Letztes Jahr war ein großes Jahr für den deutschen Sport. Nicht nur das fußballerische Sommermärchen begeisterte Millionen Menschen, auch der erfolgreichste deutsche Rennfahrer, Michael Schumacher, feierte seinen Abschied aus der Formel 1. Für alle die ihrem Schumi nachtrauern, hat Sony jetzt aber genau das Richtige parat: „Formel 1 Championship Edition“ für die PlayStation 3. Wie sich das Rennspiel bei uns im Test geschlagen hat, erfahrt ihr in unserem ausführlichen Review.
Veraltete Königsklasse?
Einen ersten Dämpfer bekommt die Vorfreude jedoch durch das Fehlen von aktuellen Saisondaten. Bedingt durch die späte PS3 Einführung gibt es im Spiel nämlich nur Fahrer, Fahrzeuge, Strecken und Teams der letzten Saison. Wer also mit Alonso im Silberpfeil oder Räikönnen im Ferrari eine Runde drehen will, muss auf einen eventuellen Nachfolger warten. Wir bezweifeln nämlich, dass Sony mittels PSN Store noch einmal ein Update nachreichen wird. Hat man diesen Downer überwunden, kann man sich zumindest immer noch auf das schönste Formel 1 Spiel stürzen, das bislang erhältlich ist. Aber nicht nur optisch wird einiges geboten, auch die Spieloptionen können überzeugen. Wichtigstes Element ist dabei der Karrieremodus. Hier tritt man als Neuling in der Königsklasse an, kann sich bei diversen (kleineren) Teams bewerben und für diese dann in Rennveranstaltungen antreten. Zunächst gilt es aber eine Art Prüfung zu bestehen, denn wer nicht schnell genug ist, hat auch bei diesen Teams keine Chance. Da aber bereits am Anfang drei Rennställe zur Auswahl stehen, wird man es bei einem sicher schaffen. Ist diese Hürde erst einmal genommen, erwartet den Spieler die ganze Welt der Formel 1. Man kann seinen Wagen nach eigenen Bedürfnissen kalibrieren und natürlich auch vor jedem Rennen die richtige Strategie austüfteln. Zudem darf man auch noch festlegen, wie realistisch und wie schwer es auf der Strecke zugehen soll. Anfänger sollten das Schadensmodell vorerst deaktiviert lassen, da sonst die erste Kurve bereits zur Letzten werden kann. Die Intelligenz der Computer-Fahrer ist je nach Einstellung ebenfalls auf hohem Niveau und kann im Endeffekt so manche Nerven kosten. Schließlich zeigen auch die KI Kollegen keine Skrupel vor Ausbremsmanövern oder unfeinen Drängeleien. Aber genau das versprüht eben richtiges Formel 1 Flair, denn wie im Spiel geht es auch in der Realität nicht immer fair und sauber zu. Die Karriere ist übrigens auf fünf Jahre beschränkt, sprich so lange hat man Zeit, bis an die Spitze zu fahren und die großen Teams wie Ferrari, McLaren oder Renault auf sich aufmerksam zu machen. Sollte man dazu jedoch keine Lust haben, kann man alternativ immer noch in die Rolle von Schumacher, Massa, Alonso, Räikönnen und Co. schlüpfen und direkt in die Weltmeisterschaft starten. Das funktioniert dann prinzipiell wie der Karrieremodus, nur eben etwas abgespeckter, sprich man kann sich nicht bei anderen Teams bewerben usw.
Online Meisterschaft
Zusätzlich bietet „Formel 1 Championship Edition“ auch noch einen umfangreichen Multiplayermodus zum online (alternativ auch offline im lokalen Netzwerk) zocken. Allerdings gibt es auch hier ein paar Einschränkungen. Anstatt gegen einundzwanzig menschliche Gegner anzutreten, kann man lediglich mit elf menschlichen Fahrern um die Wette fahren. Der Rest wird durch den Computer ersetzt. Das ist natürlich etwas schade, da ich keinen Grund sehe, warum man auf PS3 nicht mit zweiundzwanzig realen Fahrern gleichzeitig antreten sollte. Hier hoffe ich mal auf Besserung bei einem eventuellen Nachfolger. Ansonsten ist der Online-Modus aber gelungen, läuft nahezu lagfrei und meine bisherigen Gegner waren zudem erstaunlich fair. Selbst mit Schadensmodell hatte ich online bald weniger Unfälle, als offline gegen die KI. Unfälle können nämlich im Spiel schnell zum Aus führen, da ein Reifen ruckzuck abgerissen ist oder eine Verkleidung über den Jordan geht. Entweder scheidet man daraufhin aufgrund eines Totalschadens komplett aus, oder man schafft es noch in die Box, was aber gleichbedeutend mit einer Niederlage ist, denn nur selten kann man die dadurch verlorene Zeit wieder aufholen. Vor allem da man in der Box nur weiterkommt, wenn man schnell genug die eingeblendete Symbole abdrückt, was manchmal zu Frust führen kann, wenn ein gutes Rennen durch einen verhunzten Boxenstopp in die Hose geht.
Triggermatic
Auf die Steuerung war ich im Vorfeld äußerst gespannt, da diese bei den PS2 Versionen nicht immer gelungen war und oftmals viel zu leichtgängig ausfiel. Insofern war eine gute Portion Skepsis durchaus angebracht. Aber meine Sorge war zum Glück unbegründet, denn „Formel 1 Championship Edition“ steuert sich auf der PS3 hervorragend. Zur optimalen Übersicht stehen sechs verschiedene Perspektiven zur Auswahl, wobei die Cockpitperspektive mit Abstand die Intensivste ist. Hier ist man wirklich mittendrin statt nur dabei - wenngleich man damit auch keine Rundenrekorde fahren dürfte, da die Übersicht logischerweise am Eingeschränktesten ist. Wenn es zudem auch noch zu regnen anfängt, wird man selbst in der Außenperspektive Mühe haben, die Streckenführung zu erkennen. Die Schauer wurden nämlich äußerst realistisch eingefangen und sehen im Spiel schlichtweg bemerkenswert aus. Aber nicht nur optisch machen sich die neuen Witterungsbedingungen bemerkbar, auch das Fahren wird ungleich anspruchsvoller, da nicht nur die Übersicht darunter leidet, sondern auch die Strecke plötzlich rutschiger ist und die ganze Aufmerksamkeit vom Spieler fordert. Einen Kritikpunkt gibt es bei der Steuerung aber trotzdem: Man kann die Button nicht frei konfigurieren. Es gibt zwar ein paar vorgegebene Layouts, aber eines haben sie alle gemeinsam - Der Blick nach hinten wurde immer auf die R1-Taste gelegt. Das mag ja funktionieren, wenn man mit X Gas gibt, aber wenn man Beschleunigen und Bremsen auf R2 / L2 gelegt hat, kann man nicht nach hinten schauen, ohne vom Gas gehen zu müssen. Ein sehr nerviger Umstand in meinen Augen.
Grafischer Leckerbissen
Doch nun zur Optik: Das Spiel sieht einfach umwerfend aus. Die ersten Trailer, welche Sony vor Monaten zeigte, haben wahrlich nicht zuviel versprochen. Die Wagenmodelle fallen äußerst detailliert aus, man kann sogar fast jedes Schräubchen erkennen und der Lack funkelt wie frisch poliert, ohne jedoch zu unnatürlich auszusehen. Die Licht- und Wettereffekte sind ebenfalls phantastisch geraten und die Texturen auf der Strecke werden zu jederzeit knackig scharf dargestellt. Zudem läuft das Spiel konstant flüssig. Ruckler, Treppchenbildung oder Tearing sucht man vergebens. Lediglich die Umgebungen fallen naturgemäß etwas simpel aus, was aber nun mal in jedem Formel 1 Spiel so ist. Einzig Monaco kann mit einer tollen Kulisse glänzen. In einem Punkt versagt „Formel 1 Championship Edition“ allerdings: Bei den Replays. Im Gegensatz zu anderen Rennspielen sieht der Titel hier deutlich schlechter aus, als man es eigentlich im normalen Spiel gewöhnt ist. Das liegt vor allem daran, dass die Texturen stets verwaschen abgebildet werden und auch die Lichteffekte irgendwie nicht richtig rüberkommen. Schade, denn dadurch ist es kein wahrer Genuss, sich die Rennen nochmals anzuschauen.
FAZIT:
Mit „Formel 1 Championship Edition“ liefert Sony eine gute Umsetzung des F1 Zirkus für die PlayStation 3 ab. Leider verhindern diverse Mängel, dass der Titel zur Creme de la Creme im Genre gezählt werden kann. Besonders ärgerlich sind dabei die veralteten Saisondaten, die (verhältnismäßig) geringe Spieleranzahl im Onlinemodus und die Buttonsmasher-Boxenstopps. Dadurch bleibt „Formel 1 Championship Edition“ in erster Linie ein Rennspiel, dass vor allem grafisch zu überzeugen weiß. Um jedoch uneingeschränkt empfehlenswert zu sein, fehlt dem Titel einfach der letzte Schliff.
[ Review verfasst von Pry ]
Pluspunkte:
- Sehr umfangreich
- Tolle Grafik
- Guter Onlinemodus
Minuspunkte:- Keine frei konfigurierbare Steuerung
- Schlechte Replays
- Online nur 11 menschliche Gegner