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Miami Vice
12. Januar 2005

Die 80iger Jahre sind wieder „in“. Alte Serien erleben ihre Wiederauferstehung im TV oder Kino, werden als DVD-Boxen veröffentlicht oder neuerdings sogar als Videospiele umgesetzt. Davilex ist dabei groß im Rennen. Nach immerhin schon zwei Umsetzungen zu Knight Rider legt man sich mächtig ins Zeug und schiebt ein Spiel zur beliebten 80iger Krimiserie „Miami Vice“ nach. Leider ist der Titel nicht ganz so kultig geworden, wie man die Serie in Erinnerung hatte. Warum das so ist, lest ihr in den folgenden Zeilen.

Schon beim ersten prüfenden Blick auf die Verpackung zeigt sich das scheinbar Offensichtliche, Davilex bringt es mit einer Regelmäßigkeit fertig, Spiele ausschließlich auf CD auszuliefern. Das äußert sich nicht nur in ziemlich langen Ladezeiten, sondern mitunter auch in einer starken Geräuschentwicklung des Laufwerks (man könnte manchmal meinen, die PS2 hebt gleich vom Boden ab). Dazu kommt noch, dass die Kapazität einer CD der Präsentation des Spiels enge Grenzen setzt. Lediglich mittelprächtige 3D-Modelle der Spielfiguren werden als freischaltbare Extras geboten und ein Intro oder gar ein Outro sucht man vergebens. Man landet sofort im Spielgeschehen und sieht an dessen Ende gleich die Credits. Falls man bei Davilex damit folgender Zeile des Backcovers („Voll interaktiv, basierend auf einer echten TV-Folge!“) Rechnung tragen wollte, war das zwar konsequent, aber leider wenig unterhaltsam.

Spieldesign aus den 80igern

Das ist alles zwar ziemlich ärgerlich, aber noch lange kein Beinbruch (zumindest kein schlimmer). Ihr stürzt euch als Sonny Crockett oder Ricardo Tubbs in die Wirren eines Kampfes mit dem kolumbianischen Drogenkartell. Dabei geht ihr wenig zimperlich vor, schließlich handelt es sich bei Miami Vice um einen 3rd-Person-Shooter. Von nun an gilt es, Türen einzutreten, Rätsel zu lösen, Drogen und Beweise zu sichern, sowie Verdächtige festzunehmen. In der Praxis reduziert sich das hauptsächlich auf reines Herumballern, da euch jede Mission vor primäre und sekundäre Ziele stellt. Drogen sichern und Verdächtige festnehmen gehört fast immer zu den sekundären Zielen und kann dadurch getrost ignoriert werden. Oftmals ist es sogar regelrecht empfehlenswert diese zu ignorieren, da es bei mehreren Gegnern gar nicht so einfach ist, jemanden zu verhaften und dabei nicht erschossen zu werden – selbst im einfachsten Schwierigkeitsgrad.

Gibt man mit einem der Helden den virtuellen Löffel ab, schaltet das Spiel sofort auf den zweiten Charakter um, der dann 59 Sekunden Zeit hat, zu seinem Partner zu gelangen und ihn zu verarzten (das darf man glücklicherweise unbegrenzt wiederholen). Wird man mit dem zweiten Charakter vor dem Verarzten auch noch über den Haufen geschossen, dann ist das Spiel vorbei und man kann von neuem beginnen. Deshalb sollte man Verdächtige auch nur dann verhaften, wenn man sie allein antrifft und gefahrlos überwältigen kann. Erfüllt man dadurch die sekundären Ziele ist das ein schöner Umstand, ansonsten ist es sicherer alles über den Haufen zu knallen. Die Rätsel zu lösen ist darüber hinaus zwingend notwendig, weil die Missionen streng linear ablaufen und man anders gar nicht vorankommt – Schlüssel suchen für eine verschlossene Tür, oder Tubbs muss eine Tür eintreten, für die Crockett nicht kräftig genug ist – das war auch schon alles. Die groß angepriesenen besonderen Fähigkeiten der Personen wirken sich im Spielgeschehen praktisch kaum aus, da sie fast nie gebraucht werden. Crockett mag Pistolen, ist schnell und leise, kann gut klettern und springen. Tubbs dagegen mag lieber Schrotflinten, verträgt mehr feindliches Feuer als Crockett, kann Türen eintreten und ist ein schlechterer Kletterer und Springer. Im Großen und Ganzen erfüllt das Spiel jedoch alle minimalen spielerischen Anforderungen, die man an einen 3rd-Person-Shooter stellt, auch wenn Miami Vice bei weitem kein so ausuferndes Gameplay bietet, wie Davilex uns weismachen will.

Grafik aus den 80igern

Was dem Spiel sprichwörtlich das Genick bricht, ist die technische Umsetzung. Gerade grafisch mutet man dem Zocker zu viel zu. Die Grafik ruckelt am laufenden Band und wird nur noch durch gröbere Slowdowns unterbrochen. Selbst in den Innenlevels läuft die Grafik nur in den seltensten Fällen flüssig genug, damit man ordentlich Zielen kann. Wenn bei dieser schlechten Performance die Grafik wenigstens noch gut aussehen würde. Ich habe zwar den Eindruck, dass man sich in gewisser Weise an den einfarbigen Texturen in GTA Vice City orientiert hat, um das Flair der '80er-Jahre einzufangen, aber bei Miami Vice sieht es einfach nur richtig bescheiden aus. Die Levels sind entweder so dunkel, dass man vor einem stehende Gegner nicht erkennen kann, oder sie sind so stark ausgeleuchtet, dass den Umgebungen jegliches realitätsnahe Flair genommen wird. Die gesamte Levelarchitektur wirkt als wäre sie von jemand erstellt worden, der seine ersten Versuche im Leveldesign unternimmt – einfallslos, detailarm und langweilig. Objekte gibt es fast nicht und falls doch, beschränken die sich praktisch einzig auf quaderförmige Gegenstände. Selbst herumstehende Fahrzeuge wurden so grob modelliert, dass die Quaderstruktur zu erkennen ist. Die größte Mühe wurde anscheinend in die Hauptfiguren gesteckt, die zwar auch nicht wirklich detailliert daherkommen, aber für die restliche grafische Präsentation schon beinahe zu gut wirken.

Positiv ist wenigstens die Akustik zu erwähnen. Die Musikauswahl umfasst mehr als nur zwei Titel und enthält neben dem „Miami Vice Theme“ auch „Crockett's Theme“ von Jan Hammer. Das man in jedem Level immer nur ein Musikstück hört, welches ständig wiederholt wird, fällt bei der Kürze der Missionen selten auf. Was aber auf jeden Fall auffällt, ist die deutsche Originalstimme von Don Johnson. Stets und ständig reißt Crockett irgendwelche Kommentare, deren Auswahl zwar stark beschränkt ist und mich eher an „Nash Bridges“ als an „Miami Vice“ erinnert, aber die für Atmosphäre sorgen. Insgesamt ist die deutsche Sprachausgabe brauchbar und unterscheidet sich qualitativ nicht von der englischen. Ja, denn bei der geringen Datenmenge auf der CD, passte neben der deutschen auch noch eine englische Tonspur. Im Deutschen reißt Don Johnsons Serienstimme viel heraus und im Englischen klingt Tubbs dafür richtig gut. Man hat also die Qual der Wahl.

Kamera aus den 80igern

Die Kameraführung dagegen ist grottenschlecht. Offiziell steht der rechte Analogstick für die Justierung der Kamera zur Verfügung, vorausgesetzt man steht nicht an einer Stelle mit vorgegebener Kameraperspektive, oder die Kamera schaltet einfach mal in einen anderen Blickwinkel um, aber genau das geschieht in den Kämpfen so häufig, dass man mitunter nur deswegen stirbt. Man kann die Gegner dadurch einfach nicht sehen und die Autoaim-Funktion verlangt schon einen ziemlich direkten Blick auf den Gegner, um ihn auch anzuvisieren. Nur allzu oft rennt man in gegnerisches Feuer, nur um endlich einen Feind im Fadenkreuz zu haben. Da ist es beinahe vorprogrammiert, dass man öfters mal abnibbelt. Mit viel Glück hat man jedoch genügend Gangster umgenietet, so dass man den Rest mit dem zweiten Charakter erledigen kann. Ähnlich verhält es sich mit den Türen im Spiel, man sieht einfach nichts, rennt durch und stirbt, falls man den Rückzug nicht mehr rechtzeitig schafft. Zu allem Überfluss schaltet genau dann auch noch die Kamera um und während man hinaus möchte, läuft man geradewegs wieder hinein. Gleich nach der Grafik ist die Kameraführung somit das unausgegorenste Element im Spiel.

Die Steuerung wiederum ist brauchbar, wenn auch nicht perfekt. Es gibt kein Tutorial im Spiel und man muss erst im Handbuch nach den verschiedenen Funktionen der Tasten nachschauen. Da beide Figuren nicht springen können, außer es wird von einem Symbol angezeigt, bleibt die Tastenbelegung sehr übersichtlich. Leitern hochklettern, springen, Waffen aufnehmen, Türen öffnen, Türen eintreten, usw. wird mit eingeblendeten Symbolen angezeigt und mit X ausgeführt. Mit R1 werden Gegner anvisiert und anschließend mittels Kreistaste voll Blei gepumpt. Im Normalfall kommt man damit auch zurecht, eine manuelle Zielfunktion wäre dennoch besser gewesen, denn steht ein Gegner zum Beispiel teilweise hinter einer Kiste, trifft man oftmals nur die Kiste, obwohl der gesamte Oberkörper des Schergen frei zu sehen ist. Möchte man lieber einen Gegner verhaften, drückt man einfach die Quadrattaste. Seinem Partner kann man über die Dreiecktaste vier verschiedene Befehle erteilen, die alle mittels Symbolen dargestellt werden. So richtig brauchbar sind die jedoch nicht. So muss die andere Spielfigur nie in Deckung gehen, da die Gegner ausschließlich auf den vom Spieler gesteuerten Charakter schießen. Auch die anderen Befehle funktionieren mehr schlecht als recht, da oftmals schon allein das Wegsystem des KI-Partners versagt und man letztlich sowieso manuell umschalten muss, um ihn heran zu holen.

FAZIT:

Miami Vice bietet so ziemlich alles, um einem den Spielspaß so richtig zu verderben. Selbst Hardcore-Miami-Vice-Fans dürften angesichts der spielerisch, wie auch technisch enttäuschenden Umsetzung vor den Kopf gestoßen werden. Miserable Grafik, kurze Spieldauer, unausgereiftes Gameplay, grottenschlechte Kameraführung und eine für Davilex scheinbar übliche unterdurchschnittliche Präsentation lassen den Titel zu einer absoluten Spielspaßbremse verkommen. Lediglich die musikalische Untermalung stimmt versöhnlich und vermittelt ein gutes Miami Vice Flair.

[ Review verfasst von Justicer ]

Pluspunkte:

  • 16:9 Umschaltung
  • Typische '80er-Jahre Musik (inkl. Original Theme)
  • Budgetpreis

Minuspunkte:

  • Wirklich derb ruckelnde, schlechte Grafik
  • Schlechte, oftmals nicht nachjustierbare Kamera
  • Zusammenhanglose Story (wobei Story schon übertrieben ist)



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Screenshot Galerie
Miami Vice
Gameplay
3.5
Atmosphäre
4.0
Grafik
2.5
Sound
6.0
Singleplayer
3.0
 

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