Mal angenommen, ich starte diese Umfrage unter den Videospielern: „Wer ist Tom Clancy?“ Dann würde ich unter Berücksichtigung aller Klischees und Vorurteile wahrscheinlich folgende Antwort erhalten: „Der macht Videospiele, Shooter und so...“ Dabei ist Tom Clancy schon seit vielen Jahren ein Begriff als Autor für spannende und vor allem authentische Thriller. Vor einigen Jahren kam mit Rainbow Six sogar eine komplette Spieleserie auf den Markt für die sich Tom Clancy verantwortlich zeichnete. Inzwischen ist sein Name aus dem Bereich der Videospiele nicht mehr wegzudenken und dient beinahe schon als ein Qualitätssiegel. Inwieweit der Meister des Thrillers an der Entwicklung der einzelnen Spiele noch mitwirkt, lässt sich natürlich nicht feststellen.
Ein Konflikt muss her
Als grober Handlungsrahmen von Ghost Recon 2 dient ein fiktiver Konflikt zwischen Nordkorea und den USA. Nach der Versenkung eines Schiffes der US-Marine durch eine nordkoreanische Rakete, beschließt man kurzerhand, nicht offiziell gegen Nordkorea vorzugehen und dafür lieber die Ghosts zu schicken. So findet ihr euch mit der Unterstützung von 3 KI-gesteuerten Kameraden im kommunistischen Feindesland wieder. Von nun an gilt, jeder Fehler kann euer letzter gewesen sein. Als Befehlshaber über die 3 Ghosts oder als Einzelkämpfer schlagt ihr euch fortan durch 14 Missionen, die euch durch dichten Dschungel, verlassene Gefängnisse und Industrieanlagen oder gar über besetzte Staudämme führen. Dabei variieren die gesetzten Aufgaben von Befreiungen bis hin zu gezielten Sprengungen. Obligatorisch ist dabei die Beseitigung aller feindlichen Streitkräfte, welche die Wege der amerikanischen Spezialeinheit kreuzen.
Technik, die begeistert?!
Die Story ist eigentlich ziemlich für den Eimer und auch die technische Umsetzung verleitet nicht nur zu Luftsprüngen. Als Grundlage für die Grafik dient die Unreal Tournament Engine, die schon seinerzeit auf dem PC durch jede Menge Leistungshunger bezüglich Prozessorleistung und Arbeitsspeicher aufgefallen ist. Nebenbei schwächelte die Performance mitunter ganz erheblich, sobald es um die Darstellung von Außenarealen ging. Diese Probleme wurden anscheinend zu Ghost Recon 2 hinüber gerettet. Die Framerate ist ziemlich niedrig ausgefallen und das Spiel erweckt permanent den Eindruck, es laufe träge ab. Grafisch weiß das Spiel allerdings schon zu überzeugen. Landschaft und Fahrzeuge sehen stellenweise verdammt gut aus, dafür fallen Popups in geringer und Nebel in großer Entfernung ins Auge. Auch die Polygone der nordkoreanischen Soldaten hätten durchaus zahlreicher sein können. Richtig gut sieht dagegen der Held aus, den man vom Bauchnabel aufwärts permanent auf dem Bildschirm zu sehen hat. Das ist zwar äußerst schick, stört die Übersicht jedoch nicht gerade unerheblich. Auch die Effekte reißen nicht gerade vom Hocker. Bis auf die gescripteten Explosionen sind alle Effekte entweder unspektakulär oder gar nicht erst vorhanden. Fliegende Holzsplitter und ähnliches sind ein lascher Ausgleich für kaum vorhandene zerstörbare Objekte sowie miserable Explosion- und Wettereffekte.
Die akustische Untermalung kommt dafür beinahe ohne Kritik aus. Inwieweit die Waffen authentisch klingen, lässt sich nicht beurteilen, gut klingen sie allemal. Je nach Entfernung verändert sich nicht nur die Lautstärke der Waffengeräusche, sondern auch die Sprachlautstärke euer Kameraden, unterschiedliche Gangarten verursachen unterschiedlich viel Lärm. Das ist dann aber auch schon beinahe alles, was es in den Missionen zu hören gibt. Musik gibt es nicht, da so etwas im militärischen Kampfeinsatz völlig deplatziert wäre. Lediglich wenn einer der Ghosts stirbt, bekommt man während eines Einsatzes eine theatralische Musik eingespielt. Den Rest der Musik gibt es nur im Menü und da gehört sie hin. Auf Dauer nervig sind nur die stellenweise verdammt sinnlosen Kommentare der Ghosts.
Bei der Steuerung hat man sich bewußt auf ein einsteigerfreundliches Controllerschema besonnen. So steuert sich euer Charakter in typischer Shootermanier mittels der beiden Analogsticks. Über das Steuerkreuz wird lediglich die Höhe der Gangart (aufrecht, gebückt, kriechend) und das zur Seite lehnen gesteuert. Waffenwahl und Befehligung der KI-Gefährten erfolgt jeweils über eine Taste. Ein jeweils längerer Druck auf die Taste blendet ein kleines Menü ein, das über 4 Auswahlmöglichkeiten verfügt. So dürfen die Ghosts entweder Aufklären, Feuerschutz geben, Granaten werfen oder sich Neu Formieren. Ein kurzer Druck auf die Taste lässt sie gesammelt vorstoßen. Gerade für Gengre-Neulinge ist das bestens geeignet, große taktische Varianten eines SWAT3 (PC) lässt das aber nicht zu. Ebenso verbaut einem die an sich einfache Steuerung das passende Vorgehen. Einzelne Kameraden können nicht kommandiert werden und alle Befehle beziehen sich streng auf die Position des Fadenkreuzes. Zeigt man damit auch nur minimal auf eine Wand, verweigern die Ghosts den Befehl. Um Granaten zu werfen, ist es erforderlich auf ein Objekt zu fixieren, ansonsten ist der Befehl nicht auswählbar. In der Praxis ist das nur nicht immer möglich, wenn man versucht, die Granaten hinter eine Deckung werfen zu lassen. Wer sich da nicht vorher mit Handgranaten ausgerüstet hat und diese statt dessen selbst werfen kann, steht auf dem Schlauch. Taktik ade.
So deutet sich auch schon einer der beiden großen Kritikpunkte des Spiels an. Die KI und der Schwierigkeitsgrad. Die drei Schwierigkeitsgrade hätte sich der Entwickler sparen können, denn Ghost Recon 2 ist selbst auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad nicht nur bockschwer, sondern regelrecht unfair. Das liegt zum einen an der KI und zum anderen am Leveldesign. Es gibt in jedem Level lediglich einen (streng linearen) Weg, der zu absolvieren ist. Auf diesem Weg schlagt ihr euch mit rudelweise auftauchenden Gegnern herum, die wider Erwarten genau wissen wo ihr steckt. Selbst wenn ihr die ganze Zeit in Sichtdeckung hinter Büschen gesteckt habt. Gnadenlos schießen diese durchs Buschwerk und treffen euch. Einzige Rettung ist da ein offener Vorstoß, der jedoch allzu oft in eurem Tod endet. Checkpoints oder gar Verbandspäckchen sucht man nämlich vergeblich. Selbstverständlich tauchen die Gegner an solchen Stellen auf, die ihr zuvor schon bereinigt habt oder wo ihr völlig ohne Deckung seid. Selbst wenn ihr zuvor mit Ghosts aufklären lassen habt und diese grünes Licht gegeben haben, taucht das Rudel Gegner auf, sobald ihr eine imaginäre Linie überschreitet. Alternative Wege, um diesen Momenten aus dem Weg zu gehen, gibt es nicht. Ihr müsst da durch. Mehrere Stunden probieren und vor allem auswendig Lernen sind bei jeder Mission Pflicht, obwohl die effektive Spielzeit in etwa 10 – 15 Minuten pro Mission beträgt. Auch mit dem Wissen über jeden auftauchenden Gegner bedarf es einer Menge Glück bis man eine Mission erfolgreich gemeistert hat. Und um das Frustpotential noch zu erhöhen, stellen sich eure Ghost oftmals ziemlich blöd an. So verschwenden sie an manche Gegner ein ganzes Magazin und der steht immer noch. Aus diesem Grund wird man die zu befehligenden Soldaten lieber nur nebenher laufen und automatisch auf alles schießen lassen. Um sie auf irgendwelche Gegner zu hetzen muss man eh seine Nase aus der Deckung heben und man ist bedeutend schneller, den Gegner auf eigene Faust zu erledigen – mit maximal 3 Schuss. Nur allzu häufig kommt es außerdem vor, dass sich die Ghosts nicht mehr kommandieren lassen. Sie stehen einfach rum und reagieren auf keinen einzigen Befehl. Dabei spielt es keine Rolle, in welcher Entfernung man zu seinen Ghost steht noch welchen Befehl man erteilt. Auch vor ihren Nasen erteilte Befehle veranlassen sie zu keiner Reaktion. Wie sich während des Spielens herausgestellt hat, ist auch eine Sichtverbindung zu den Ghosts nicht zwangsläufig erforderlich, damit sie auf eure per Handzeichen erteilten Befehle reagieren. Ich bin überfragt, warum die KI der Mitstreiter auf einmal völlig versagt. Bleibt man davon verschont, kann es wiederum vorkommen, dass sie an irgendwelchen Hindernissen hängenbleiben und auf der Stelle rennen. Nun ist es nicht unbedingt erforderlich die Ghosts lebend durch die Missionen bringen, es wird ohne sie nur um einiges schwerer. Praktisch bringen die Ghosts nicht sonderlich viel, aber oftmals genug, um euch etwas Luft zu verschaffen.
Der zweite gravierende Kritikpunkt sind die Ladezeiten. Wer Ghost Recon 2 spielen will, braucht unheimlich viel Zeit. Wie lange es wirklich dauert bis man im Menü gelandet ist, lässt sich schwer sagen, die Ladeanzeige dafür braucht allein wenigstens 25 Sekunden. Ähnlich verhält es sich mit den Missionen. Sobald die Ladeanzeige läuft, muss man wenigstens 55 Sekunden einplanen – ohne Über- und Ausblendungen! Mitunter bekommt man sogar 75 Sekunden Ladezeit vorgesetzt. Das ist absolut inakzeptabel. Da kann man nur von Glück reden, dass das Wiederholen einer Mission nach maximal 10 Sekunden erfolgen kann.
Ich, Du, Er und Sie spielt
Neben dem Singleplayermodus beinhaltet Ghost Recon 2 einen Multiplayermodus, der nicht auf einen geteilten Bildschirm zurückgreift, sondern euch via Internet mit anderen Kämpfern antreten lässt. Ubisoft verlangt dafür allerdings eine kostenfreie Anmeldung bei seinem Onlinedienst, damit ihr überhaupt auf die Server zugreifen zu können. Die Anmeldung fungiert gleichzeitig als euer Nickname. Wer sich schon mit einem anderen Ubisoft-Spiel angemeldet hat, kann diesen Nickname selbstverständlich weiter verwenden. Auf den von Ubisoft gestellten Servern laufen 3 verschiedene Spielmodi – so gilt es entweder das gegnerische Team auszulöschen, eine Basis zu stürmen oder strategisch wichtige Punkte bis zum Rundenende zu halten. Gespielt wird mit maximal 16 Teilnehmern pro Map für eine maximale Rundenzeit von 10 Minuten. Ghost Recon 2 bietet insoweit nichts neues, sondern lediglich Altbewährtes in minimal abgewandelter Form. Glücklicherweise orientiert sich die Steuerung am Singleplayermodus, beinhaltet jedoch zusätzlich die Unterstützung eines USB-Headsets. Da hört es mit den Lobhymnen auf den Online-Modus auch schon wieder auf. Die nächste Runde im Match beginnt erst, sobald alle Spieler ihre Ausrüstung gewählt bzw. geändert haben und ihren Status auf „Bereit“ setzen. Spielerisch erinnert fast alles an Counter-Strike, auch wenn die verfügbaren Spielmodi nicht übereinstimmen. Grafisch ist leider auch nicht mehr drin als die in Half-life/Counter-Strike verwendete Quake 2-Engine zu leisten vermochte. Die Maps wirken karg, die Polygonmodelle grob und im allgemeinen läuft das Spiel dabei mit einer solch geringen Framerate, dass man getrost von nahezu unspielbar sprechen kann. Wie sehr habe ich dabei auch noch die Unterstützung von Tastatur und Maus vermisst.
FAZIT:
Die Bezeichnung Taktik-Shooter sollte man bei Ghost Recon 2 nicht allzu Ernst nehmen, denn von taktischem Vorgehen bleibt Dank eines immens hohen Schwierigkeitsgrades und einer mangelhaften KI nicht mehr viel übrig. Vielmehr ist man im besten Ego-Shooter-Alleingang unterwegs. Das Spiel ist wirklich nur für Fans bockschwerer Shooter mit Nerven wie Drahtseilen geeignet, da ohne Auswendiglernen der Level und der auftauchenden Gegner das Ende der Kampagne nicht zu Erreichen ist. Und selbst damit wird es verdammt schwer. Es gibt definitiv bessere und damit unterhaltsamere Taktik-Shooter auf der PS2. Ganz zu schweigen von dem Quark, der uns hier als Story angeboten wird. Das stammt garantiert nicht aus der Feder eines Tom Clancy.
[ Review verfasst von Justicer ]
Pluspunkte:
- Einfache Steuerung
- Freischaltbares Bonusmaterial
- 2 zusätzliche Spielmodi für jede absolvierte Mission
Minuspunkte:
- Streng linearer Levelverlauf
- Übermächtige Gegner-KI und schwache Ghost-KI
- Viel zu lange Ladezeiten