Wenn man an legendäre Filmfiguren denkt, dann gehört Silvester Stallones Alter Ego "Rocky Balboa" auf jeden Fall dazu. Gut siebzehn Jahre ist es nun her, als Sly das letzte Mal in die Rolle des ewigen Underdogs schlüpfte. Und sind wir doch einmal ehrlich: Wer hätte jemals damit gerechnet, dass wir es tatsächlich noch einmal mit einem sechsten Film zu tun bekommen würden? Diesen Winter belehrte uns Mr. Stallone persönlich eines Besseren und brachte mit "Rocky Balboa" den wohl endgültig letzten Rocky Film in die Kinos. Als objektiver Filmbetrachter kann man ohne Zweifel von einem Erfolg sprechen, denn trotz aller Unkenrufe ist "Rocky Balboa" ein gelungener Streifen geworden, der sogar unsportliche Menschen zu unterhalten weiß. Doch was wäre ein toller Sportfilm, ohne das passende Videospiel dazu? In unserem neuesten Review befassen wir uns mit der PSP exklusiven Umsetzung aus dem Hause Ubi Soft. Ob das Spiel der Legende gerecht werden kann, oder doch nur liebloser Lizenzschrott ist, erfahrt ihr auf den kommenden Zeilen.
Ring frei
Ohne jegliches Intro landet man nach einer kurzen Ladepause im durchaus ansehnlichen Hauptmenü des Spiels. Während im Hintergrund das altbekannte Rocky Thema ertönt, sieht man im Vordergrund einen Zusammenschnitt aus sämtlichen Rocky Filmen. Voilá, die Ring-Atmosphäre ist schon mal da! Mit rechts und links bewegt man sich durch die Menüleiste, die am unteren Rand des Bildschirms zu sehen ist. Für den Anfang empfehle ich einen Besuch in "Mickeys Ecke", wo man sich mit der Steuerung des Spiels vertraut machen kann. Für das Erlernen stehen zwei verschiedene Methoden zur Verfügung. Entweder man begnügt sich mit dem bloßen Betrachten der Tastenkombinationen, oder man steigt kurzer Hand selbst in den Ring, wo man die einzelnen Manöver in der Praxis üben kann. Anfänger sollten sich ausgiebig mit diesem Modus beschäftigen, um im späteren Spielverlauf nicht sofort eins auf die virtuelle Fresse zu bekommen. Kern des Spiels sind die so genannten historischen Kämpfe, in denen man insgesamt zwanzig Szenarien aus den verschiedenen Rocky Filmen Revue passieren lässt. Leider bleibt die Story jedoch unkommentiert, wodurch sich das Ganze als lieblose Aneinanderreihung von verschiedenen Duellen entpuppt. Immerhin sind die Fights chronologisch angeordnet, sodass wenigstens die Reihenfolge der Kämpfe stimmt: Rockys Werdegang beginnt in den 70er Jahren und endet, wie man vermuten kann, bei Rockys letztem Kampf gegen Mason "The Lion" Dixon. Hervorzuheben sind allerdings die unzähligen Filmschnippsel, die vor jedem Level eingespielt werden. Diese bauen wenigstens etwas Spannung auf und sorgen für ein gewisses Retro-Gefühl beim Spieler. Trotzdem war ich ein wenig enttäuscht, schließlich handelt es sich hierbei nur einem Alibi-Karrieremodus, der in Sachen Storybezug und Skillsystem nicht viel zu bieten hat. Mit ein wenig mehr Mühe und Einsatzwillen hätten die Entwickler noch einiges mehr herausholen können. Umso tragischer ist das natürlich, wenn man bedenkt, dass Kämpfer wie Apollo Creed oder Ivan Drago durchaus einen gewissen Grand an Persönlichkeit besaßen. Schade um die vergebene Chance...
Für Zwischendurch...
...eignet sich der Schaukampf, wo man die Auswahl aus insgesamt 27 Kämpfern (mit sämtlichen Rockys von Film 1 bis 6) hat. Hier spielt man, wie sollte es anders auch sein, einen ganz normalen Kampf zwischen zwei Boxern nach. Es gibt übrigens keine zeitlichen Begrenzungen, sodass man beispielsweise mit dem neuen Rocky gegen Clubber Lang antreten kann. Glaubt aber nicht, dass zu Beginn an sämtliche Charaktere frei geschaltet sind. Viele Boxer erscheinen nämlich erst nach siegreichen Duellen in den historischen Kämpfen. Einen all zu großen Reiz vermittelt der Modus deshalb nicht. Etwas spannender sieht es da bei den "schnellen Kämpfen" aus, wo es darum geht, spezielle Missionsziele innerhalb eines bestimmten Zeitlimits zu bewältigen. Ähnliches können Sportfans zwar auch in FIFA 2007 oder NBA Live 2007 erleben, aber in Rocky Balboa erwarten den Spieler immerhin mehr als vierzig Stück. Diese sind im Übrigen nochmals in verschiedene Zeitabschnitte unterteilt: Dabei reicht die Messlatte von einem einminütigen Kampf, bis hin zu einem 10 Minuten Kracher. Damit das Ganze auf Dauer nicht an Reiz verliert, schalten sich die meisten Szenarien erst durch erfolgreiche Vorkämpfe frei. Der Modus macht auf jeden Fall eine Menge Spaß und spricht vor allem Leute an, die nur auf ein kleines Intermezzo zwischendurch aus sind. Zu guter Letzt verfügt das Spiel auch noch über einen Ad-Hoc Multiplayermodus, mit dem man via Wi-Fi gegen einen zweiten Spieler antreten darf. Leider hat es Ubi Soft versäumt, einen Onlinemodus und eine Game Sharing Funktion in das Spiel zu integrieren, sodass euer Kontrahent ebenfalls im Besitz einer Rocky Balboa UMD sein muss.
Gameplay
Das Gameplay gehört zu den Stärken des Spiels. Wie man schnell erkennt, besitzt Rocky Balboa ein umfangreiches Sortiment an vielen unterschiedlichen Moves. Egal ob man einen rechten Jab, oder einen linksgelehnten Uppercut ansetzen will, es sind wahrlich keine Grenzen gesetzt. Während man den Charakter mittels des Analogstick durch die Gegend manövriert, dienen die Buttons zur Aktivierung der einzelnen Schläge. Einen besonders hohen Stellenwert genießen die beiden Schultertasten, mit denen man zusätzliche Treffer landen kann. Ein Faktor, den man ebenfalls nicht unterschätzen sollte, ist die Verteidigung. Wem es gelingt, den gegnerischen Schlägen auszuweichen, der kann mittels eines Punches zu einem mächtigen Konter ansetzten. Mehrere erfolgreiche Schläge können schließlich zum "Kampfrausch führen", wo das Geschehen für kurze Zeit in Zeitlupe dargestellt wird und man seinen Gegner mit knallharten Schlägen deftig zusetzen darf. Doch Obacht: Eure Gegner können ebenfalls in einen Kampfrausch verfallen. Sollte dieser Fall eintreten, heißt es - entweder gut decken, oder gekonnt zurückschlagen. Mit einer richtigen Aktion kann man dem Rausch des Kontrahenten nämlich schnell ein Ende bereiten. Wird man jedoch KO geschlagen, wechselt das Geschehen in die Ego-Perspektive, wo man mit Hilfe des Analogsticks das Gleichgewicht zurückerlangen muss. Leider ist die Steuerung dabei etwas unpräzise geraten, sodass die Stabilisierung des Öfteren mehr vom Zufall, als vom Können abhängt. Umso tragischer ist das natürlich, wenn man den Kampf eigentlich dominiert und nur wegen eines solchen dummen Fehlers verliert. In dieser Hinsicht wäre vielleicht ein anderes System besser gewesen.
Punch Out
Vor allem die gut aussehenden Spielermodelle fallen im Grafikbereich auf. Mit einer gesunden Portion an Polygonen ausgestattet, sehen sie ihren Filmvorbildern ziemlich ähnlich. Zudem verfügt jeder Charakter über ein spezielles Schadensmodell, welches unterschiedliche Verletzungen darstellen kann und das in Echtzeit! Trifft man beispielsweise mehrmals hintereinander die gleiche Stelle, färbt sie sich blutrot. Ebenfalls gut in das Bild fügen sich die zufrieden stellende Animationen, die nur selten hölzern oder abgehackt wirken, ein. Lediglich die durchschnittlichen Arenen, sowie die dazugehörigen Zuschauer können nicht ganz mit den Spielermodellen mithalten. Ebenso ausbaufähig sind die etwas zu lang geratenen Ladezeiten, auf die man vor jedem Kampf trifft. Der Sound überzeugt hingegen auf ganzer Linie. Angefangen bei dem grandiosen Rocky Thema bis hin zu den tollen Moderatoren, die zwar nur Englisch sprechen, das Geschehen aber authentisch und stimmungsreich rüberbringen. Das Einzige, was man vielleicht bemängeln könnte, wäre das etwas zu kleine Sprachrepertoire der Zuschauer außerhalb des Rings. Aber das fällt kaum auf.
FAZIT:
Mit Rocky Balboa ist es Ubi Soft gelungen, eine halbwegs vernünftige Filmumsetzung herzustellen. Die Grafik ist überdurchschnittlich gut und das Gameplay bietet dem Spieler jede Menge Freiheiten. Wer nichts gegen fiktive Boxer hat, sollte dem Spiel auf jeden Fall eine Chance geben. Rocky Fans können dagegen sogar getrost zugreifen. Einziger Wehrmutstropfen bleibt jedoch die Tatsache, dass es keinen wirklichen Karrieremodus gibt.
[ Review verfasst von Dimi ]
Pluspunkte:
- Gelungene Grafik
- Solides Gameplay
- Viele Filmsequenzen
Minuspunkte:
- Kein richtiger Storymodus
- Lange Ladezeiten
- Nerviges Countdown-Feature beim KO