Damals war alles besser! Zumindest, wenn es nach der Old-School Fraktion unter den Zockern geht. Deren Lieblingsgenres wie Actionspiele, Jump'n'Runs und Shoot'em'Ups sind heutzutage ja nahezu ausgestorben. Den immer größer werdenden Markt regieren Ego- und Taktikshooter, während vor dreizehn Jahren noch jedes zweite Spiel in die oben genannten Kategorien fiel. Auch wenn ich persönlich den ganzen Militärkram nicht mag, zähle mich eher zu den Menschen, die in der heutigen Zeit vieles besser finden. Die Preise für Videospiele sind im Schnitt gefallen und es gibt vielmehr unterschiedliche Genres, die man ausprobieren kann. Dennoch ziehen mich immer wieder "simple" Arcadespiele in ihren Bann. Insbesondere, wenn es sich dabei um Shooter handelt.
Probotector
Die Ursprünge der Contra-Serie reichen bis in die Anfangstage des Nintendo Entertainment Systems (NES) zurück. Schon damals begeisterte die erste Ausgabe des 2D Shooters die Massen. Der große Durchbruch gelang allerdings erst wenige Jahre später auf der Nachfolgekonsole. In Deutschland unter dem Namen Probotector (Da schlug die Zensur wieder zu und aus den menschlichen Söldnern, wurden Manga-Roboter) veröffentlicht, bot das Spiel nach wie vor knallharte Action in Verbindung mit abgefahrenen Bossen und Monstern. Als gegen Mitte der Neunziger das Zeitalter der 3D Grafik und der PlayStation anbrach, zögerte Konami nicht lange und schmiss gleich zwei Spiele in "schicken" 3D-Kostümen auf den Markt. Während der erste Titel C: The Contra Adventure noch die bekannte Seitenansicht bot, überraschte der Nachfolger Contra: Legacy of War mit einer isometrischen Perspektive. Die Fans waren jedoch aufgebracht, beide Spiele (die erstmals in Europa entwickelt wurden) boten weder Spielspaß noch ansehnliche Action. Kurz gesagt, man glaubte die Serie schon für immer und ewig begraben, als der japanische Hersteller Jahre später überraschenderweise eine Inkarnation der Serie für die PlayStation 2 ankündigte. Unter den Fans war das Gezeter groß, würde der Titel den Ansprüchen gerecht werden und würde man wieder schnörkelloses Old School Gameplay geboten bekommen? Und die Antwort lautete ganz eindeutig Ja. Mit Contra: Shattered Soldier zog Konami nochmals alle Register und lieferte ein ultrahartes 2D Actionspiel ab, dass dank moderner Technik hübscher und bombastischer als jemals zuvor aussah. Der Nachfolger, Neo Contra wechselt nun abermals die Perspektive und verspricht satte Action aus einer isometrischen Ansicht. Ob der gewagte Schritt den Entwicklern gelungen ist, erfahrt an Hand der folgenden Zeilen.
Hart, Härter, Neo Contra
Schon das bombastische Intro zeigt euch, wie der Hase läuft. Pure, abgedrehte Action, die nach einem schnellen Abzugsfinger und flinkem Auge verlangt, ist angesagt. Die anfangs vier frei wählbaren Levels lassen dem Spieler keine Atempause. Permanent kommen Gegner angeströmt, taucht ein Zwischenboss auf, oder ein Obermotz greift euch an. Der ganze Bildschirm wird von riesigen Explosionen, Blutlachen und schreienden Soldaten erfüllt. Bei all der Action "stört" die minimalistische Hintergrundgeschichte kaum. Mehr als ein paar kleine Zwischensequenzen haben die Entwickler der Story sowieso nicht spendiert.
In der Haut von einem der beiden Contra-Soldaten Bill Rizer (der aussieht wie Arnold Schwarzenegger in seinen besten Jahren) und Jaguar (ein afro-amerikanischer Samurai) ist es eure Aufgabe die "Neo Contra Elite" zu stoppen - eine Vereinigung von vier außergewöhnlichen Kämpfern, die sich gegen die Menschheit gestellt haben.
Wer die ganze Geschichte erfahren will, muss das Spiel übrigens in "Normal" durchspielen. Wer zuerst auf "Easy" probiert, wird nach den vier Levels die Credits zu sehen bekommen, mit dem Hinweis, es bitte noch einmal in "Normal" zu versuchen. An sich wäre das ja kein Problem, wenn nicht der extreme Schwierigkeitsgrad wäre. Nicht nur, dass unser Held nach genau einem Treffer den Löffel abgibt und ein Leben verliert, nein, bei der etwas ungenauen Kollisionsabfrage, reichen sogar schon "fast" Berührungen mit Gegnern aus, um ihn ins Jenseits zu schicken. Schlimmer aber noch sind Fehler, die vom Spieler begangen werden, denn die verzeiht der Titel nie. Während man noch auf dem leichten Schwierigkeitsgrad runde 30 Leben pro Continue zur Verfügung hat, reduziert sich diese Zahl auf gerade mal sechs im normalen Schwierigkeitsgrad. Ganz schön starker Tobak, insbesondere wenn man allein in den Krieg zieht. Zu weit geht die ganze Sache natürlich bedeutend einfacher von der Hand - Gegner werden schneller ausgeschaltet und man kann sich gegenseitig Rückendeckung geben. Das hat schon seine Vorteile. Aber wie gesagt, nur auf "Normal" kommt man im Spiel wirklich weiter. Trainieren und nochmals trainieren ist angesagt und gerade bei den Bossgegnern sollte man sich die Vorgehensweise merken und Strategien einprägen.
Hat man die Levels nach Stunden des Spielens endlich verinnerlicht und auswendig gelernt, wird einem schnell bewusst, dass Neo Contra nur ein sehr kurzes Spielvergnügen bietet. Innerhalb von sechzig Minuten lässt sich das Spiel mit seinen insgesamt sieben Abschnitten beenden. Um eine geheime dritte Spielfigur frei zu schalten, wird sogar vorrausgesetzt, dass man in unter 18 Minuten durch das Spiel rennt. Für den stolzen Preis von 60 EUR ist das etwas wenig. Zu wenig, für meinen Geschmack, denn selbst an einem vergleichbaren Arcadeautomaten ließe man wohl nie soviel Geld. An Konami's Stelle würde ich für das Spiel nicht mehr als 19.99 EUR verlangen. Das wäre ein faires Preis / Leistungsverhältnis gewesen, so aber bleibt mir keine andere Wahl, als Neo Contra mit einer gehörigen Abwertung zu bestrafen. Spielspaß misst sich immerhin an dem Preis, den man dafür bezahlt. Heute sogar stärker als jemals zuvor.
Red Vs. Blue
Schön abgedreht präsentieren sich die Gegner. Während die "Neo Contra Elite" sogar mit einem Hund (inkl. Pickelhaube) als Boss aufwarten kann, sind die zahlreichen Zwischengegner eher als Remiszenz an ältere Contra-Abenteuer zu verstehen. Die beiden Helden Bill Rizer und Jaguar sind dabei gekonnt in Szene gesetzt und überzeugen vor allem durch die passenden Stimmen. Bill Rizer klingt beispielsweise genau so, wie man sich einen zähen Haudegen eben vorstellt - cool, hart und kompromisslos. Jaguar ist dabei eher als sein Sidekick zu betrachten, ein wortkarger Typ, der aber Rizer in nichts nach steht.
Insgesamt kann die Technik durchaus überzeugen. Die Umgebungen sind detailliert dargestellt und die vielen Gegner wissen dank zahlreicher Details zu überzeugen. Zudem erhellen viele Explosionen und Effekte den Bildschirm am laufenden Band. Kurz gesagt, die Grafik sieht schick aus. Nur bei äußerst vielen Partikeln und im Zweispielermodus bricht die, ansonsten stabile, Framerate an einigen Stellen ein. Das beeinträchtigt natürlich schon das Spielgeschehen, da diese Slowdowns, präzises Zielen deutlich erschweren. Letztlich muss man damit aber auskommen bzw. gewöhnt sich daran. Als Ausgleich hämmert die Musik in verschiedensten Elektrorythmen aus den Boxen. Im Intro und Abspann darf man sogar zwei exklusiven Vocalsongs zuhören. Brachial und schnell zugleich, begleiten die Stücke eine fulminante Soundkulisse.
FAZIT:
Wer sich auf Neo Contra einlässt, bekommt ein knallhartes Actiongeballere geboten. Wiederholtes Trainieren und mehrmaliges Durchspielen sind jedoch Vorraussetzung für Erfolgserlebnisse. Nur so kann man seine Zeiten und Rankings verbessern bzw. zahlreiches Bonusmaterial wie Videos, Bonusfiguren und eine Jukebox frei schalten. Insgesamt eigentlich genau das, was man von einem Contra Spiel erwartet, wäre da nicht der horrende Preis. Wie weiter oben schon angesprochen, sind 60 EUR einfach zu viel für eine knappe Stunde Zocken. Solch ein magerer Umfang ließ sich vielleicht noch vor 15 Jahren an den Mann bringen, aber in der 128bit Generation erwartet man einfach mehr für sein Geld. 1:1 Arcadekonvertierungen stellen niemanden mehr zufrieden und rechtfertigen erst recht keine Entwicklungen, die noch nicht einmal aus der Spielhalle stammen und trotzdem so eine mickrige Spielzeit besitzen. Und genau dafür gibt es einen kräftigen Punktabzug. Wem der Preis dennoch egal ist, der bekommt mit Neo Contra einen sehr guten Shooter, der an zahlreiche Top-Down Klassiker vergangener Tage erinnert. Wer sich jedoch für das Spiel interessiert, aber mit mir übereinstimmt, dass ein wenig Nostalgie nicht so viel wert sei, der sollte sich lieber auf Flohmärkten umschauen, denn mit ein wenig Glück findet er bereits Neo Contra in der Schrammelkiste.
[ Review verfasst von .ram ]
Pluspunkte:
- Action non Stop
- Zweispieler Modus
- 60 Hz Modus
Minuspunkte:
- Zu kurze Spielzeit mit ca. einer Stunde
- Slowdowns wenn viel aus dem Bildschirm los ist
- Übertriebener Verkaufspreis