Es gibt Ideen, die scheinen selbst auf Papier zum Realisieren zu gewagt zu sein. Wie zum Beispiel: „Lasst uns ein Spiel machen, wo man Roboter-Dinosaurier jagt” oder „Warum nicht mal einen Hai spielen, der von Rachedurst getrieben wird?”. Ersteres wurde als „Horizon: Zero Dawn“ mit einem durchdachten Gameplay-Konzept und einer gut ausgearbeiteten Welt hervorragend umgesetzt. Das zweite Beispiel – in Form des vorliegenden „Maneater“ zeigt hingegen, dass neben einer guten Idee auch jede Menge Erfahrung und Arbeit zum kompetenten Umsetzen notwendig sind.
Große Haie – Kleine Fische
Um diese interessante Idee den Spielern näher zu bringen, wählte man für die Handlung einen dokumentarischen Narrativ: Die Geschichte wird als Reality Show erzählt. Ein Filmteam begleitet Pierre „Scaly Pete“ LeBlanc - einen professionellen Hai Jäger. Sein neuestes Opfer ist ein schwangerer Bullenhai. Doch das Tier gibt sich nicht so einfach geschlagen und kämpft wehrhaft weiter. Letzten Endes verliert Scaly Pete seine Hand und der weibliche Bullenhai kann noch ihr Baby zur Welt bringen. Doch ohne führsorgliche Mutter gilt: In der Rolle eines Baby Bullenhais muss man größer werden, damit man sich an den Menschen rächen kann. Die Geschichte rund um den weiblichen Bullenhai hingegen wird als klassische Dokumentation erzählt. Hier gibt es immer wieder unterschiedliche Haifakten und allerlei Infos rund um Port Clovis, wo die Handlung angesiedelt ist. Die Geschichte ist vorhersehbar, aber dank der humoristischen Erzählweise und den überzeichneten Figuren immer wieder für ein paar Lacher gut.
A ShARkPG
Spieltechnisch ist „Maneater“ relativ simpel gestrickt. In der offenen Spielwelt steuert man den Hai, dessen einzige Aufgabe es ist, größer zu werden. Im Grunde ist man immer zu auf der Jagd nach kleinen und großen Fischen, die es mit der Beißattacke (R2), zu verspeisen gilt. Die Steuerung des Haies geht einfach von der Hand und man hat sie schnell verinnerlicht. Neben beachtlichem Wachstum verfügt unser Hai auch über die Möglichkeit, meterweit aus dem Wasser zu springen und sich kurzzeitig auf Land fortzubewegen. Das macht ihn nicht nur für Meeresgetier gefährlich, sondern auch für die zahlreichen Menschen welche nahe am Wasser leben. Auch hat er die Möglichkeit geerbt, sich genetisch weiter zu entwickeln. Ein verstärkter Panzer, bessere Zähne oder die Fähigkeit bio-elektrische Impulse zu generieren, sind nur ein paar der Möglichkeiten, die man im Laufe des Spieles erlernt. Durch die Vielfalt der Optionen ist das Spiel letztlich mehr ein Rollenspiel als ein Actionspiel. Denn nur wer regelmäßig Erfahrungspunkte und Ressourcen sammelt, hat eine Chance in dieser Welt zu überleben.
Zwischen Apex Predator und Hai Jägern
Einen Großteil der Missionen verbringt man damit, verschiedene Fische zu jagen. Fresse 10 Makrelen hier, Fresse 10 Makrelen da. Spielerisch keine große Herausforderung und nur ein klassisches Fetch-Quest um die Spielzeit zu strecken. Interessanter wird es hingegen, wenn man aktiv auf die Jagd nach Scaly Pete geht. Um diesen alten Seebären herauszulocken, muss man der gefürchtetste Hai von ganz Port Clovis werden und dies geht am Einfachsten, indem man gezielt Menschen verspeist. So steigt während des Spieles das Bedrohungslevel und man stellt sich den unterschiedlichsten Hai Jäger. Durch ihre Überzahl können diese durchaus gefährlich werden, stellen aber am Ende doch keine große spielerische Herausforderung dar. Durch gezieltes Beschädigen der Boote oder direkte Sprungattacken auf die Jäger finden diese fix ihr jähes Ende.
Neben den Jägern weist jeder Weltabschnitt auch einen Apex Predator auf, den es zu bezwingen gilt. Angefangen bei einem Barrakuda bis hin zum Orca ist hier alles vertreten. Auch hier nutzt seine kräftigen Beiß Attacken und gezielte Schwanzschläge. Wer geübt ist, kann sogar mit dem richtigen Timing gegnerischen Attacken ausweichen. Jedoch fehlt es dem Spiel an einer gut funktionierenden Zielerfassung und einer ordentlichen Kameraführung. Das macht die einfach gestrickten Kämpfe frustrierender, als sie eigentlich sein sollten. Zum Glück gibt es keine Strafen, wenn man dem Gegner doch mal unterlegen ist. Man findet sich danach in seiner Ausgangshöhle wieder und darf sich nochmal an der Aufgabe versuchen. Während der Jagd bereist man die verschiedenen Bereiche von Port Clovis, welche vom einem einfachen Sumpf bis zum offenen Meer reichen. Hier gilt es verschiedene Sehenswürdigkeiten zu finden, Nummerntafeln zu fressen und Evolutions-Container zu finden. Standardkost welche man aus zahlreichen anderen Spielen gewohnt ist. Der Fortschritt ist ebenfalls wie bei anderen Titeln an die erfüllte Quests und das Hai Level gebunden.
Jawsome sieht anders aus!
Das Spiel läuft auf Basis der Unreal Engine 4, welche eigentlich ein gut aussehendes Spiel garantierten sollte. Leider kämpft „Maneater“ immer wieder mit der Framerate und rutscht durchaus in Gegenden, wo es kaum spielbar ist. Spätere Abschnitte werden zudem noch von Ladebildschirmen geplagt, wenn man von einem Bereich zum anderen wechselt. Sehr verwunderlich, da die Welt sehr überschaubar ist. Über diese technischen Mängel kann auch die unterhaltsam entworfene Welt nicht hinwegtrösten. Musikalisch bekommt man bestenfalls Mittelmaß geboten und der Sprecher aus dem Off wiederholt sich viel zu oft. Zumindest gibt es einen Tag- und Nachtwechsel, der Hai sieht furchteinflößend aus und es existieren nur wenige ärgerliche Bugs. Für die PS5 ist bereits ein kostenloses Update geplant, welches 60 FPS und 1080p garantieren soll, wie auch RayTracing. Man darf gespannt sein, ob mehr raue Rechenleistung diese Probleme beheben werden.
FAZIT:
Von einer guten Idee zu einem guten Spiel ist es ein weiter Weg. Bei „Maneater“ ist man den Weg allerdings nicht bis zum Ende gefolgt. Tripwire Interactive präsentiert hier ein passables und teilweise unterhaltsames Spiel und mit der Grundidee schafft man es, auch einige Stunden vor die Konsole zu fesseln. Der Evolutions-Ansatz bringt spielerische Abwechslung und die humorvolle und einzigartige Erzählweise ist durchaus für einige Schmunzler gut. Mit diesen Kniffen wird die Spielzeit auf gut fünf motivierende Stunden gestreckt, danach ist aber schnell die Luft raus. Es fehlt einfach die spielerische Abwechslung und mit jeder freigeschalteten Evolution schwindet die Herausforderung. Dazu kommt, dass der Titel auch technisch mit zu vielen Mängeln zu kämpfen hat, was auf Dauer sehr frustrierend wird. Man merkt einfach die fehlende Erfahrung des Teams. Mehr Zeit und ein wenig ausgeklügelteres Gameplay hätten hier Wunder gewirkt. Zusammengefasst kann man wohl sagen, dass diese witzige Idee kurzzeitig sehr viel Spaß machen kann, erwartet aber kein Meisterwerk. Insofern ist „Maneater“ zwar das beste „Haispiel“ aller Zeiten, aber bei fehlender Konkurrenz ist das jedoch auch nicht wirklich schwer.
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