Wer hätte gedacht, dass wir nur einem Jahr nach dem euphorisch aufgenommen Assassins Creed Origins bereits einen neuen Teil der beliebten Videospiel-Serie bekommen würden. Gerade wenn man dachte, Ubi Soft wisse über die Gefahr von Übersättigung Bescheid, hat ein Team im Hintergrund bereits seit geraumer Zeit an einem neuen Abenteuer gearbeitet, welches im alten Griechenland spielt. Ob das Spiel erneut sein Geld wert ist und überzeugen kann, erfahrt ihr in unserer neuesten Review.
Bei den alten Griechen
Die große Frage bei Assassins Creed Spielen lautet natürlich immer „Wo spielt es jetzt?“. Während Fans von Mayas und dem feudalen Japan träumen, treibt es den neuesten Teil der Serie zurück nach Europa, und zwar in das Griechenland zur Zeit des Peloponnesischen Krieges. Erstmals in der Serie bietet einem das Spiel zu Beginn die Wahl an, ob man das Abenteuer als Mann oder Frau spielen möchte. Während sich das Geschlecht nur bedingt auf die Geschichte auswirkt, fand ich Kassandra ein wenig interessanter, da sie deutlich smarter rüberkommt als ihr männlicher Gegenpart. Kassandra ist keinesfalls eine Person, die Ruhm und Ehre ignoriert, aber sie ist auch gekonnt darin, in hitzigen Situationen immer die passenden Worte zu finden. Welche Rollen eure Protagonisten im Laufe der Zeit einnehmen hängt aber auch von euren Entscheidungen ab, die in bester Witcher-Manier ausgewählt werden. Das Spiel bietet einem verschiedene Dialogoptionen an, die sich meist zwischen guten und bösen Handlungen unterscheiden. Die Konsequenzen sind meist offensichtlich, und klar zu spüren (zum Beispiel ein höheres Kopfgeld bei Morden). Dennoch fiel mir auf, dass ganz egal für was man sich entschieden hat, das Resultat früher oder später fast immer auf das gleiche Ergebnis hinauslief. Die Story an sich erinnert anfangs an eine griechische Tragödie gepaart mit einem Hauch von Zack Snyders Sparta-Abenteuer 300, ehe es im späteren Verlauf jeglichen Bezug zur Realität verliert und mit vor allem in Sachen Bösewichte mit sehr viel Kreativität überrascht. Darüber hinaus gibt es erneut die Rückkehr der üblichen Abstergo-Abschnitte als auch der Templer, welche erneut die Rolle der Bösewichte spielen. In diesem Zusammenhang trifft man in Odyssey auch wieder auf Layla, die wir zum ersten Mal in Origins kennengelernt haben, und immer noch nach den Mysterien der Assassinen forscht. Ich persönlich bin zwar kein großer Fan dieser Momente, aber wenigstens zeigt sich, dass die Geschichte von Layla in diesem Teil auf ein klares Ziel zugeht, wodurch ich dieses Mal etwas engagierter bei der Sache war. Und während die Main-Story, die ein Familiendrama behandelt, dessen Schicksal das ganze Land umspannt, durchaus interessant ist, muss man sich durch jede Menge Füller kämpfen, ehe man zu den guten Momenten kommt.
Vorsprung durch Technik
Assassins Creed Odyssey ist ein Spiel, dessen Umfang jedes Maß sprengt. Und auch die Geschichte zieht sich über Duzende von Stunden. Ist sie immer motivierend? Wurde jede Mission mit Liebe zum Detail gestaltet? Nein, nicht ganz. Viele Missionsarten kennt man noch aus vorherigen Teilen, insbesondere Orgins. Oft geht es nur darum, wertvolle Gegenstände zu klauen, bestimmte Personen umzubringen oder Morden auf die Spur zu gehen. Die Aufgaben sind zwar oft etwas eintönig, aber die Leute, die sie geben, sind äußerst unterhaltsam. Darüber hinaus gibt es natürlich auch immer wieder atemberaubende Main-Missions, die äußerst pompös dargestellt werden, und vor allem die Story mit krassen Wendungen vorantreiben. Leider sind es halt die Neben-Quests, die auf Dauer etwas eintönig und langweilig werden.
Doch was mich am Meisten angetrieben hat, war das ausgezeichnete Gameplay. Ubi Soft hat das Free Running & Fighting System spätestens mit Origins perfektioniert, und Odyssey setzt genau da an. Es macht nach wie vor Riesenspaß sich durch die Gegend zu bewegen und einen Gegner nach dem nächsten außer Gefecht zu setzen, ohne dass es jemand mitbekommt. Zwar sind die Gegner nicht die Schlausten und es sieht auch immer merkwürdig aus, wenn mein Charakter halb aus dem Busch ragt, und trotzdem nicht gefunden wird (Videospiele halt), aber wenn man darüber hinwegsehen kann, wird man mit einem Gameplay belohnt, welches einem viele Freiheiten gibt. Diese Freiheiten sieht man auch im Kampfsystem wieder, wo einem zahlreiche Waffen zur Verfügung gestellt werden. Und wie auch im vorherigen Teil findet man im weiteren Verlauf des Spiels stets neue und stärkere Varianten. Loot ist von großer Bedeutung in Assassins Creed. Überall liegt etwas, und es wird nie langweilig alles mitzunehmen, was man im Verlauf seines Abenteuers findet. Hinzu kommt ein (altbekanntes) Skill-System, welches euch verschiedene Fähigkeiten gibt, um noch zu morden oder mit eurer Umwelt zu agieren. Dennoch darf man die Tatsache nicht ignorieren, dass die Entwickler ganz klar nach dem Motto „Go Big or Go Home“ gearbeitet haben. Was den Umfang angeht, ist Odyssey ein durchaus mächtiges Spiel. Wer dachte, dass Ubi Soft mit der Weltkarte von Origins an seine Grenzen gestoßen ist, wird beim neuesten Serienableger merken, dass man diese Grenzen sogar noch gesprengt hat.
Ubi Softs Version des alten Griechenlands umfasst eine riesige Menge an Land und Meer. Überall wo man hinsieht trifft man auf die serientypischen Fragezeichen, die auf Quests, Schätze oder andere Missionen hinweisen. Zum Preis von 60 Euro bekommt man einiges geboten. Vielleicht zu viel? Auffällig ist der fordernde Schwierigkeitsgrad. Selbst auf „Einfach“ kann man schnell unter die Räder kommen, sofern man Parieren und Wegrollen ignoriert. Aus diesem Grund ist es empfehlenswert seinen Charakter möglichst regelmäßig aufzuwerten. Wie auch im Vorjahr bietet Ubi Soft erneut einen EXP-Beschleuniger für 10 Euro an, über den sich viele Gamer kurz nach dem Release aufgeregt haben. Während dieser Booster einem definitiv einen guten Headstart gibt, muss ich dennoch sagen, dass ich selbst ohne zu keiner Zeit Probleme mit dem Spiel hatte. Man muss halt wissen, wann man mit seinen Gegnern mithalten kann, oder wann man besser abhauen sollte. Dialogoptionen und haufenweise Quests zeigen, dass die Entwickler viel von CD Projekt Red gelernt haben. Und während Quantität definitiv erreicht wurde, bleibt zu hoffen, dass man beim nächsten Teil noch etwas mehr auf Qualität beim Side-Content achtet. In Sachen Umfang bieten Origins als auch Odyssey ein umfangreiches Paket mit zahlreichen Höhen und Tiefen. Dennoch bin ich der Meinung, dass Ubis nächstes Abenteuer etwas geradliniger und ausgereifter sein sollte. In Sachen Missionen hat das Spiel durchaus einiges zu bieten – sofern man nichts dagegen hat, sich durch unzählige Fetch-Quests zu kämpfen. Abwechslung bieten wenigstens die beeindruckenden Seeschlachten, die man noch aus Black Flag kennt. Hier bietet einem das Spiel nicht nur die Möglichkeit, das Schiff nach und nach zu verbessern, sondern auch mit neuen Team-Mitgliedern auszustatten, die euch dann bei der Eroberung Griechenlands unterstützen. Und auch Ubi Softs Variante des „Nemesis-System“ weiß zu gefallen. Je nachdem wie man sich durch das Land metzelt, wird man auf Verlauf seines Abenteuers auf Söldner treffen, die es auf euch abgesehen haben. Vermisst habe ich hierbei lediglich ein Hauch von Charme. Coole Sprüche oder eine Anbindung zur Story haben diese Gegner meist nicht.
Mitelmeer Atmosphäre
Dass Assassins Creed ein gigantisches Spiel ist, merkt man bereits an der langen Ladezeit zu Beginn des Spiels. Ist man jedoch einmal im Spiel, treten kurze Unterbrechungen lediglich vor und nach Zwischensequenzen auf. Ansonsten bereist man Griechenland ohne größere Wartezeiten. Und dies ist ziemlich beeindruckend, da die Optik durchaus zu gefallen weiß. Selbstverständlich wurde sicherlich mit viel Paste & Copy gearbeitet, aber es gibt auf der anderen Seite auch sehr viele Städte, Dungeons oder Inseln, die mit großer Sorgfalt und Liebe zum Detail modelliert wurden. Die Welt von Assassins Creed Origins ist lebendig und vielfältig. Überall gibt es Statuen, wunderschöne Landschaften, rauschende Meere, Denkmäler, riesige Gebäude oder mit Menschen überfüllte Straßen zu sehen. Letztere spendieren vor allem den Großstädten sehr viel Charakter und Charme. Ebenso überragend fand ich das Charaktermodell von Kassandra, die ihre Emotionen realistisch zur Geltung bringt. Alles in allem ist Odyssey ein grafisches Powerhouse. Klar gibt es hier und da unglückliche Texturen, und auch gelegentlich ein paar Slowdowns, aber angesichts der gewaltigen Bildqualität und dem größtenteils flüssigen Ablauf lässt sich dies auf jeden Fall verkraften. Einige Auf und Abs gibt es hingegen beim Sound. Während der opulente Soundtrack auf ganzer Linie zu gefallen weiß und perfekt zum Ambiente passt, schwankt die Qualität der Synchronsprecher zwischen professionell und lachhaft. Wenigstens die Synchronsprecherin von Kassandra schafft es, ein durchweg gutes Niveau zu bieten.
FAZIT:
Für 60 Euro bekommt man mit Assassins Creed Odyssey ein pickepacke volles Videospiel geliefert. Während man anfangs kaum aus dem Staunen herauskommt, und man durchaus von dem Epos beeindruckt ist, merkt man nach kurzer Zeit jedoch, dass es nicht alles Gold ist, was glänzt. Während das Gameplay zwar viele Schwächen wettmacht, ist es vor allem, dass etwas langweilige Missionsdesign, welches auf Dauer ein wenig stört, da man viele Varianten zum Beispiel noch vom letztjährigen Spiel kennt. Dennoch ist die Reise nach Griechenland definitiv eine, die man so schnell nicht vergessen wird. Dies liegt vor allem an der unterhaltsamen Story und dem fordernden Gameplay.
[ Review verfasst von Dimi ]
[ Gespielt auf der PlayStation 4 Pro mit 1080P TV ]
Die zweite Meinung:
Kollege Dimi bringt es eigentlich auf den Punkt: Für sein Geld bekommt man ein vollgepacktes Videospiel geboten. Der Umfang ist einfach gigantisch und dank Ubisofts Update-Strategie darf man auch in den nächsten Monaten (selbst als Nicht Season Pass-Besitzer) mit vielen neuen Aufgaben und Items rechnen. Natürlich ist nicht alles Gold was glänzt, auf viele Sachen hätte man auch verzichten können – gerade da man zwangsläufig Nebentätigkeiten verrichten muss, um vor allem gegen Ende hin, weiter hochzuleveln. Doch und das muss man den Entwicklern zu Gute halten, dank der runden Steuerung spielt sich „Odyssey“ einfach genial. Im Gegensatz zum neuen „Red Dead Redemption“ – hier ist die Steuerung griffig und geht gut von der Hand. Und das merkt man eben auch: Da denkt man sich, na diese eine Insel möchte ich noch erkunden, oder den Söldner möchte ich noch platt machen, diese Schlacht noch schlagen, dieses Schiff noch entern. Und bevor man sich umsieht, hat man wieder zwei Stunden in das Spiel versenkt. Die Geschichte ist übrigens interessant, aber dennoch zu weitläufig verteilt – die Nebenmissionen mögen zwar ausgearbeiteter sein als noch in „Origins“, trotzdem aber größtenteils nicht sonderlich interessant. Das Kampfsystem gleicht nun mehr einem Action-RPG und die Schifffahrt macht mehr Laune (und nimmt einen größeren Anteil ein) als noch im Vorgänger bzw. in „Black Flag“. Man merkt, dass es sich hierbei um eine konsequente Weiterentwicklung handelt – die lediglich nicht mehr viel mit den Ursprüngen der Serie zu tun hat. Wer also in eine Welt voller Sandalen und Mythen eintauchen will, ist hier goldrichtig, es erwarten den Spieler viele Freiheiten und eine Welt voller Abenteuer. Ach und bevor ich es vergesse: Auf der PS4 Pro sieht das Spiel noch einen Zacken besser aus, aber – und das finde ich extrem nervig, es ploppen viele Details erst recht spät ins Bild. Dafür gibt es in den Städten jedoch nicht so viele Probleme mit der an sich stabilen Framerate. Zumindest kann man hier auch bedenkenlos auf der normalen PS4 spielen.
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