Vielleicht erinnert sich noch jemand an meinen Test zur „Sonic Mega Collection“? Dort hatte ich mich noch beschwert das Sonic’s Auftritte auf dem Mega CD, dem Saturn und aus der Spielhalle nicht mit draufgepackt wurden. Tja, entweder Sega hat meinen Test gelesen und daraufhin Sonic CD (Mega CD), Sonic R (Saturn) und Sonic the Fighters (Arcade) auf einer neuen Collection veröffentlicht, oder man wollte nur den Gewinn maximieren, in dem man die Fans zweimal abkassiert. Ich tippe da eher auf letzteres, zumal es wieder einige Spiele aus dem Sonic Universum nicht auf diese Sammlung geschafft haben. Man will sich wohl noch ein paar Titel für eine geplante dritte Spielsammlung aufheben, doch dazu später mehr.
Back to the future
Zuerst sei gesagt, dass auf dieser Collection viele relativ untypische Sonic Spiele vertreten sind. So ist Sonic den meisten sicherlich nur als rasend schnelles Action Jump & Run ein Begriff, doch hier trifft das nur auf drei der neun enthaltenen Spiele zu. Fangen wir gleich mit dem Highlight der Sammlung an! Sonic CD. Was hab ich mich nach dem Spiel gesehnt, ist es doch eines der besten Sonic Spiele überhaupt und bot gegenüber den anderen 2D Sonic’s viele Neuerungen und Änderungen. Zum einen gab es hier die ersten Auftritte von Sonic’s Metal Clone, der süßen Amy und Sonic in Miniaturform. Zum anderen gab es ein wirklich cooles Zeitreisefeature, welches auch recht gut ins Spielgeschehen integriert wurde. So sind etliche Schilder in den Levels verteilt, die man einfach überrennen muss. Dann sollte man nur noch ein bisschen beschleunigen und schon reist unser Igel im Affenzahn und mit schönem Effekt entweder in die Zukunft oder in die Vergangenheit („Zurück in die Zukunft“ lässt grüßen). Dadurch ändert sich auch das Leveldesign entweder zu einem coolen, stählernen Techno-Outfit oder zu einem der bekannten bunten Wiesenlevels. Es gibt also viel zu erkunden, doch keine Angst, man kann auch weiterhin einfach nur blitzschnell durch die grafisch sehr schönen Levels brausen! Apropos Techno...leider hat sich Sega hier einen ziemlichen Schnitzer erlaubt. Boten die japanischen und die europäischen Sonic CD Versionen einen für Sonic zwar ungewohnten, aber dennoch passenden Techno-Soundtrack, wich dieser in der US Versionen gemächlicheren und aus anderen Sonic Spielen bekannten Melodien. Ärgerlicherweise hat SEGA nun die amerikanische Variante auf die europäische Version der Sonic Gems Collection gepackt. Das gleiche gilt übrigens auch für das Titellied, das im wirklich coolen Intro (kein Vergleich zu den miserablen Zeichentrickversuchen unseres geliebten Igels) erklingt. Doch zum Glück ist auch der US Introsong „Sonic Boom“ ein ziemlicher Ohrwurm und zeigte schon damals, was uns noch in Sonic R und den Sonic Adventure Spielen erwarten würde. Im Gegensatz zum Sound ist dafür die Grafik wirklich erste Sahne und lässt die Mega Drive Titel ziemlich alt aussehen. Die Optik ist herrlich bunt, abwechslungsreich und wird ohne Ruckeleinlagen pfeilschnell dargestellt, auch mehrfaches Parallaxscrolling, detaillierte Hintergründe und ab und an mal einen genialen 3D Effekt gibt es zusehen. Die Bonusrunden sind zudem auch wieder in 3D gehalten und erinnern stark an F-Zero.
Let’s get ready to rumble!
Kommen wir nun zum zweiten augenscheinlichen Schmankerl. Sonic the Fighters - das sich jedoch ziemlich schnell als ödes Prügelspielchen entpuppt. Ohne wirkliche Dynamik hämmert man auf den Knöpfen herum und versucht irgendwelche Combos zu starten. Leider wird aufgrund der trägen und ungenauen Steuerung dieses Vorhaben einem nicht sonderlich leicht gemacht und letztendlich bleibt man einfach bei einem Hämmern auf den Schlag bzw. Trittknöpfen. Grafisch ist das 3D Beat`em Up, welches auf der berühmten Model 2 Arcadehardware lief, immer noch ziemlich ansehnlich und bietet gewohntes Sonic Flair. Die Charaktere sind für damalige Verhältnisse recht gut gestaltet und es gibt einige hübsche Effekte wie z.B. ein Kampf in einer Eishöhle samt Spiegeleffekt auf dem Boden oder eine Stage auf einem fliegenden Teppich mit schönen Blick auf die Pyramiden.
Everybody's SuperSonic Racing, Come on let the fires burn
Das dritte Hauptspiel im Bunde, Sonic R, konnte schon damals auf dem Sega Saturn spielerisch nicht wirklich begeistern. Handelte es sich dabei doch nur um einen plumpen Mario Kart Clone mit zugegebenermaßen wunderschöner Grafik (besonders der Aztekenlevel schaut einfach nur genial aus), echten Transparenzeffekten (Seltenheit auf dem Saturn) und einem wirklich coolen Soundtrack, mit eigens komponierten Vocal Songs, die allesamt Ohrwurmcharakter hatten. Aber was nützt die tolle Präsentation, wenn die Steuerung mies ist und die Kurse chaotisch konzipiert sind? Überhaupt nichts! Das Streckendesign war und ist ein Graus und man verliert schnell den Durchblick. Wohin man eigentlich genau muss bzw. wo man sich denn gerade befindet, ist oftmals nur zu erahnen. Die eingeblendete Karte wurde zudem soweit unten in die Ecke geklatscht, dass man sie hätte auch gleich weglassen können. Dabei war die Idee mit den frei erkundbaren Kursen eigentlich gar nicht so dumm, da man einige Abkürzungen auch nur mit einer bestimmten Anzahl an Ringen passieren konnte. Grafisch bot der Titel, wie bereits erwähnt, jedoch ziemlich viel. Der Saturn konnte hier endlich mal zeigen, was er auf dem Kasten hat. Man bekommt hübsch modellierte Charaktere und bunte Landschaften zu sehen - das Pop Up haben die Entwickler dagegen mit praktischen Transparenzeffekten kaschiert. Zudem sind die Kurse von der Aufmachung her, wirklich alle unterschiedlich und nehmen jedes Sonic Level Thema auf. Letztendlich aber war und ist Sonic R ziemlicher Gameplay Müll und wenn man es genau betrachtet, eigentlich nichts anderes als eine wunderschöne Technikdemo.
Was gibt es sonst noch?
Der Rest ist gelinde gesagt überflüssig. OK, die beiden Spielchen „Tails Adventure“ und „Tails Skypatrol“ könnten vielleicht öfters einmal gestartet werden, die anderen vier Spiele, der Jump & Run Klassiker „Sonic the Hedgehog 2“, der Flipperspaß „Sonic Spinball“ (zumal es schon den Mega Drive Teil bei der ersten Sonic Sammlung gab), der Jump & Run Höhepunkt auf dem Game Gear „Sonic the Hedgehog Triple Trouble“ (grafisch ziemlich ansprechend, aber die Steuerung und Ruckeleinlagen nerven) und der Mario Kart Clone „Sonic Drift 2“ (Steuerung und Streckendesign sind genauso mies wie beim Vorgänger, welcher ebenfalls in der ersten Sonic Sammlung enthalten war) reisen keinen mehr vom Hocker und selbst Retrofans wenden sich wegen der ungenauen und trägen Steuerung schnell wieder ab. In „Tails Adventure“ steuert man Sonic’s Helfer durch grafisch coole Levels und muss diverse Rätsel lösen. Dabei verschiebt man entweder diverse Gegenstände oder entledigt sich Mauern, Gegnern und anderen Hindernissen mit Bomben. Das Spiel ist relativ gemächlich und ruhig geraten, was mich ziemlich angesprochen hat. Fliegen kann unser kleiner Freund natürlich auch wieder, wenn auch nicht wirklich lange. Einen gewissen Charme kann ich dem Titel auch heute nicht absprechen. Ähnlich verhält es sich mit dem kniffligen „Tails Skypatrol“. Hier befindet sich Tails ständig in der Luft und darf nicht landen. Ziel ist es nämlich, ohne irgendwo anzuecken, bis zum Levelende zu gelangen. Mitunter kann das ganz schön schwer werden, da erstens unserem Fuchs mit der Zeit die Luft ausgeht und zweitens jede Menge Hindernisse auf ihn warten. Als Hilfe wurde ihm gerade mal ein goldener Ring zugestanden, mit dem er sich an einigen Sachen festhalten kann, oder ganz einfach kurzeitig ziehen lässt, um Kraft zu sparen. Leider artet das Spielgeschehen später dank der etwas trägen Steuerung in ziemlichen Frust aus.
Versteckt gehalten
Natürlich befinden sich auch wieder einige Boni auf der DVD. Das Highlight stellen ganz klar die beiden Vectorman Spiele (Teil 1 schaltet man mit einem Spielstand von der „Sonic Mega Collection“ frei, oder man muss gegebenenfalls ein paar Stunden zocken), welche mich wirklich noch heute begeistern können. Vectorman kann man am ehesten mit der Contra/Probotector Serie vergleichen, nur das man sich noch eine Prise Earthworm Jim dazu denken muss. So läuft man mit dicker Wumme durch die Levels und pulverisiert diverse böse Roboter und kleine Mechs. Am Levelende wartet dann der obligatorische Obermotz auf seine Abreibung! Soviel zu den Contra Anleihen, wenden wir uns jetzt den Earthworm Jim Inspirationen zu. Wie das Shiny Spiel nimmt auch Vectorman sich nicht ganz ernst und bietet dem Spieler öfters mal die Gelegenheit zum Schmunzeln. Auch die Pausenanimationen warten mit einigen lustigen Überraschungen auf den Spieler. Neben der ziemlich offenen Levelarchitektur (so gibt es meist mehrere Ausgänge) bot Vectorman damals zudem auch eine fabelhafte Grafik! Noch heute kommt man ins Staunen angesichts der tollen Wolken-/Gegner-/Hintergrundanimation und des smoothen Scrollings. Dazu kommt noch ein cooler Technosoundtrack, welcher glasklar aus den Boxen dröhnt und einige schicke 3D Levels, die zur Abwechslung viel beitragen. Wer auf schmucke und knallharte Action mit dicken Endbossen und genialem Leveldesign steht, für den sind die beiden Vectorman Spiele auch heutzutage noch Pflicht und einer der Gründe, die für die Sonic Gems Collection sprechen. Ich zumindest habe mit dem ersten Vectorman (Teil zwei kommt nicht ganz an die Klasse des Vorgängers heran) mehr Zeit verbracht, als mit den eigentlichen Sonic Spielen.
CUT
Leider hat man die europäische DVD bei den versteckten Spielen um einiges gegenüber der japanischen Version erleichtert. So dürfen sich unsere japanischen Zocker zusätzlich durch alle drei Streets of Rage Teile prügeln und sich am kurzweiligen Action Mix Bonanza Bros. erfreuen. Der Verlust von Bonanza Bros. schmerzt zwar nicht wirklich, aber das man einfach so die Streets of Rage Spiele entfernt hat, um eine niedrigere Altersfreigabe zu bekommen, ist mehr als schade. Wie eingangs schon erwähnt, fehlen immer noch ein paar Games aus dem Sonic Universum. Prominentestes Spiel wäre hier Chaotix, welches nur auf Sega’s gefloppten 32X erschien und mit Knuckles als Hauptfigur aufwartete. Von Sonic Pocket Adventure, welches auf SNK’s Neo Geo Pocket Color lief, fehlt auch jede Spur. Vielleicht gibt es ja bald Teil 3 der Sammlung, wo dann die Dreamcast und GBA Spiele umgesetzt werden. Als Schmankerl wünsch ich mir dann noch das eingestampfte Sonic Xtreme, welches ursprünglich auf dem Saturn erscheinen sollte. Ansonsten gibt es noch massig Artworks und Trailer zum Freispielen, wobei sich hier Sega ein Herz gefasst hat und das System änderte. Musste man nämlich noch bei der „Mega Collection“ alle Spiele um die 30-40x Spielen, reicht es nun einfach aus, irgend ein Spiel ein paar Stunden zu zocken und man kann die Gimmicks nach und nach im Menü anwählen.
Und die Technik?
Die schwankt leider etwas von Spiel zu Spiel. Während alle Game Gear Spiele mit einer schwammigen und ungenauen Steuerung zu kämpfen haben, lassen sich Sonic CD, Sonic The Fighters und die Vectorman Titel tadellos zocken. Sonic R wiederum spielt sich genauso wie auf dem Saturn, sprich genauso lahmarschig und schwammig. Ein Ruckeln gibt es nur bei einigen Game Gear Titeln zu beanstanden, wobei dieses schon auf dem Game Gear der Fall war und nicht an der Umsetzung liegt. Leider sind mir noch die Ladezeiten etwas negativ aufgefallen, denn diese empfinde ich teilweise als zu lang für solche Spiele. Die Präsentation hält sich zudem ziemlich an den Vorgänger und steht somit auch wieder hinter der Saturn Collection „Sonic Jam“ zurück.
FAZIT:
Sonic im Ausverkauf möchte man meine, wenn man sich die neue Sammlung anschaut. Denn bis auf drei Spiele benötigt man die restlichen Titel eigentlich nicht wirklich. Von den drei Spielen, haben zudem zwei noch nicht einmal etwas mit typischen Sonic Gameplay zu tun. Sonic CD ist aber auch heute noch mehr als eine Runde wert und weiß mit seinem coolen Zeitreisefeature lange Zeit zu begeistern. Dagegen fallen Sonic R, welches schon auf dem Saturn recht durchschnittlich war und Sonic the Fighters, als netter Prügler ohne Spieltiefe, richtig ab. Bei den sechs Game Gear Spielen können auch nur die beiden Tail’s Spiele etwas Spielspaß verbreiten. Klare Hits der Compilation sind dagegen die beiden Vectorman Titel, welche ausgezeichnete Action mit toller 2D Grafik und herrlichem Techno- Soundtrack bieten. Letztendlich kann ich die „Sonic Gems Collection“ keinem so recht ans Herz legen und rate deshalb lieber zur „Sonic Mega Collection“ für den Einstieg ins Sonic Universum. Schade ist es trotzdem um die Hitspiele Sonic CD und die beiden Vectorman Titel. Sega hätte die drei Spiele einfach auf die erste Collection packen sollen, dann wären alle glücklich. Aber wer hätte dann noch die „Sonic Gems Collection“ gekauft?
[ Review verfasst von Shagy ]
Pluspunkte:
Minuspunkte:
-
Streets of Rage nicht mehr mit dabei
-
Aufmachung könnte besser sein
-
Zu viele Game Gear Spiele