Als die PlayStation 2 im Jahr 2000 auf dem deutschen Markt erschien, konnte ein halbes Jahr später vor allem ein Spiel mit atemberaubender Technik aufwarten. Die Rede ist von Koei's Kessen, dass mit Hunderten in Echtzeit berechneten Kriegern glänzen konnte. In der damaligen Zeit ein wahres Wunder, schaffte es doch nicht einmal SEGAs glücklose Dreamcast mit einer solchen Grafikpower aufzuwarten. Spielerisch konnte der Titel dagegen weniger überzeugen, boten die Japaner dem Spieler doch nur viel zu oberflächlichen Mix aus Strategie und Action. Dank der überwältigenden Technik fanden sich aber dennoch so viele Käufer, dass man ein Sequel rechtfertigen konnte. Kessen 2 erschien daraufhin im Frühjahr 2002 und unterschied sich nur spärlich von seinem Vorgänger. Teil 3 will nun alles richtig machen und dem Spieler ein schnörkelloses Paket aus Action, Strategie und Unterhaltung bieten. Ob es den Asiaten gelingt, mich dieses Mal langfristig vor dem Fernseher zu fesseln, erfahrt ihr in unserer ausführlichen Rezension.
Dämon oder Heilsbringer?
Schon das bombastische Intro zeigt euch, was ihr von Kessen III zu erwarten habt. Da transformieren sich riesige Festungen, Samurais kämpfen gegen Samurais und mittendrin huscht Nobunaga Oda von Kampf zu Kampf. Doch das Glück scheint dem Feldherrn nicht gerade hold zu sein, wird doch ausgerechnet seine Festung angegriffen und der Triumph des Feindes scheint zum Greifen nahe. Mit letzten Anstrengungen rettet sich Oda in das Innere der Festung, wo er jedoch überrascht und verwundet wird. Im Sturz zieht noch einmal sein Leben an ihm vorbei und er erlebt die größten Momente seines Schaffens.
Ihr seht, in Kessen III spielt ihr aus einer Retrospektive. Ihr erlebt quasi Nobunaga Odas Aufstieg zu einem der mächtigsten Feldherrn Japans und lernt seine Ambitionen kennen. Das es dabei nicht allzu historisch genau zugeht, sollte jedem schon im Intro klargeworden sein. Transformierbare Befestigungsanlagen und magische Zauberattacken gab es weder damals noch heute. Auch sollten Japanversierte Zocker Nobunaga Oda nicht gleich, dank der „Onimusha“ Reihe, als dämonischen Oberbösewicht erachten. Immerhin war er historisch belegt einer der erfolgreichsten Figuren, die versuchten das zerfalle japanische Feudalreich zu einen.
He Reiter ho Reiter...
Der erste Auftrag führt euch an die Küste. Schurkische Rebellen haben eine jugendliche Prinzessin entführt und eure Aufgabe ist es, sie zu finden und zu befreien. Zuallererst fällt die neue Ansicht auf, ihr schaut in Kessen III nämlich von schräg hinten auf eure Truppen hinab. Das ist nötig, da ihr erstmals die Einheiten direkt in der dreidimensionalen Ansicht kontrolliert. Mit dem linken Analogstick bewegt ihr eure Reiter und mit dem rechten Stick schwenkt ihr die Kamera, um jederzeit eine gute Übersicht zu haben. Aber auch die restlichen Eingaben sind perfekt auf das PS2 Pad angepasst und bieten dem Spieler eine intuitive Bedienmöglichkeit. Einzig um auf die strategische Taktikkarte zu zugreifen, muss während eines Gefechts ein Extra-Bildschirm aufgerufen werden. Das ist zwar etwas umständlich, aber für spätere Gefechte unumgänglich, denn nur so lassen sich mehrere Einheiten parallel bewegen und zum Angriff formieren. Natürlich erlaubt euch das Spiel auch in der 3D Ansicht kinderleicht zwischen den einzelnen Heeren zu wechseln und die betreffende Einheit direkt zu steuern, allerdings bleiben dann die restlichen Truppen mehr oder weniger untätig dort stehen, wo ihr sie zuletzt verlassen habt. Da ihr früher oder später auf feindliche Soldaten stoßen werdet, sind zudem Kämpfe unumgänglich. Euch stehen dazu mehrere Auswahlmöglichkeiten zur Verfügung. Bevor ihr zum Nahkampf übergeht, ist es ratsam, von den speziellen Offiziersfertigkeiten Gebrauch zu machen. Dadurch kann man sich Vorteile, wie zum Beispiel einen Sturmangriff zu nutze machen, oder man „schmäht“ die Gegner regelrecht aus. Beides wirkt sich auf die Werte der betroffenen Einheit(en) aus und verschafft dem Benutzer Vorteile im Nahkampf. Am Anfang sind diese Offiziersfertigkeiten zwar noch nicht sonderlich gefordert, gegen Ende des Spiels sollte man sie mannigfaltig einsetzen, da es meistens der einzige Weg ist, den Feind zu schlagen. Wer es ganz hart mag, kann neuerdings auch selbst ins Kampfgeschehen einschalten. Unter der Option „Wüten“ versteckt sich ein stark abgespecktes Dynasty Warriors Intermezzo. Wie in der verwandten Serie zoomt die Kamera mitten in das Geschehen hinein und gibt euch Kontrolle über den jeweiligen Kriegsherrn. Mit schnellen Buttenkombinationen schlachtet ihr komplette Armeen dar nieder. Nun nicht ganz, denn in der vorgegebenen Zeitspanne schafft ihr es, maximal ein Viertel der feindlichen Truppen in den Himmel zu befördern. Zwar könnt ihr auch Gold und andere Bonusgegenstände einsammeln, doch mit der Zeit verliert das „Wüten“ beträchtlich an Reiz. Lieber bangt man zwei Minuten in der Standartansicht um seine Mannen, anstatt vier Minuten pausenlos zu hacken, ohne das der Ausgang entscheidend beeinflusst wird. Wichtiger ist dagegen in späteren Schlachten immer eine unterstützende Einheit in der Nähe zu haben. Die können den Feind dann aus der zweiten Reihe mit Zaubern oder Pfeilen unter Druck setzen. Dummerweise hilft das wiederum wenig gegen Wachtürme, die euch aus der Distanz dezimieren und jedes Mal eure Einheit zum Stillstand bringen, wenn Schaden angerichtet wurde. Somit sollte jeder Spieler immer abwägen, ob es sich wirklich lohnt, einen Turm platt zu machen, oder ob es nicht klüger wäre, den Wachturm zu umgehen.
Nach einer Schlacht könnt ihr in aller Ruhe eure Truppen und Generäle im Lager ausrüsten und auf einer Übersichtskarte eure nächsten Schritte planen. Wollt ihr vorläufig nur ein paar Räuber hochnehmen und die Zeit nutzen, um eure Soldaten hoch zu leveln? Oder schreitet ihr sogleich wieder in eine Schlacht, um den Weitergang der Hintergrundgeschichte mitzubekommen? Die Wahl liegt bei euch, wobei jedoch angemerkt werden muss, dass trotz allen optionalen Einsätzen, der Spielverlauf streng linear bleibt. So oder so kommt ihr um die meisten Gefechte also nicht drum herum. Cool gelöst sind übrigens die Missionsbesprechungen, die den ehrwürdigen Kriegsräten der Samurai gleichen und einiges an Atmosphäre verbreiten. Die eigenen Offiziere geben nicht nur Ratschläge, sondern helfen euch sogar bei der Startaufstellung der Truppen.
Das eigentlich „Problem“ des Titels ist jedoch die Eintönigkeit des Spielprinzips. Versteht mich nicht falsch, anfangs macht Kessen III wirklich noch viel Spaß. Doch nach wenigen Stunden hat man die Grenzen des Gameplays ausgelotet. Zu wenig Möglichkeiten und taktische Tiefe wird dem Spieler gelassen, zu sehr beschränkt sich das Spiel auf den gewieften Einsatz der Offiziersfähigkeiten und zu leicht gestalten sich selbst spätere Schlachten. Dazu kommt, dass weder die Karten, noch die Anzahl der einzusetzenden Truppen epische Ausmaße annehmen. In Verbindung mit den wenig unterschiedlichen Missionstypen beginnt sich eine gewisse Routine und damit auch eine leichte Langweile einzustellen. Einzig die nett präsentierte Story veranlasste mich den Titel bis zum Ende durch zu spielen.
Kirschblütenfest
Technisch gibt es dagegen kaum etwas zu meckern. Die Ladezeiten sind kurz und die Spielgrafik ist hübsch. Slowdowns sind auch nicht auszumachen, sodass das Spielgeschehen jederzeit flüssig läuft. Dank der Farbvielfalt und den vielen kitschigen Zwischensequenzen inszenierte Koei ein Hollywoodreifes bombastisches Kinospektakel. Aber auch die Details wie die Animationen der unzähligen Figuren und die grandiose Weitsicht auf den Schlachtfeldern können vollends überzeugen. Beachtlich ist zudem die grafische Oberklasse des „Wüten-Modus“, der die Konkurrenzprodukte aus gleichem Hause sprichwörtlich Staub schlucken lässt. Absolut gelungen ist außerdem die Dolby Pro Logic II Kodierung und die abwechslungsreiche und hoch melodische asiatisch angehauchte Musik. Dagegen kann die englische Sprachausgabe weniger überzeugen, wirken einige Sprecher doch äußerst unpassend und amateurhaft. Deutsche oder japanische Sprachoptionen sind übrigens nicht vorhanden, wobei gerade letztere noch einmal die Atmosphäre hätte steigern können.
FAZIT:
Eine gerechte Bewertung fiel mir richtiggehend schwer, schließlich kam ich in den ersten Spielstunden nicht vom Fernseher weg. Mit der Zeit flaute meine Motivation jedoch merklich ab, da sich das Spielgeschehen für meinen Geschmack zu stark wiederholte und es einfach an einer gewissen taktischen Tiefe fehlte. Somit bleibt ein unterhaltsames, aber zu leicht geratenes Strategiespiel „Light“, dass sich vom heutigen Genreeinheitsbrei zwar wohltuend abheben kann, jedoch in Sachen Gameplay nicht vollkommen zu überzeugen vermag. Nachwuchs Feldherrn und Fans asiatischer Action können aber durchaus einen Blick riskieren, denn „unterhalten“ werden sie allemal. Hardcore-Strategen bleiben jedoch nach wie vor bei den beiden Dynasty Tactics Titel, die dank rundenbasiertem Spielprinzip und nettem Kombosystem zu überzeugen wissen.
[ Review verfasst von .ram ]
PS: Falls auf eurer Memorycard noch Spielstände zu Samurai Warriors bzw. Samurai Warriors: Xtreme Legends schlummern, könnt ihr zusätzliche Waffen, Items, Einheiten und Offiziere freischalten.
Pluspunkte:
- Kinoreife Präsentation
- Intuitive Steuerung
- Auch für Anfänger geeignet
Minuspunkte:
- Zu wenige strategische Optionen
- Zu leicht für fortgeschrittene Zocker
- Zu wenig spielerische Abwechslung