Lässt man die vergangenen Jahre einmal Revue passieren, kommt man nicht umhin festzustellen, dass sich die „Driver“ Serie seit den glorreichen PS1 Zeiten nicht gerade mit viel Ruhm bekleckert hat. Während die Reihe damals mit einem neuartigen Gameplay, der tollen Steuerung und einem realistischen Fahrmodell überzeugen konnte, wollte der Sprung auf die PlayStation 2 nicht so recht gelingen. Der dritte Teil „DRIV3R“ (OnPSX Test) litt vor allem an viel zu vielen Bugs und nervigen „zu Fuß“ Passagen. Der vierte Ableger „Parallel Lines“ (OnPSX Test) konnte zwar viele Fehler wieder ausbügeln, war jedoch immer noch nicht auf einer Augenhöhe mit den ersten beiden Spielen. Dennoch – eine positive Tendenz war durchaus zu erkennen. Ob jedoch das neueste „Driver“ Spiel diesen Trend weiterführen kann, erfahrt ihr in unserem ausführlichen Review.
Der Alltag eines Drivers
09:00 Uhr (irgendwo in New York)
Fuck, es gibt nichts Schlimmeres, als nach einer durchzechten Nacht mit schwerem Schädel im eigenen Bett aufzuwachen - allein.
14:00 Uhr
Gerade hab ich meinen Kumpels vom letzten Abend erzählt und ich will auch euch etwas verraten: Gestern Nacht habe ich eine dieser Frauen kennen gelernt, die man sein ganzes beschissenes Leben nicht mehr vergisst. Verdammt! Ich muss sie einfach haben. Dummerweise hat mir Slink soeben erzählt, dass sie die Tochter des schlimmsten Triaden-Bosses in ganz New York ist. Aber hey, dann muss ich es eben in diese verdammte Asiaten Gang schaffen und das geht nur auf einem Weg: Hinter dem Steuer eines Fluchtwagen…
Am nächsten Tag
Ach du heilige Scheiße. Der erste Tag bei Zhou fing nicht gerade berauschend an. Mein Ziel war es, innerhalb von fünf Minuten nach Queens zu fahren, um dort ein Paket abzuholen. Hörte sich auf den ersten Blick ziemlich leicht an, aber wie ich mir schon dachte, bestand der Inhalt des Päckchens nicht gerade aus feinen Köstlichkeiten von der Bäckerei nebenan. Ganze zwei Kilogramm Koks kassierte ich ein. Zu meinem Pech hat mich jedoch irgendjemand verpfiffen und plötzlich jagten mich die Bullen quer durch den Big Apple. Natürlich hängte ich sie ab…
Black Jack, Koks und Nutten
So in etwa könnte das Tagebuch von Ray aussehen, der Hauptfigur in "Driver 76". Wie in den bereits erschienenen Titeln, muss man auch im neuesten Spiel mit gewitzten Fahrmanövern diverse Missionen bestehen, ohne sich dabei von den Gesetzeshütern oder anderen Gangstern schnappen zu lassen. An der eigentlichen Prämisse hat sich somit reichlich wenig geändert und man könnte auch ganz gut damit leben, würde die Hintergrundgeschichte dieses Mal nicht ganz so banal ausfallen. Es muss ja nicht immer gleich um die Rettung der Welt gehen, aber Rays einziges Ziel besteht darin, die Tochter des Triaden Chefs flach zu legen und das ist nun mal weder witzig noch sonderlich spannend. Auch Rays Sidekick Slink kann leider nur wenig zum Geschehen in den siebenundzwanzig Missionen (unterteilt in sechs Kapitel) beitragen. Welche Aufträge man übrigens als nächstes absolvieren möchte, entscheidet man auf der integrierten Übersichtskarte. Selbige ist in zwei Abschnitte unterteilt, die man mit der R-Taste bequem wechseln kann. Während sich ein Bildschirm um die normalen Storymissionen kümmert, kann man im Zweiten diverse Zusatzmissionen bestreiten. Die Auswahl reicht dabei von normalen Rennen bis hin zu speziellen Taxifahrten, bei denen man Gäste rechtzeitig zu einem bestimmten Ziel schauffieren muss. Für jede erfolgreiche Mission wird man im Anschluss entsprechend entlöhnt. Das Geld darf man daraufhin im Shop für Munition oder diverse Fahrzeugupgrades ausgeben. Bis auf die Lachgas-Einspritzung gibt es jedoch keine nennenswerten Verbesserungen, die sich direkt auf das Gameplay auswirken. Hinzu kommt die Tatsache, dass man in den einzelnen Missionen meistens sowieso auf ein bestimmtes Fahrzeug zurückgreifen muss, was in Anbetracht der Tuningsmöglichkeiten wenig durchdacht wirkt. Immerhin hat sich Ubi Soft jedoch dazu entschlossen, die nervigen Laufjobs größtenteils komplett zu kicken, weswegen man tatsächlich den Großteil der Zeit hinter dem Steuer eines Autos verbringt. Ballern kann man nämlich auch aus dem Fahrzeug heraus (mittels R1-Taste), was vor allem bei hohem Gegneraufkommen mehr als hilfreich ist. Etwas enttäuschend fällt jedoch die viel zu zahme Polizei aus. Statt aggressiv den Spieler zu verfolgen, kann man die Gesetzeshüter oftmals locker abhängen oder aus dem Weg schießen. Dadurch verkommen viele Aufträge zu Spaziergängen im Park und nur die knapp bemessenen Zeitlimits sorgen für ein wenig (An)spannung.
Afro & Plateauschuhe
Technisch präsentiert sich das Spiel ziemlich durchwachsen. Auf der einen Seite bietet „Driver 76“ ein authentisch nach gebautes New York und unzählige detaillierte Fahrzeugmodelle, welche allesamt über ein gelungenes Schadensmodell verfügen. Auf der anderen Seite kommt das Free-Roaming Abenteuer jedoch nicht ohne kräftige Einschnitte bei Framerate und Texturen aus. Den sprichwörtlichen Vogel schießen jedoch die dreisten Ladezeiten ab, die nicht nur vor dem Spiel für Unmut sorgen, sondern auch während des Abenteuers immer wieder nerven. So kann es vorkommen, dass man während einer nervenaufreibenden Verfolgungsjagd plötzlich einige Sekunden warten muss, weil die Engine nicht mit dem Nachladen der Spielumgebung hinterherkommt. Traurig, denn Konkurrenzprodukte wie „GTA: Vice City Stories“ oder Sonys „Gangs of London“ haben bereits erfolgreich gezeigt, dass solche Spiele auf der PSP auch ohne große Probleme realisierbar sind. Besser umgesetzt wurden dagegen die Zwischensequenzen, die trotz der lahmen Geschichte, über eine erstklassige Comicoptik verfügen. Ebenso gelungen ist auch der atmosphärische Soundtrack, der mit einer ganzen Reihe Lizenzsongs aus dieser Zeit aufwartet. Weniger erfreulich fällt dafür die Synchronisation aus, die wie die Vorgänger bestenfalls mittelmäßig herüberkommt und mit Sprechern aufwartet, die entweder gleich einschlafen, oder viel zu viel Gewicht in die Dialoge legen, wodurch diese überdreht und albern wirken.
Multiplayer-Action
Neben dem storybasierten Einzelspielermodus verfügt „Driver 76“ auch noch über einen passablen Multiplayermodus, bei dem in diversen Minispielen (Deathmatch, Kopf-an-Kopf-Rennen uvm.) oder „Destruction Derby“ ähnlichen Crashorgien gegen andere menschliche Mitspieler antreten kann. Sicherlich nichts außergewöhnliches, aber ein netter Bonus - genauso wie die Game Sharing Option, mit der man nur mit einer UMD gegen einen zweiten Mitspieler antreten kann.
FAZIT:
„Driver 76“ fair zu bewerten, ist nicht ganz leicht. Auf der einen Seite besitzt das Spiel unzählige technische Mängel, aber andererseits machte das Spiel trotz des niedrigen Schwierigkeitsgrades eine Menge Spaß. Dementsprechend lautet mein Urteil wie folgt: Wer das Spiel im Low-Budget Bereich findet und nach „GTA: Vice City Stories“ einen weiteren soliden Actionknaller spielen möchte, wird mit „Driver 76“ bestens bedient. Zum Vollpreis würde ich mir eine Anschaffung allerdings zweimal überlegen, denn wirklich perfekt ist der Titel nun auch wieder nicht.
[ Review verfasst von Dimi ]
Pluspunkte:
- Motivierende Missionen
- Chilliger 70er Jahre Soundtrack
- Stylische Comicsequenzen
Minuspunkte:- Lange Ladezeiten
- Hässliche Texturen
- Geringer Umfang