Ghost Recon, Splinter Cell, Rainbow Six - der Name Tom Clancy ist vom heutigen Videospielemarkt einfach nicht mehr wegzudenken. Seit mehreren Jahren versorgt uns nun Ubisoft regelmäßig mit neuen Spielen, die den hochkarätigen Namen des erfolgreichen Thriller-Autors tragen. Dass die gebotenen Erlebnisse dabei nicht immer so hochwertig sind, wie die Bücher, hat uns die Vergangenheit mehrmals bewiesen. Im neuesten Rainbow Six Ableger schließt ihr euch der Truppe von Ding Chavez an, seines Zeichens Leiter der berühmten Anti-Terror Spezialeinheit Rainbow Six und müsst die Welt (wieder einmal) von bösen Terroristen befreien.
Action statt Taktik
Terroristen der Globalen Befreiungsfront; Bedrohung der gesamten Menschheit durch eine gestohlene Biowaffe; die Rainbows Six Spezialeinheit muss ran. Soviel zur Hintergrundgeschichte, die ebenso dünn ist, wie sie affig wirkt. Selbst ein Tom Clancy kann so etwas abgedroschenes nicht verzapfen. Nie im Leben! Mit diesem Hintergrund schickt man euch jedenfalls quer über den Globus, um eine gestohlene Biowaffe von den unberechenbaren Terroristen zurückzuholen. Aufgehalten durch kleine Renderschnipsel und kurzen, nahezu nutzlosen Briefings hastet man von Mission zu Mission. Diese bestehen oftmals aus mehreren Teilabschnitten und nötigen den Spieler selbstverständlich mit zusätzlichen Ladezeiten. Besonders viel Mühe hat man sich aber bei der Gestaltung der Missionen sowieso nicht gemacht. Linearer Durchmarsch dank blockierter Wege, wenige Details, sowie jede Menge nicht zu öffnender Türen schmälern die taktischen Möglichkeiten erheblich. Kombiniert wird das seichte Gameplay dafür mit einem erstaunlich einfach zu handhabenden Interface. Wem die klassischen Taktik-Shooter mit ihren überladenen Steuerungen zu komplex erscheinen, der dürfte mit dieser simplifizierten Steuerung recht schnell klarkommen. Neben „Räumen“ mit seinen drei Varianten, „Granaten“ sowie „Folgen“, „Halt“ und „Vorrücken“, werden alle anderen Befehle interaktiv eingeblendet, sobald ihr euch vor entsprechenden Hindernissen und Gegenständen postiert. Dadurch klappt die Befehlsgewalt über eure drei Spezialisten recht solide, auch wenn ich mir stellenweise einfach ein paar mehr Möglichkeiten gewünscht hätte. Bis auf „Spähen“ kann man zum Beispiel niemals mehr als einen Soldaten per Befehl ins Feld schicken. Formationen, um den Spieler zu decken, oder kurz bevor man in Räume hineinstürmt, nehmen die drei computergesteuerten Kameraden selbständig und bis auf ein paar wenige Ausnahmen auch zügig ein. Standardmäßig folgen sie euch auf Schritt und Tritt und eröffnen sofort das Feuer, sobald auch nur die Nasenspitze eines Terroristen erscheint - ein Schuss, ein Treffer. Ganz so erfolgreich geht es jedoch nicht immer zu. Fehlgeleitetes Dauerfeuer und völlig falsche Meldungen treten mit einer hartnäckigen Regelmäßigkeit auf, sodass man nicht von einer überzeugenden Künstlichen Intelligenz (KI) sprechen kann. An Hand eines Beispiels, will ich euch die Macken der KI einmal demonstrieren: Rainbow XY wird von mir zur nächsten Ecke geschickt, um zu schauen, ob der weitere Weg sauber ist. "Alles klar!", bekomme ich als Antwort und springe um die Ecke, nur um dann vor drei Terroristen zu stehen. Unter "Alles klar!" verstehe ich etwas anderes!
Allerdings bleiben auch die Feinde nicht von der unterdurchschnittlichen KI verschont. Selbst auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad sind keine großen taktischen Raffinessen und Winkelzüge von Nöten. Gefallene Kameraden zählen übrigens schlichtweg unter einkalkulierte Verluste, weswegen sich die Missionen auch mit drei gefallenen Rainbows erfolgreich beenden lassen. Nicht einmal die Punktewertung, für die ihr Waffen, Charaktere und Artworks erwerben dürft, wird davon beeinflusst. Als besonderes Feature gibt es auch noch Cheatcodes käuflich (im Spiel) zu erwerben, die zwar etwas teurer sind, eure Fähigkeiten aber auf Maximalwerte heben können. So ist es auch nicht verwunderlich, dass man in jeder Mission drei Busladungen Terroristen ins Jenseits verfrachten muss und automatisch – siehe linearer Levelablauf – jegliche Missionsziele erfüllt. Dass da vom Spieler nicht allzu viel gefordert wird, dürfte niemanden überraschen. Lediglich die gescripteten Sniperpassagen, bei denen ihr euer Team auf freien Flächen mit Feuerschutz versorgen müsst, stellen den Spieler vor Herausforderungen. Die bereits erwähnte riesige Anzahl an Gegnern wird in diesen Abschnitten glücklicherweise auf die Hälfte dezimiert. Praktisch als Stilmittel anzusehen, ist die Brillenoptik des Bildschirms, die entsprechend dem gesundheitlichen Zustand von Ding und seinen Leuten mehr oder weniger lädiert daherkommt und euren Sichtbereich noch weiter einschränkt, als es normal schon der Fall ist.
ABS und ESP
Nicht nur moderne PKW haben diverse elektronische Helferlein mit an Bord, sondern auch die Spezialisten des Rainbow Six Teams. Im Vergleich zu den Autos ist deren Anzahl zwar begrenzter, aber hilfreich sind sie allemal, wenn nicht sogar erforderlich, um eine Mission erfolgreich abzuschließen. Die Rede ist von der Gegnermarkierung und der Zielhilfe. Üblicherweise steht gerade letzteres in Mehrspielerpartien nicht zur Verfügung. Hier haben die Entwickler allerdings eine großzügige Ausnahme gemacht und die Zielhilfe zumindest für die kooperativen Missionen beibehalten. Trotzdem kann man über diese Hilfe geteilter Meinung sein. Zwar erleichtert sie auf der einen Seite das Zielen, auf der anderen Seite kommt es jedoch immer wieder zu unrealistischen Aussetzern. So sitze ich zum Beispiel neben einer offenen Tür, gerade soweit weg, dass der Gegner mich nicht treffen kann. Er sieht mich also nicht und ich sehe ihn nicht, meine Autoaim Funktion stört das aber nur wenig, denn erfasst hat sie den bösen Buben schon lange. Das kann ja nun auch nicht sein. Als wirklich sinnvoll ist jedoch die Gegnermarkierung einzustufen, ohne die man vor den vielmals dunklen Hintergründen einfach keinen Gegner erkennen kann, geschweige denn ohne Zielhilfe auch trifft. Ebenso zum Standard des Genres gehört eine eingeblendete Anzeige, von welcher Seite ihr unter Feuer genommen werden. Zum Leidwesen des Spielers ist man auf diese Anzeige allerdings recht häufig angewiesen, da immer wieder Terroristen aus bereits bereinigten Gängen zuströmen. Wie realistisch...
Multiplayer Madness
Sind euch die Einzelspielermissionen zu dröge, so könnt ihr euer Glück auch noch im LAN Modus, oder im Online-Modus (für bis zu 16 Spieler) versuchen. Während in den meisten Fällen, dem Multiplayeraspekt nicht die nötige Aufmerksamkeit gewidmet wird, scheint Ubisoft aus früheren Fehlern gelernt zu haben. Rainbow Six: Lockdown bietet nämlich in der Tat einen äußerst brauchbaren Onlinemodus. Im Detail sieht das folgendermaßen aus: Von fünf verschiedenen Spielmodi stehen zwei für jeweils vier Spieler im Koop Modus zur Verfügung, bei denen unter anderem auf die Einzelspielermissionen zurückgegriffen wird. Neben anderen Modi wie Rivalität und Bergung, hat man das klassische Team-Deathmatch allerdings auch nicht vergessen. Erstaunlicherweise bietet das Deatmatch die größte Auswahl an Karten, wenn man die 16 Missionen der Koop-Modi nicht mit einrechnet. Technisch sehen diese Levels ein klein wenig besser aus, als ich anfangs erwartet habe. Die Grafik läuft stets flüssig und stabil. Von regelmäßig auftretenden Lags bleibt man aber auch in „Lockdown“ nicht verschont. Neben der heute schon obligatorischen Unterstützung für das Headset, fällt besonders die recht einfache Steuerung positiv auf. Zu meinem Leidwesen muss ich aber zugeben, dass zum Zeitpunkt des Online-Tests nur sehr wenige Spieler aktiv waren und ich gar keine Chance hatte, alle Spielmodi ausführlich zu testen.
Solide Technik...
...trifft es am besten - mehr sollte man bei „Lockdown“ auch nicht erwarten. Die Grafik ist lediglich zweckmäßig und könnte mehr Details vertragen. Objekte zur Deckung, oder einfach nur kleine Gegenstände, welche die Atmosphäre unterstützen würden, sucht man vergebens. Tristesse ist Programm! Wechselnde Umgebungen mit anderen Texturen, ordentliche Ausleuchtung und eine brauchbare Levelarchitektur können diese Probleme nicht wettmachen. Im Gegenzug gibt es wenigstens eine ausreichend stabile Framerate, die nicht gleich bei drei Gegnern auf dem Bildschirm in die Knie geht. Warum man dafür aber gleich auf hübsche Effekte verzichten musste, bleibt mir ein Rätsel. Schlichter Rauch, enge Explosionsradien, minimale Feuereffekte und beinahe keinerlei zerstörbare Objekte bestimmen das Bild. Als zeitgemäß bezeichne ich das nicht, schließlich hat Splinter Cell 3 vor Monaten schon erheblich bessere Grafiken auf den Schirm gezaubert. Während des Spielgeschehens hält sich die Musik dezent im Hintergrund, nur um in den Menüs ordentlich aufzudrehen. In Verbindung mit den durchschnittlichen Soundeffekten, ist das definitiv keine Meisterleistung, aber immer noch ausreichend, um nicht negativ aufzufallen. Was ich allerdings immer wieder bemängeln muss und was man bei Ubisoft immer noch nicht in den Griff bekommen hat, ist die Menüführung. Unübersichtlich, verschachtelt und aus so vielen Screens bestehend, dass die Ladezeiten wieder unendlich viel Geduld erfordern, sind einfach nicht zeitgemäß.
FAZIT:
Irgendwie fällt es mir schwer bei Tom Clancy Spielen in frenetischen Jubel zu verfallen. Das liegt ganz einfach daran, dass die letzten Spiele auf der PS2, von Splinter Cell 3 mal abgesehen, alle nicht das Gelbe vom Ei waren. Rainbow Six: Lockdown schlägt in die gleiche Kerbe und bietet solide Durchschnittskost ohne sonderlich großen taktischen Anspruch oder Tiefgang. Für eine sehr gute Bewertung reicht das einfach nicht. Immerhin bereitet der Online-Modus einige Freude, wenn man denn genügend Mitspieler findet. Wenn nicht, kann man zwar noch auf den LAN Modus zurückgreifen, aber auch da sollte es schwer werden, sechzehn Spieler zusammenzubekommen.
[ Review verfasst von Justicer ]
Pluspunkte:
Minuspunkte:
Zu lange Ladezeiten
Wenig taktisches Agieren
Strunzdumme KI