In Rollenspielkreisen genießt die Suikoden Reihe von Konami ein hohes Ansehen. Persönlich habe ich mich allerdings immer gefragt: Wieso eigentlich? Gut, die verschiedenen Hintergrundgeschichten sind dank der bodenständigen Handlungen fesselnder, als die xte überzogene Japano-Fantasystory frei nach dem Motto: Unschuldiger kleiner Junge macht sich auf die Suche nach seiner verschleppten Freundin und rettet nebenbei noch die Welt. Auch die starke Konzentration auf strategische Elemente ist eine willkommene Abwechslung zum typischen RPG Alltag, aber alles andere? Das war schon 1995 veraltet und angestaubt und wirkt heutzutage erst recht nicht mehr zeitgemäß. Man könnte meinen, die Entwickler der Serie müssen seit Jahren in einer dunklen Höhle hausen, denn sonst hätten sie die Evolution des Genres mit Sicherheit mitbekommen. Was ich sonst noch so an dem fünften Suikoden Spiel auszusetzen habe, erfahrt ihr in unserem umfangreichen Review.
Der stumme Prinz
Wie bereits die Spiele zuvor, wartet auch Suikoden V mit einer interessanten und gut konstruierten Geschichte auf. Vorrangig geht es dabei um politische Konflikte zwischen Ländern und Parteien. Die Hauptfiguren geraten eher unfreiwillig zwischen die Fronten und dürfen die Sache ausbaden. So geschehen auch im fernen Königreich Falena, das schon seit Jahren von Königin Arshtat regiert wird. Dennoch sind die Probleme allgegenwärtig, denn zwei starke Parteien (die Godwins und die Barows) versuchen seit längerer Zeit Einfluss auf die Krone zu nehmen. Die mächtige Sonnenrune der Königin hält zwar das Gleichgewicht zwischen beiden Gruppen aufrecht, verstärkt aber auf der anderen Seite auch die Spannungen im Reich. Zwangsläufig kommt es wie es kommen muss, Verrat und Zwietracht spalten das Land und das Königshaus wird fast vollständig ausgelöscht.
Nach einem eher gemächlichen Start gewinnt die Handlung nach zirka zehn Stunden mächtig an Fahrt und man erlebt Tragödien, lernt neue Freunde kennen und deckt weitere Intrigen auf. Das ist insofern spannend, da wie bereits erwähnt, der ganze Hintergrund sehr detailliert ausgearbeitet wurde und die einzelnen Charaktere vergleichsweise viel Persönlichkeit besitzen. Leider kann man das vom Spieler, dem Prinzen von Falena, nicht behaupten. Der ist nicht nur stumm (wie alle anderen Suikoden Hauptcharaktere), sondern zieht auch „Frauenkleider“ an und (was noch viel schlimmer ist) besitzt überhaupt keine Persönlichkeit. Damit fällt eine Identifizierung reichlich schwer, da der Prinz in den zahlreichen Zwischensequenzen und Gesprächen bestenfalls blass und emotionslos rüberkommt. Wenn man bedenkt, dass er später Anführer einer großen Armee sein wird, fragt man sich zwangsläufig, wie diese charakterlose Figur so viele Menschen von seiner Sache überzeugen konnte.
For Victory
Das Gameplay des Spiels lässt sich in vier große Bereiche einteilen: Gespräche führen, Dungeons erkunden, Schlachten schlagen und Zweikämpfe meistern. Ich habe mich dazu entschlossen, die einzelnen Aspekte gesondert zu behandeln, da im Vergleich zu herkömmlichen Rollenspielen, die Zweikämpfe und Schlachten eine maßgebliche Rolle einnehmen und dementsprechend starken Einfluss auf das Gameplay bzw. die Spielbarkeit haben.
Gespräche führen
Ein serientypisches Highlight stellen die 108 „Stars of Destiny“ dar. Hinter jedem einzelnen Stern verbirgt sich ein spezieller Charakter, der euch im Laufe der Zeit begleiten kann. Die Betonung liegt dabei auf „kann“, da man die Helden nicht nur finden muss, sondern auch von seiner Sache überzeugen darf. Dies geschieht normalerweise durch das Erfüllen bestimmter Aufgaben / Bedingungen oder durch die richtigen Antworten in den passenden Gesprächen. Andernfalls lehnen die Recken jedoch ab und ihr könnt sie auch in Zukunft nicht mehr rekrutieren. Das mag vielleicht den Wiederspielwert erhöhen, ist aber zumindest beim ersten Durchspielen äußerst ärgerlich, da man mit Sicherheit ohne Lösungshilfe nicht alle Charaktere findet. Apropo, um die Helden überhaupt ausfindig zu machen, muss man mit fast jeder Person in den Städten quatschen und jedes Haus betreten. An sich kein Beinbruch, aber neben den unzähligen Ladepausen nervt auch die fehlende Möglichkeit zum Abbrechen der Gespräche. Somit muss man das langsam ablaufende Gelaber bis zum Ende ertragen. Da kann man noch froh sein, dass die Dialoge halbwegs ordentlich verfasst wurden und nur selten dämliche Aussetzer aufweisen.
Dungeons erkunden
Da es sich bei Suikoden trotz aller Schlachten noch immer um ein waschechtes Rollenspiel handelt, dürfen Dungeons und rundenbasierte Kämpfe natürlich nicht fehlen. Aber der Reihe nach: Zu allererst fällt das hässliche und umständlich zu bedienende Menü auf. So etwas konnte man vielleicht Mitte der Neunziger noch durchgehen lassen, aber mehr als zehn Jahre später ist diese erbärmliche Gestaltung und Bedienung unverzeihlich. Ohne die vom Computer gegebenen „Empfehlungen“, wäre ich zum Beispiel aufgeschmissen gewesen, weil das Ausrüsten der Helden so undurchsichtig ist und unbequem ausfällt, dass einem jeglicher Spaß daran vergeht. Aber nicht nur die Menüführung ist alles andere als zeitgemäß, auch das Kampfsystem weist einige Probleme auf. Zum Beispiel könnt ihr nur Items einsetzen, die ihr vorher auch einem Helden zugewiesen habt. Das ist jedoch äußerst unflexibel, da so Platz für wertvolle Amulette verloren geht. Oder ein anderes Beispiel: In den Dungeons lassen sich Karten nur dann finden, wenn euch ein spezieller Hilfscharakter, in eurer maximal acht Mann/Frau umfassenden Party, begleitet. Andernfalls heißt es umherirren und Feinde besiegen bzw. vor denen weglaufen, bis man den Ausgang findet. Nicht gerade erbaulich. Immerhin (und das ist eine Verbesserung gegenüber Teil 4) wirken sich jetzt Formationen auf die Kampfbedingungen aus. Dadurch lassen sich mit unterschiedlichen Aufstellungen verschiedene Boni (Zum Beispiel: +5 Angriff) abfassen. Das verhindert jedoch nicht, dass ihr auch bei kleineren Gegnern schnell in die Zwickmühle geraten könnt, da unter anderem die Reihenfolge, mit der Freunde und Feinde angreifen, weder sichtbar, noch beeinflussbar ist. Außerdem nervt die hohe Encounter-Rate, die euch alle zwei Meter auf ein Monster treffen lässt. Ein weiterer Minuspunkt findet sich beim Fehlen von jeglichen Annehmlichkeiten, wie das Auffüllen von Lebenspunkten bei Stufenaufstieg, oder das Wiederherstellen der Gesundheit bei einem Speicherpunkt. Wenn man schon ein Spiel so „old-schoolig“ gestaltet, sollte man wenigstens die Charaktere per Hand aufleveln können. Doch das übernimmt komplett der Computer – Spezialisten ausbilden, ist genauso unmöglich, wie ein Wechseln der Waffen. Dafür kann man jedoch Runen montieren, die der jeweiligen Person magische Kräfte spendieren. Ihr seht, mit Evolution im Genre hat das alles hier wenig zu tun. Da verwundert es kaum, dass selbst das Reisen auf der einfachen Oberweltkarte zur Geduldsprobe wird. Schließlich gilt auch hier, ohne Spezialcharakter keine detaillierte Karte, was die Navigation in dem zerklüfteten Reich ziemlich erschweren kann. Man darf zwar später per Teleportation an vorher bereits besuchte Orte reisen, aber auch hier muss man mit Einschränkungen rechnen, da man beispielsweise nicht direkt in Dungeons hinein oder hinaus zaubern kann. Ärgerlich ist zudem noch der unbeständige Schwierigkeitsgrad, der euch anfangs ohne Probleme durch das Spiel gehen lässt, bis ihr auf einen Zwischengegner trefft, der ohne extremes Aufleveln nicht zu besiegen ist. Nach zwanzig Spielstunden wirkt das etwas merkwürdig…
Schlachten schlagen
Den definitiv miesesten Part bei Suikoden V stellen die Echtzeitscharmützel dar. Richtig gehört, während die normalen Kämpfe Runde für Runde ablaufen, darf man in den Gefechten in Echtzeit agieren. Was für ein Stilbruch! Das Prinzip ist übrigens äußerst simpel gehalten und gleicht dem bekannten Stein – Schere – Papier Prinzip. Bestimmte Einheiten können nur spezielle Einheiten stark verletzen und beziehen wiederum nur von einzelnen Kämpfern Schaden. In der Theorie hört sich das zwar noch ganz gut an, da man dadurch gezwungen wird, taktisch vorzugehen (immerhin ist man oft in der Unterzahl), aber in der Praxis spielt es sich einfach nur schlecht. Das liegt unter anderem daran, dass die Kämpfe alle in einem kleinen Radius stattfinden und dadurch regelrechte Kettenreaktionen ausgelöst werden können. Manchmal kommt es zum Beispiel vor, dass zehn Gefechte nacheinander abgespielt werden (die eigentlichen Schlachten laufen nur als Videosequenz ab), bevor ihr selbst wieder etwas unternehmen könnt. Die grottige KI des Gegners hilft dabei wenig, denn wenn eine feindliche Einheit von euch aufgerieben wird, kann es durchaus passieren, dass sie in eure Richtung flüchtet - nur dummerweise in eine Einheit hinein, die besonders anfällig gegen diesen Feind ist. Man sollte deswegen schnell lernen, wie man seine Truppen mit Spezialcharakteren vernünftig ausstattet und die dazugehörigen Manöver und Runen geschickt einsetzt, um die eigenen Verluste so gering wie möglich zu halten. Schaffbar sind die Schlachten aber allemal, nur nervt es eben, wenn man verliert, ohne dass man letztendlich etwas dagegen unternehmen konnte. Denn wie bereits erwähnt, die Kämpfe können schnell außer Kontrolle geraten. Übrigens: Besonders hässlich wirken die Karten, auf denen die Gefechte stattfinden. Es sieht so aus, als ob ein kleines Bildchen riesengroß aufgeblasen wurde, um anschließend als Hintergrundbild im Spiel Verwendung zu finden. Details sind fast keine auszumachen und die Umgebungen wirken extrem unscharf und pixelig.
Zweikämpfe meistern
Ähnlich wie die Schlachten laufen auch die Zweikämpfe ab. Das „Stein – Schere – Papier System wird hier auf Angriff – Abwehr – Spezial übertragen. Vor jeder Aktion lässt der Gegner einen flotten Spruch ab, der euch suggerieren soll, was er als Nächstes vorhat. Schwingt er beispielsweise große Sprüche, könnt ihr von einer Spezialattacke ausgehen. Dann solltet ihr schnell eure Auswahl treffen. Habt ihr den richtigen Konter erwischt, wird eine Echtzeitanimation abgespielt und der Gegner steckt Prügel gewaltig ein. Ab und an ist es allerdings schwer abzuschätzen, was die jeweilige Aussage bedeutet, dann heißt es ausprobieren. Das ist jedoch nicht weiter tragisch, da auch der Prinz einige Treffer einstecken kann. Trotz des einfachen Prinzips, sind diese Duelle eine willkommene Abwechslung zum Spielgeschehen.
32bit Technologie
Richtig enttäuscht war ich von der Grafik. Nicht, dass Suikoden Spiele überhaupt jemals für ihre herausragende Technik berühmt waren, aber wenigstens ein paar hübsche 3D Umgebungen hätte man heutzutage erwarten können. Aber nichts da, die Oberweltkarte ist äußerst einfach gehalten und wirkt auch relativ trist. Die Dungeons und Stadtlevels werden dagegen in einer festen isometrischen Ansicht dargestellt, lassen aber nur den Wunsch nach gerenderten Hintergrundgrafiken aufkommen und die Kampfsequenzen wirken so antiquiert, wie schon im vierten Teil. Das Schlimmste sind jedoch die permanenten Ladepausen. Jeder Kampf, jede Zwischensequenz, sogar fast jeder Bildschirm muss extra geladen werden und das für diese hoffnungslos veraltete Grafik! Aber nicht nur die Technik lässt zu wünschen übrig, sondern auch das visuelle Design. Nur die zahlreichen Charaktere (bis auf den Prinzen) sehen manierlich aus, das Monsterdesign gewinnt dagegen definitiv keinen Blumentopf. Riesengemüse, Hasen mit Äxten, Wollknäuel – uninspiriert ist da noch untertrieben. Selbst die Schlachten (laufen ja alle in 2D ab) werden lediglich mit Videos unterlegt, welche selbst auf der PS1 nur durchschnittlich ausgesehen hätten. Lediglich in den Zwischensequenzen trumpft das Spiel mit gut animierten Figuren auf, denn im Gegensatz zu vielen anderen Spielen, stehen die Protagonisten bei Suikoden V nicht nur stocksteif in der Gegend herum, sondern bewegen und verhalten sich äußerst natürlich (insbesondere die Gesichtsmimik sieht hervorragend aus). Zum Glück gibt es beim Sound weit weniger auszusetzen. Zwar wird kein Dolby Pro Logic II geboten, aber die englische Sprachausgabe kann sich dennoch hören lassen. Die Sprecher machen zum Großteil ihre Sache recht gut und unterstützen damit die Atmosphäre beträchtlich. Eine Klasse für sich ist hingegen der geniale Soundtrack, der nur ein paar kleine Aussetzer aufweist, ansonsten aber dank der tollen Instrumentierung jederzeit sehr gut ins Ohr geht und das Geschehen fast immer passend untermalt.
Deutsche Version
Die PAL Version von Suikoden V bietet eine 50/60 Hz Option. Während ihr das Spiel im 60Hz Modus in Originalgeschwindigkeit und ohne PAL Balken genießen könnt, macht sich im 50Hz Modus (keine Balken) ein auffälliger Geschwindigkeitsverlust bemerkbar. Die Sprachausgabe des Spieles ist in Englisch gehalten, aber die Untertitel wurden komplett ins Deutsche übertragen. Die Übersetzung ist im Großen und Ganzen gelungen, aber es haben sich reichlich Rechtschreibfehler und Schlamperein eingeschlichen. So wird manchmal aus der Festung Hatred, plötzlich die Festung Hass, oder es wird ein förmliches „Sie“ anstelle des „Du“ verwendet. Trotzdem denke ich, dass man mit der deutschen Version noch zufrieden sein kann, da die Untertitel in erster Linie das Gesprochene gut wiedergeben, sich flüssig lesen und nicht sonderlich holprig übersetzt wirken.
FAZIT:
Altbacken – das trifft es am Besten. Es ist schon irgendwie beängstigend, wenn 2006 ein Rollenspiel veröffentlicht wird, dass im Prinzip genauso gut vor zehn Jahren hätte erscheinen können. Und zwar in der gleichen spielerischen wie technischen „Qualität“. Wäre nicht die sehr gute Hintergrundgeschichte und die lange Spielzeit, würde meine Wertung für das Spiel noch weitaus niedriger ausfallen. Fans der ersten beiden Titel werden zwar sichtlich Spaß am fünften Suikoden haben (immerhin hat sich das Spiel ja im Grunde nicht verändert), aber allen anderen Rollenspielfreunden stelle ich ernsthaft die Frage, ob sie sich ein absolut veraltetes RPG heutzutage überhaupt noch antun möchten. Ich jedenfalls nicht mehr…
[ Review verfasst von .ram ]
Pluspunkte:
Umfangreich
Spannende Geschichte
108 Spielcharaktere
Minuspunkte: