In den 50'er Jahren hat sich Hollywood so manche Gedanken darüber gemacht, wie es denn um unsere intergalaktischen Nachbarn bestellt ist. Unzählige Filme, mitunter zweifelhafter Qualität, wurden abgedreht, die allesamt außerplanetare Besucher als Gemeinsamkeit vorweisen konnten. Auch die Mannen bei Pandemic müssen (zu)viele dieser Filme geschaut haben, da ihr neuestes Spiel unübersehbar an die Machwerke dieser Epoche angelehnt ist: Schlechtgelaunte, zerstörerische Aliens landen auf der Erde und bedrohen die Menschheit. Etwa analog zu Roswell beginnt auch diese Geschichte. Auf der Suche nach einem Planeten mit reiner DNS stoßen die Furons auf die Erde und sofort wird ein Ein-Mann-Invasionsraumschiff losgeschickt. Unglücklicherweise wird dieses durch einen Raketentest der Menschen abgeschossen, was die an sich schon schlechte Laune der Furons noch mehr verschlimmert. Ein neuer Klon, Cryptosporidium 136 wird losgeschickt, um Cryptosporidium 135 ausfindig zu machen und die Invasion der Erde durchzuführen.
Planet der Kühe
Eure Aufgabe ist es nun, in die Rolle von Cryptosporidium 136 zu schlüpfen und den etwas impulsiven und zerstörerischen Außerirdischen zum Sieg über die Menschheit zu verhelfen. Missionsweise startet ihr dafür in vorgegebene Gebiete, erledigt die Aufträge, die Pox (euer Vorgesetzter) erteilt und vergnügt euch mit Cryptos Fähigkeiten. In gewisser Weise ist Destroy all Humans sogar mit Rockstar`s GTA Serie verwandt. Wie in GTA könnt ihr euch in den Einsatzgebieten frei bewegen und sogar in eure fliegende Untertasse springen, wenn es am Boden zu brenzlig wird. Dann wird eben alles aus der Luft unter Feuer genommen. Die von den Entwicklern erschaffene Spielwelt hat ein eigenes Leben, Passanten gehen die Straßen lang, jede Menge Verkehr bewegt sich auf den Highways und grasende Kühe auf der Weide vervollkommnen das Bild von einer lebendigen Welt. Doch davon nicht genug - ein Fahndungssystem haben die Entwickler auch integriert. Wer jetzt auch noch erwartet, dass die Spielumgebungen genauso interaktiv sind, wie in GTA, den muss ich leider enttäuschen. Crypto kann weder Fahrzeuge benutzen (bis auf seine Untertasse), Gebäude betreten, Waffen sammeln oder einfach mal in eine andere Stadt wechseln. Euer Missionsgebiet ist begrenzt und kann nicht verlassen werden. Das ist jedoch weniger dramatisch, als es sich anhört, denn zuvor besuchte Gebiete lassen sich vom Mutterschiff erneut betreten und durchkämmen. Mit Mini-Aufgaben wie Checkpoint-Rennen, Gehirnstämme sammeln, Häuser zerstören oder Menschen zappen, kann man sein DNS-Konto aufbessern. Dieses sollte übrigens immer ordentlich gefüllt sein, denn die von Pox entwickelten Waffen- und Untertassenupgrades lassen sich nur damit bezahlen. Ohne die Mini-Aufgaben ist es kaum möglich, die nötigen Credits zu bekommen. Obwohl...rein theoretisch ist es schon möglich, aber verdammt langweilig, da die Gehirnstämme nicht einfach so auf der Straße herumliegen, sondern von jedem einzelnen Passanten extrahiert werden müssen. Anfänglich trifft das natürlich genau den Geschmack des Spielers, beim 1.000 extrahierten Gehirnstamm nervt es aber mit Sicherheit. Nebenbei muss Crypto auch noch für jede einzelne Extraktion voll konzentriert sein. Das man den Vorgang immer wieder von Neuem aufladen muss, versteht sich von selbst.
Roswell 47
Die Hauptmissionen in Destroy all Humans sind auch recht abwechslungsreich. Reine Zerstörungsorgien wechseln mit Mini-Spielen, mal gibt es Dialoge mit Hilfe von Multiple-Choice-Antworten durchzustehen, oder Antennen sind zurechtzubiegen, Verteidigungsmissionen zu überstehen oder schlichtweg Entführungen erfolgreich zu beenden. An der Auswahl der Missionsarten gibt es nichts auszusetzen, an der jeweiligen Anzahl schon. Witzige Mini-Spiele stehen viel zu selten auf dem Programm, vielmehr laufen die Missionen zu oft nach dem Schema F ab: Ihr schwingt euch ins UFO und macht alles aus der Luft platt. Die Gegner stört das jedoch wenig, da je nach Fahndungslevel immer wieder neue Polizisten und Agenten erscheinen, manchmal ploppen die sogar vor euch richtig auf. Unbemerktes Vorgehen ist also auf jeden Fall empfehlenswert, denn erreichte Fahndungslevel lassen sich nur verdammt schwer wieder abbauen. Wenn man sich nicht gerade in seine Untertasse begibt und einen hohen, einsamen Berg aufsucht, um dort mehrere Minuten auszuharren, stehen die Chancen äußerst schlecht, wieder in Ruhe unter die Menschen zu gehen. Selbst Cryptos außergewöhnliche Fähigkeiten und sein umfangreiches Waffenarsenal können da nichts ausrichten.
1000 Arten, die Menschheit zu vernichten
Dabei hat der kleine Außerirdische einiges auf dem Kasten. Mit Psychokinese kann er Gegenstände und Lebewesen durch die Luft befördern, Hypnose ist dazu da, um Menschen zu verwirren und zu entführen und Gedanken scannt Crypto, um seinen Konzentrationsbalken aufzufüllen oder um wichtige Informationen zu erhalten. Zu guter letzt gibt es natürlich noch die Tarnfunktion, mit der Crypto die Gestalt eines Menschen annehmen kann. Dieser Vorgang kostet übrigens permanent Konzentration, weshalb man auch die ganze Zeit Gedanken lesen muss. Glücklicherweise haben die Entwickler zahlreiche lustige Sprüche eingebaut, die auch in der deutschen Version noch sehr gut rüber kommen. Natürlich kann man es auch übertreiben und in menschlichem Zustand andere Erdlinge in den Pool werfen, oder Autos auf die Dächer befördern. Bei solchen Späßen muss man jedoch immer auf der Hut sein, denn wenn Crypto getarnt ist, kann er keine Waffen benutzen, keine Sonden einsammeln, seinen Jetpack nicht nutzen und wenn er auch noch einem Majestic Agenten über den Weg läuft, fliegt seine Tarnung komplett auf. Und ehe man es sich versieht, ist das Fahndungslevel wieder ganz oben und es laufen nur noch schwer gewaffnete Majestic Agenten herum. Praktisch kann man dann die eigentliche Mission abschreiben, da man aus allen Richtungen nur noch beschossen wird. Auch wenn es die einzige Macke bei der KI bzw. im Spieldesign ist, macht sich das beim Spielspaß nicht unbedeutend bemerkbar. Die Flucht wird Crypto nämlich auch nicht gerade leicht gemacht. Bei den von Stadt zu Stadt größer werdenden Einsatzgebieten, muss man mehrere virtuelle Kilometer zurücklegen, um ein sicheres Plätzchen zu finden. Wenigstens bleiben einem Healthpäckchen erspart, da Crypto ein Schutzschild zu Verfügung steht, das sich nach wenigen Sekunden ohne Beschuss wieder voll auflädt. Mit regelmäßigem Abducken und Deckung suchen, kann man als geübter Spieler zumindest eine Zeit lang über die Runden kommen. Wenn nicht, darf man die gesamte Mission neu beginnen, denn Speicherpunkte gibt es nicht. Das kann natürlich ganz schnell nerven und ist auch nicht unbedingt einsteigerfreundlich.
Technik vom anderen Stern
Bei der technischen Umsetzung haben sich die Amerikaner nicht lumpen lassen. So gibt es einen 60Hz-Modus, stets flüssige und dabei nett anzuschauende Grafik und einen gut ab gemischten Surround-Sound. Musikalisch erfüllt Destroy all Humans genau das, was man klischeehaft von einem 50'er Jahre B-Movie mit Außerirdischen und UFOs erwartet: Typische Musik aus dem Zeitalter, die sich jedoch dezent im Hintergrund hält. Ein Lob verdient die Levelgestaltung, die ebenso ländliche Areale umfasst, wie Wüstengebiete und Großstädte. Negativ fällt lediglich das etwas späte aufploppen von Figuren und Objekten (besonders im UFO Modus) auf. Die Steuerung von Crypto sollte niemanden vor Probleme stellen, zumal man anfangs so oder so, zu einem im Spielverlauf integrierten Tutorial genötigt wird. Nur das Steuern des UFOs ist nach meiner Meinung nicht ganz gelungen. Die Kamera beispielsweise kann nicht gedreht werden und ist immer fest hinter dem UFO positioniert. Damit kann man nicht immer einwandfrei sehen, wo denn nun genau der Angreifer sich versteckt. Auch dauert das Drehen des UFOs nach meinem Geschmack etwas zu lange. Aber das sind nur Kleinigkeiten, grundsätzlich ist die Steuerung des Fluggefährts immer noch annehmbar.
Bonus from outer mars
Zuletzt möchte ich noch erwähnen, das Pandemic ordentlich Bonusmaterial in Form von Artworks und Videos auf die DVD gepackt hat. Besonderes Schmankerl sind die beiden B-Movies in schwarz/weiß. Einfach nur köstliche Trash-Kunst. Einen Wermutstropfen gibt es aber doch, denn die beiden Filme wurden nicht synchronisiert und sind demnach nur in englischer Sprache verfügbar. Das witzige "Making of" sollte man sich erst nach dem Durchspielen ansehen, denn ansonsten ist es nur halb so lustig. Um jedoch in den Genuss der vielen Sachen zu kommen, muss man zwangsläufig alle Sonden im Spiel einsammeln.
FAZIT:
Destroy all Humans gehört ganz klar zu den Spielen, die man kräftig unterschätzt, wenn man nur einen flüchtigen Blick darauf wirft. Freunde fieser kleiner grauer Männchen können sich hier nach Herzenslust austoben und alles in Schutt und Asche legen, was ihnen in die Quere kommt. Dank einer mehr als soliden technischen Umsetzung muss man sich nur mit kleinen Schönheitsfehlern herumschlagen. Eines bleibt aber auf jeden Fall zu sagen, die Entwickler haben mit Destroy all Humans Humor bewiesen. Allein die schiere Vielfalt der zu scannenden Gedanken und die witzigen Dialoge zeugen bestens davon.
[ Review verfasst von Justicer ]
Pluspunkte:
Minuspunkte: