Das letzte „Dynasty Warriors“ Spiel hat einen katastrophalen Eindruck hinterlassen. Man wollte die Serie neu erfinden und sie mit einer offenen Spielwelt ausstatten. Kämpfe sollten dynamisch sein und ein stetig vom Krieg zerrissenes China zeigen. Große Versprechungen, die letztendlich nicht eingehalten wurden und von uns mit gerade einmal 6,5 Punkten abgestraft wurden. Das letzte Lebenszeichen der Serie gab es Anfang 2022 mit dem „Empire“ Ableger. Hier versuchte man alle Löcher zu flicken, aber auch das war nicht mit Erfolg gekrönt. Nun meldet sich die Serie zurück und hat sich auf die Werte besonnen, welche die Reihe großgemacht haben. Ohne viel vorweg zu nehmen, dies dürfte wohl das anspruchsvollste „Dynasty Warriors“ Spiel seit langem sein!
Die Geschichte der Drei Reiche
Die Geschichte von China ist von zahlreichen Kriegen gezeichnet. Die wohl interessanteste Episode dürfte die Zeit der Han Dynastie sein, woraus die Zeit der Drei Reiche erging. Ein Zeitalter, in dem die besagten drei Clans Wei, Wu und Shu um die Vorherrschaft kämpften. Eine Zeit, in der Helden geschmiedet wurden und sich selbst der einfachste Feldherr zum Kaiser erheben konnte. Alles beginnt mit einem Bauernaufstand und der Bildung der „Gelben Turbane“. Dies begründete einen Krieg, der über Jahre das Reich formen sollte und schlussendlich mit der Schlacht von Chibi sein vorläufiges Ende fand. In dieser zeitlichen Rahmenhandlung erzählt „Dynasty Warriors Origins“ seine Geschichte. Zwar in stark romantisierter Form, aber doch an den historischen Fakten ausgerichtet.
Im Gegensatz zu den Vorgängern wurde dieses Mal eine andere Art der Geschichtenerzählung gewählt. Man übernimmt die Rolle eines anfangs namenlosen Helden, der sein Gedächtnis verloren hat und durch die Provinz streift. Aus seiner Sicht erlebt ihr die unterschiedlichen Schlachten und lernt die jeweiligen Anführer und Generäle aus der Nähe kennen. Die Geschichte ist in fünf Kapitel unterteilt, wobei erst im dritten Kapitel, die Entscheidung getroffen werden muss, welchem der Feldherren man die Treue schwört. Dadurch verändert sich die Geschichte leicht, wie auch die Schlachten, die man bestreitet.
Nebenbei gilt es noch zu klären, woher der namenlose Krieger stammt und was sein Ziel ist. Auch existieren zahlreiche Zwischensequenzen, in denen man die Bande zu den Generälen stärkt und mehr über die Welt erfährt. Für einen „Dynasty Warriors“ Titel kann man hier schon sagen, dass die Entwickler sich Mühe bei der Handlung gegeben haben. Jedoch ist es durch die zahlreichen überzeichneten Charaktere, auch mehr Seifenoper statt spannendem Geschichtsepos! Anfangs ist die Story somit noch durchaus interessant, verliert sich aber später in zu vielen kleinen, auseinandergerissenen Geschichtsfetzen. Das macht es schwer, allem zu folgen und man ist geneigt, diese Szenen schnell zu überspringen. Zumindest gibt es einen hohen Wiederspielwert, da man die Geschichte aus der Sicht der zwei anderen Reiche, wie auch fiktive Schlachtenausgänge nachholen kann. Über 20 Stunden sollte der erste Durchgang problemlos fesseln.
Auf alte Tugenden setzen
„Dynasty Warriors Origins“ folgt noch immer dem Prinzip der Massenschlachten, in denen man mit Leichtigkeit über 1.000 Gegner erledigen kann. Darum gibt es nun wieder modellierte Schlachtkarten. Eure Armee startet von an einem Punkt und hat entsprechend der Taktik-Besprechung diverse Ziele zu erfüllen. Sei es die Eroberung wichtiger Punkte, oder auch das Eliminieren des gegnerischen Generals. Da es den Hauptcharakter historisch gesehen nicht gibt, kann man in den ersten Kapiteln frei seine Ziele wählen. Bei späteren Schlachten gilt es den Besprechungen genauer zu folgen, um gezielt wichtige Ereignisse auf dem Schlachtfeld auszulösen. Bei höheren Schwierigkeitsgraden wird das umso wichtiger, da man alleine selten eine Chance hat.
Die Mission gilt als gescheitert, wenn der Hauptcharakter stirbt, oder die eigene Basis eingenommen bzw. der Anführer erledigt wurde. Die Schlachten bieten deutlich Abwechslung durch die unterschiedlichen Bedingungen. Einmal gilt es, eine Belagerungsmaschine zu zerstören, ein anderes Mal seid ihr diejenigen, welche die Burg einnehmen sollen. Auch ist es nicht unüblich, dass ihr vom Jäger zur Beute werdet und unerwartet sich das Heer zurückziehen muss. Hier und da ist zudem ein Bosskampf vorhanden, der euer gesamtes spielerisches Geschick abverlangt.
Eine sinnvolle Reduktion
Satte 94 spielbare Charaktere gab es zuletzt! Nun wurde alles auf einen einzigen, den namenlosen Helden, reduziert. Hört sich erst einmal stark nach einem Rückschritt an. Doch das stimmt so nicht, denn diese Figuren unterschieden sich oft nur durch die verwendeten Waffen. Statt zig Charakteren gibt es nun 10 verschiedene Waffen, die deutlich unterschiedliche Spielweisen erlauben. Rüstet man den Helden mit dem Schwert aus, spielt es sich wie ein klassisches Dynasty Warriors Erlebnis und man kommt auch mit einfachen „Button Smashing“ sehr weit. Hat man aber die Kampfhandschuhe gewählt, steht man plötzlich vor der Wahl von unterschiedlichen Kampfhaltungen. Somit wird dieser Punkt deutlich komplexer, als er es noch in den anderen Teilen war, aber dies ist erst der Anfang. Die feindlichen Generäle wurden deutlich aufgewertet und können nun nicht mehr mit einer Musou Attacke, dem stärksten Angriff, erledigt werden. Stattdessen verfügen sie über Ausdauer und Rüstung, die es erstmal mit gezielten Angriffen und Spezialattacken zu brechen gilt. Jede der Waffen verfügt über zahlreiche Skills, von denen man bis zu vier Stück anlegen darf. Für diesen Einsatz gilt es jedoch zuerst Mut aufzubauen. Neben dem Besiegen von Fußsoldaten, erlangt man diesen auch durch Parieren, Kontern und perfekten Ausweichen. Richtig gelesen, in „Dynasty Warriors Origins“ findet ein modernes Kampfsystem Einzug, welches man auch aus anderen Action Spielen kennt. Dadurch werden die Gefechte gegen die Generäle intensiver. Das geht sogar so weit, dass der Feind einem zu einem Duell herausfordern kann und man ihn im Zweikampf besiegen muss.
Aus Alt mach Neu
Gut, das mit dem einzigen spielbaren Charakter stimmt nicht ganz. In den Schlachten kann man oft einen zusätzlichen CPU-Begleiter wählen. Dieser füllt seine eigene Spezialleiste und man darf ihn dann für wenige Sekunden direkt steuern. Dieser spielt sich jedoch wie der Hauptheld, da der Kampfstil von der gewählten Waffe abhängt.
Zu einem späteren Zeitpunkt wird einem noch ein eigener Leibwächter-Trupp unterstellt. Mit dem Helden ziehen so über 40 Soldaten in die Schlacht. Diesen kann man einfache Taktiken geben, um so zum Beispiel die Position zu halten oder mit dem Verschießen von Feuerpfeilen zu beginnen. Diese Angriffe bringen den notwendigen Abstand zwischen den feindlichen Offizieren und der Spielfigur. Aber auch beim Zurückdrängen der gegnerischen Armee in den späteren (recht großen) Schlachten ist das alles sehr sinnvoll.
Allerdings beherrscht auch der Gegner einfache Taktiken. Es kann schon sein, dass er einen speziellen Angriff wie die Kavallerie oder auch Verstärkung aufruft. Diese Interaktion gilt es, so schnell wie möglich zu unterbrechen. Denn in Massen werden die einfachen Soldaten durchaus zur Gefahr. Aber auch die eigenen Generäle bringen ähnliche Taktiken mit. Wer der Besprechung vor dem Kampf aufmerksam lauscht, kann so Hinterhalte oder ein Sammeln der eigenen Streitmacht auslösen.
Abseits der Klopperei hat sich auch einiges getan. Es gibt zahlreiche Skills für die Waffen, die über unterschiedliche Effekte und Angriffsmuster verfügen. Ein komplett neuer Skilltree zum Verbessern der Attribute und neue Spezialangriffe wurden ebenfalls ergänzt. Das Charakterleveln funktioniert nun über die Waffen. Je mehr KOs man erzielt, desto mehr Erfahrungspunkte für die Waffe und auch Skillpunkte gibt es. Wer seine Fähigkeiten schnell verbessern will, findet auf der Weltkarte kleinere Scharmützel, die man in 3-5 Minuten erledigen kann. Hier bewegt man sich auch von Schlacht zu Schlacht, oder zu einzelnen NPCs, einer Altlast aus den Vorgängern. Die Beziehung der Charaktere untereinander ist immer noch vorhanden, aber wird nicht sinnvoll genutzt. Sie geben einen Trainingsaufgaben, wo man jede Menge Skillpunkte verdient, sowie hier und da einzigartige Missionen. Belohnt wird das mit einer einfachen Spielszene, in der Geschichten ausgetauscht werden. Auswirkungen auf dem Schlachtfeld (der Story) haben diese Intermezzos nicht. In meinen Augen hat man hier eine Chance vertan, auch den letzten Aspekt der Serie zu modernisieren.
Mitten im Getümmel
Was die Präsentation betrifft, legte sich Omega Force ordentlich ins Zeug. Die Charaktermodelle wurden abermals überarbeitet und auch deutlich verjüngt. Ganz ist man das überzeichnete Kämpferdesign seit der PS3/4 Ära jedoch nicht los, aber insgesamt wurde das stark zurückgefahren. Die Figuren verfügen über einen hohen Detailgrad, der vor allem in den Zwischensequenzen zur Geltung kommt. Leider hat man die Chance liegen gelassen, sie auch altern zu lassen. Das jugendliche Aussehen passt nicht unbedingt zu Liu Bei und Cao Cao in späteren Kapiteln. Das Design der einfachen Soldaten fällt übrigens etwas abwechslungsreicher aus und kann vor allem durch die Durchmischung der unterschiedlichen Truppen überzeugen. Generell bieten die Schlachtfelder durchaus schöne Schauwerte und sind oft gut und verständlich entworfen. Während der Schlacht stechen vor allem die Taktiken der Anführer ins Auge. Hier versammelt sich der gesamte Trupp und stürmt direkt auf den Gegner zu. Die Kamera ist etwas tiefer angesetzt, was für ein gutes „Mittendrin- Gefühl“ sorgt. Die Darstellung läuft technisch sauber ab und man liefert einen ruckelfreien 60fps Modus ab. Wer will, kann sogar auf 120fps erhöhen – zumindest, wenn man die nötige Hardware besitzt.
Der Soundtrack ist gelungen und bietet genau die treibende Musik, die man auf dem Schlachtfeld braucht. Vertont wurde das Spiel in Englisch und Japanisch. Eine chinesische Vertonung wäre zwar wünschenswert gewesen, aber kein Muss (Anm. der Red.: Die Steam Version bietet aber eine chinesische Sprachausgabe). Jedoch hätten die englischen Sprecher eine Schulung gebraucht. Manche Namen werden einfach nur falsch ausgesprochen – so wird aus Lu Bu dann der Louie Bu. Positiv sei die komplette deutsche Übersetzung erwähnt. Die Zeiten von englischen Menüs sind damit endgültig vorbei.
FAZIT:
Wie anfangs geschrieben, war der Weg, den Teil 9 einschlug, der Falsche. Im Ansatz zwar gut, aber technisch spießte es sich mit dem gewohnten Gameplay. Das Zurückbesinnen auf die eigentlichen Schlachten ist der richtige Weg. Kenner der Serie werden schnell zur Erkenntnis kommen, dass man die besten Elemente aller vorangegangen Spiele gewählt hat.
Bei der Reduzierung der Charaktere wird sich die Fangemeinde dagegen wohl spalten. Ich halte es ebenfalls für den richtigen Weg: Die Waffen werden hervorgehoben und die Charaktere bekommen mehr Tiefe in den Zwischensequenzen. Spieltechnisch bekommt „Dynasty Warriors Origins“ eine Frischzellenkur spendiert. Kämpfe gegen Offiziere werden mit dem neuen Gameplay, welches auf Ausweichen, Konter und Skills ausgelegt ist, deutlich spannender, aber auch schwieriger. Denn das neue Spiel ist wesentlich fordernder als die alten Ableger. Aber das sehe ich als Pluspunkt. Glücklicherweise kann man auch „Überleveln“, wodurch diese Hürde leichter zu nehmen ist.
Einzig die Missionen hätten etwas mehr Finesse gebraucht, spielen sich aber durchgehend hervorragend. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass man nun wirklich das Gefühl hat, mit einer Armee unterwegs zu sein. Wenn sich auf dem großen Schlachtfeld hunderte von Soldaten gegenüberstehen ist das durchaus beeindruckend. Auch in Sachen Präsentation gibt es nicht viel zu kritisieren. Bestenfalls das man in den Zwischensequenzen das Gefühl bekommt, dass alle Figuren mit dem Hauptcharakter ins Bett wollen. Aber es heißt wohl auch nicht ohne Grund „Romance of the Three Kingdoms“ LOL. Technisch läuft der Titel mehr als stabil und der Umfang bietet locker über 30 Stunden Spielzeit.
Aber es existiert auch noch Luft nach oben. Die 10 Waffen sind in Ordnung, nur greift der Gegner auch auf diese zurück. Dadurch kämpft man gefühlt immer gegen die gleichen Feinde. Auch ist das ein Bruch bei der Darstellung der verschiedenen Helden, da viele ihre Standardwaffe verloren haben. Mehr Abwechslung bei den Spielmodi wäre auch noch drin. Da hatten die Vorgänger mehr zu bieten. Eine optische Anpassung der Spielfigur wäre ebenfalls wünschenswert gewesen und dann bleibt noch das Fehlen eines Zwei Spieler-Modus. Alles gute Gründe, warum man das Spiel „nur“ als gelungen und empfehlenswert bewerten sollte. Aber für den Mut die alten Design-Entscheidungen über Bord zu werfen und einen neuen Anfang zu wagen, hat „Dynasty Warriors Origins“ den Titel „Top Spiel“ für mich verdient! So muss ein Reboot aussehen, das nicht seine Wurzeln verleugnet!
[ Review verfasst von Andy ]
[ Gespielt auf der PlayStation 5 mit 4K TV ]
Die zweite Meinung:
Ich muss Andy zustimmen: „Dynasty Warriors Origins“ ist ein gelungener Reboot der traditionsreichen (und in letzter Zeit auch recht belanglos gewordenen) Reihe. Das Spielgefühl wirkt regelrecht frisch, die einzelnen Gameplay-Systeme passen bestens zusammen und dank vielschichtiger Optionen kann man auch nie Nachrichten in den Schlachten (die das Spielgeschehen immer wieder pausieren) in den Hintergrund drücken. Das es nur eine Spielfigur gibt, ist verschmerzbar, aber warum nur ein Mann und keine Frau? Überhaupt ist das Gesülze der von Pathos triefenden „Helden“ zu 90% unerträglich. Nach ein paar Stunden, habe ich alle Dialogszenen einfach nur noch übersprungen. Deswegen hätte ich mir persönlich eine reine Fantasy-Welt gewünscht, mit tiefgründigen Charakteren, für die man auch etwas Empathie empfinden kann und natürlich einer packenden Story. Das ist neben dem unglücklich gelegten Parieren / Aufs Pferd springen, der größte Kritikpunkt. Und meiner Meinung nach, auch das was dem Titel fehlt, um ganz oben in der Action-Liga mitzuspielen). Davon abgesehen, gibt es grafisch ein hübsches Spiel, mit grandios aussehenden Massenschlachten. Die Musik ist rockig und erinnert an die alten PS2 Teile. Nur die englische Sprachausgabe ist so la la, japanisch passt nicht und chinesisch existiert in der PS5 Fassung nicht.
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