umfang bewusst zu werden und zu sehen, was dort wirklich alles gleichzeitig passiert. Apropos Umfang, „Lair“ bietet fünfzehn Missionen, die im Durchschnitt etwa fünfzehn Minuten dauern. Wenn man dazurechnet, dass man die eine oder andere Mission mehrmals spielen muss, bis man sie geschafft hat, beträgt die reine Nettospielzeit nicht viel mehr als 5 -6 Stunden. Natürlich kann man dann, Factor 5 typisch, noch auf Medaillenjagd gehen und neue Kombos frei schalten, aber ansonsten gibt es nur wenig zu tun. Online kann man sich zwar noch in diversen Highscoretabellen verewigen, aber inwieweit das als Motivation zum mehrmaligen Spielen dient, muss jeder für sich selbst entscheiden. Der Schwierigkeitsgrad geht soweit in Ordnung, da fand ich die alten Star Wars Spiele von Factor 5 schwieriger. Nach wie vor gibt es jedoch keine Checkpoints in den Missionen. Ausnahmen sind nur bei den Bossgegnern zu finden. Verliert man all seine drei Leben, oder erfüllt ein Missionsziel nicht rechtzeitig, darf man von vorne beginnen. Aber OK, „Lair“ ist ein Actionspiel. Was für Herausforderung würde da noch bestehen, wenn es alle drei Minuten einen Checkpoint gäbe? Wenn man noch etwas ernsthaft kritisieren könnte, dann den primitiven Aufbau von „Lair“. Kurze Anfangssequenz, Mission, kurze Endsequenz, dann Missionsbewertung und Sprung zurück zum Auswahlbildschirm. Das wirkt im Spiel wie ein kleiner Bruch und nimmt doch etwas den Zusammenhang.
This is -FULL HD- Madness!
Kommen wir nun zur Grafik von „Lair“ und dem Gebiet auf dem Factor 5 absolute Meister sind. Auch bei diesem Spiel liefern die ausgewanderten Deutschen wieder grandiose Arbeit ab, die zudem noch in Full HD (1080p) wiedergegeben wird. Ich selbst konnte „Lair“ zwar nur in der HD Ready Auflösung von 720p spielen, aber selbst da sieht das Spiel absolut grandios aus. Die Texturqualität, besonders bei den Gebäuden und Drachen, ist atemberaubend scharf, in der normalen Umgebung gibt es dagegen öfter einmal auch matschige Texturen zu sehen. Dennoch hat „Lair“ das wohl beste Texturstreaming, das in einem Titel mit diesen gigantischen Ausmaßen jemals aufgefahren wurde. Sony täte gut daran, sich diese Grafikengine auch für andere Titel zu reservieren. Ein weiteres Beispiel für diese Grafikpracht ist das Wasser. Das sieht nicht nur realistisch aus, sondern verhält sich auch so: Explodiert ein Schiff, dann regnen Trümmer auf das feuchte Nass hinab und der Druck sorgt für authentische Wellenbewegungen. Soweit so gut, allerdings gibt es in „Lair“ nicht nur Licht, sondern auch viel Schatten. Das größte Manko ist dabei leicht auszumachen. Die Grafik läuft nicht gerade allzu flüssig. Zwar bleibt das Spiel stets spielbar, aber meistens bewegt sich die Framerate im Bereich zwischen 20 und 25 Bildern pro Sekunde. Etwas zu wenig in meinen Augen, weswegen sich vereinzelte Tearinganfälle und Clippingfehler stärker bemerkbar machen. Das späte Einblenden von Details ist zudem auch nicht gerade optimal und Fußtruppen sind aus größerer Entfernung oftmals nur als Pixelhaufen auszumachen. Trotzdem kann man sagen, dass die Grafik von „Lair“ am Ende dennoch gelungen ist. Nicht zuletzt dank der genialen Lichteffekten, einer unglaublichen Weitsicht, herrlich flüssig animierten Drachen und so gewaltigen detaillierten Umgebungen, wie man sie noch nie zuvor gesehen hat! Der Sound bereitet da weniger Probleme. „Lair“ wartet mit einem epischen, abwechslungsreichen Soundtrack auf, der genau zur Atmosphäre des Spiels passt. Manchmal erwischte ich mich sogar dabei, wie ich auf „Pause“ drückte, nur um die herrliche Musik in aller Ruhe zu genießen. Die englische Sprachausgabe (bei der US Version gibt es keine deutsche Sprachausgabe) geht ebenfalls in Ordnung und lediglich die andauernden Befehle, die man zugerufen bekommt, störten mich ein wenig. Das mag zu Star Wars, oder sonstigen militärischen Spielen passen, aber in „Lair“ wirkt das irgendwie fehl am Platz. Wenigstens geizt der Titel nicht mit freischaltbarem Material. Neben Online Leaderboards und Freundeslisten wartet das Spiel mit dem kompletten Soundtrack auf, dutzenden hoch aufgelösten Artworks und mehreren Making-Ofs komplett in HD Qualität.
FAZIT:
„Lair“ ist ein gutes Spiel mit einer prima Steuerung. Bewegungsmuffel sollten allerdings einen großen Bogen um das Abenteuer machen, denn kein anderer Titel nutzt die Fähigkeiten des SIXAXIS Controllers bisher so exzessiv, wie „Lair“ es tut. Zwar hat das Spiel auch mit ein paar Macken zu kämpfen - in erster Linie die mangelnde Übersichtlichkeit, die Framerate sowie das schlechte Autolock-System. Insgesamt kann man „Lair“ dennoch als gelungenes Abenteuer bezeichnen, an dem jeder Drachenfan seine Freude haben wird.
[ Review verfasst von Pry ]
PS: Wenn man die PSP per Remote-Verbindung mit der PS3 synchronisiert, kann man „Lair“ sogar auf dem Handheld spielen und das sogar in einer passablen Qualität! Die Steuerung wurde dabei natürlich an das PSP Interface angepasst und man fliegt hier nur noch per Analognub. Cooles Extra!
Pluspunkte:
- Phantastische Grafik
- Sehr gute SIXAXIS Steuerung
- Toller Soundtrack
Minuspunkte:
- Oft zu unübersichtlich
- Autolock-System funktioniert nur bedingt
- Grafik selten wirklich flüssig