In Zeiten von hunderten WWII Egoshootern und gesichtslosen Allerweltsrennspielen findet man innovative Spielideen nicht gerade wie Sand am Meer. Doch selbst in der ach so grauen und eintönigen Softwarebranche kommt es hin und wieder mal vor, dass sich ein Entwickler mutig und kreativ zeigt. Immerhin gelten neue Gameplaystrukturen als hohes Risiko, das viele Entwickler lieber dazu verleiten lässt, einen soliden Nachfolger zu produzieren, anstatt in neue Spielkonzepte zu investieren. Um so überraschender ist es, festzustellen, dass sich selbst eine so fortsetzungsfreudige Firma wie Capcom dazu entschließt, neue und kreative Spiele auf den Markt zu bringen. Bekanntestes Beispiel für diese Firmenpolitik ist der 2D Jump & Run Prügler Viewtiful Joe. Nachdem der Erstling nämlich noch vor ca. 18 Monaten (ein halbes Jahr auf der Ps2) als absolutes Meisterwerk und Retter des 2D Jump & Runs Genres gekürt wurde, steht nun endlich der ersehnte zweite Teil an. Ob Capcom aber noch einmal einen draufsetzen konnte, oder doch wieder dem Fluch des Nachfolgers erlegen ist (siehe Devil May Cry 2), erfahrt ihr unserer neusten Review!
Joe + Silvia = ???
Die Hintergrundgeschichte ist wahrlich kein Beispiel an Komplexität. Ganz im Gegenteil - die Story ist recht simpel und deshalb auch schnell erklärt. Nach dem Ende des Vorgängers werden die beiden Superhelden Joe und Silvia wieder in das Movieland berufen, dieses Mal um eine noch größere Katastrophe zu verhindern. Denn der fiese Black Emperor will das friedliche Movieland in ein unheilvolles Movieworld verwandeln. Dies schafft er jedoch nur, wenn er in den Besitz der sogenannten Rainbow Oscars gelangt. Diese sorgen für die Happy End`s aller Geschichten. In Besitz eines Schergen, könnten die Trophäen natürlich fatale Folgen haben. (Obwohl, eigentlich wäre es ml abwechslungsreich, wenn die Bösen gewinnen) So machen sich Joe und Silvia gemeinsam auf den Weg durch die verschiedensten Filme des Movielandes, um die Rainbow Oscars noch vor dem Black Emperor zu ergattern. Aber werden sie es schaffen? Können sie die Welt retten?
Der Spiel-Film
Ehrlich gesagt, gehören Jump & Runs a la Viewtiful Joe 2 nicht gerade zu meinen favorisierten Genre, was entweder an meinen nicht vorhandenen Skills oder an der Sucht nach Sport und Schleichspielen liegt. Doch trotz aller anfänglichen Abneigung hat mich Viewtiful Joe 2 am Ende voll und ganz überzeugt. Die herausragende Präsentation, sowie das fantastische Gameplay sorgen für ein unvergleichliches Videospielerlebnis, dass auch Genreneueinsteiger von Anfang an fesseln wird. Warum das so ist, versuche ich euch nun näher zu bringen. Da wäre nämlich zum einen der grandiose Mix aus Beat´em Up und Jump & Run. Die einzelnen Funktionen der Kämpfer wurden perfekt an das PS2 Pad angepasst und dementsprechend sorgt die superbe Steuerung auch für eine fantastische Spielbarkeit. Hinzu kommt, dass die Gameplaymöglichkeiten deutlich umfangreicher sind, als man zunächst erwartet. Joes Repertoire an Specialmoves und Schlägen hat sich im Vergleich zum Vorgänger noch einmal gewaltig erhöht. Von knallharten Kickbewegungen aus großer Höhe, bis hin zu vernichtenden Monsterschlägen, die selbst mehrere Gegner auf einmal KO hauen, bietet euch das Spiel Unmengen an verschiedenen Techniken. Doch selbst der neueste Schnickschnack macht nicht annährend so viel Spaß, wie die Standardangriffe per Boxschlag oder Fußkick. Aber die wirken auch nur richtig, wenn man sie in Zusammenarbeit mit der VFX Power einsetzt. Diese stellt auf gut deutsch das Salz in der Suppe dar. So habt ihr beispielsweise mit Joe die Möglichkeit, die aus Matrix bekannte Bullet Time zu aktivieren, um euch vor heranfliegenden Kugeln oder Schlägen in Zeitlupe zu schützen. Aber es geht auch anders! Habt ihr nämlich genug von der verlangsamten Schlägerei, aktiviert ihr mit der R1 Taste einfach den spielinternen Boost, der euren Helden wie einen Wirbelwind durch die Gegnermassen leiten wird. Noch spaßiger wird die Klopperei, wenn euer Charakter vor lauter Kampfesfreude in Flammen aufgeht und ihr gleichzeitig mit jedem Schlag eure Kontrahenten in wandelnde Fackeln verwandelt. Aber nicht nur Joe verfügt über eine reichhaltige Palette an Manövern und Tricks, sondern auch seine Freundin Silvia, die im zweiten Teil der Filmpersiflage den Part von Joes spielbarer Partnerin übernimmt. So setzt sie weniger auf knallharte Kung Fu Action, als auf beinharte Gunpower - ihr ballert und boxt euch fröhlich durch die Gegend und meistert einen Endgegner nach dem anderen. Und als ob das nicht schon genug wäre, verfügt Silvia ebenfalls über die Kraft der VFX. Neben dem bereits bekannten Bullet Time Feature bringt sie noch ein weiteres neues Extra ins Spiel. Nämlich den Repeatmodus. Dank dieser VFX Kraft seid ihr jederzeit in der Lage, einen Move aufzunehmen und drei mal hintereinander auszuführen. Im Großen und Ganzen ist auch dies ein gelungener Zusatz, der den Spielspaß auf noch höhere Level hievt. Ähnliches kann man auch zum neuen "Stun" Modus sagen, in dem ihr eure Gegner erst zum Staunen bringt und dann knallhart zuschlagt! Hinzu kommt, dass ihr nach jedem Level im Skillshop neue Attacken und Lebenserweiterungen kaufen könnt. Die dafür notwendigen Münzen, erkämpft ihr euch logischerweise in den diversen Arealen.
Und weiter?
Doch Viewtiful Joe 2 hat mehr zu bieten, als nur simples Rumgekloppe. So kommen auch diverse Rätseleinlagen nicht zu kurz. Diese Denksportaufgaben sorgen für ordentlich Abwechslung vom harten Beat´em Up Alltag. Interessanterweise sind die meisten Rätsel (wie schon im Vorgänger) nur in Verbindung mit dem wohlüberlegten Einsatz eurer speziellen VFX Kräfte zu lösen. Richtig schwierig wird es zwar nie, aber als fordernd, kann man die Kopfnüsse schon bezeichnen. Ähnliches gilt auch für die Bosskämpfe. Während man die normalen Gegner noch einigermaßen locker aus dem Weg räumen kann, zeigen sich die Endgegner als knallharte Rivalen. So wird euch von Anfang an alles abgefordert, was einen gewissen Reiz ausmacht. Schließlich ist Viewtiful Joe 2 trotz Knuddeloptik, alles andere als ein Kinderspiel...
Viewtiful
Die grafische Qualität des Spiels präsentiert sie sich stets auf hohem Niveau. Der Cell Shading Look passt wie die Faust aufs Auge und verdeutlicht den filmischen Charme äußerst gut. Das gibt klare Pluspunkte für die Atmosphäre und ich würde sogar fast behaupten, dass Viewtiful Joe 2, das bislang schönste Cell-Shading Videospiel ist, dass die Welt bislang zu Gesicht bekommen hat. Alle sieben Level sehen absolut fantastisch aus und lassen klar erkennen, welche Filme Pate standen. Wer schon immer wilde Prügelabenteuer in den Szenarien eines Jurassic Parks oder Indiana Jones erleben wollte, ist bei diesem Game genau richtig.
Soundtechnisch lässt sich über das zweite (wie auch das erste) Viewtiful Joe Spiel streiten. Zwar passen die amerikanischen Stimmen sehr gut zu den (amerikanischen) Charakteren, allerdings wäre eine professionelle deutsche Synchronisation wünschenswert gewesen, besonders wenn man die jüngere Hauptzielgruppe bedenkt. Geschmackssache ist der Soundtrack, der mit krachigen Arcaderythmen aufwartet und ziemlich schnell nerven kann. Rechnet man die zahlreichen Effekte und Schreie der Protagonisten dazu, ergibt sich ein lauter Soundcocktail, der zumindest über einen längeren Zeitraum nur schwerlich zu ertragen ist.
FAZIT:
Ohne groß rumzuschwafeln, kann man Viewtiful Joe 2 getrost als einzigartiges Spielerlebnis bezeichnen. Wer den ersten Teil schon liebte, wird den zweiten gar nicht mehr aus den Händen geben wollen. Großen Anteil daran haben nicht nur die neuen Spielelemente, sondern auch die fantastischen Levels, die unheimlich gut rüberkommen. Für einen kommenden dritten Teil, sollten sich die Entwickler dennoch ein paar mehr Neuerungen einfallen lassen, damit das Spektakel nicht an Reiz verliert. Somit bleibt zum Schluss nichts anderes zu sagen, als: Kaufen, Marsch Marsch!
[ Review verfasst von Dimi ]
PS: Und bitte nächstes Mal an einen kooperativen Zweispielermodus denken.
Pluspunkte:
- Tolle Grafik
- Geniales Flair
- Sehr gutes Gameplay
Minuspunkte:
- Im Vergleich zum Vorgänger relativ wenig Neues
- Nicht gerade leicht
- Mittelmäßiger Umfang