Segas rasantes Maskottchen hatte es die letzten Jahre nicht leicht und verschwand aufgrund von schlechten Spielen zunehmend in der Bedeutungslosigkeit. Besonders die letzten Ausflüge in die dritte Dimension (Sonic Adventure war ja noch ganz cool) bekamen dem Igel nicht sonderlich gut und Titel wie Sonic Unleashed, Sonic Generations und dem absoluten Tiefpunkt Sonic the Hedgehog waren zum Fremdschämen (Stichwort: Sonic der IGEL küsst eine Menschenprinzessin!). Zwar merkte auch Sega, dass Sonic und die dritte Dimension keine Freunde werden, doch die Antwort war 2010 mit Sonic 4 aufgrund von Designpatzern ebenfalls kein Meilenstein.
Zum Glück gibt es aber Fans, die den Abstieg von Sonic nicht so leicht hinnehmen und einer von ihnen ist Christian Whitehead, der in Eigenregie einige Sonic Titel programmierte. Zum Glück ist Sega nicht Nintendo und so durfte Whitehead offiziell die alten 2D Spiele auf Smartphones portieren. Dabei machte er sich sogar die Arbeit eine neue Engine zu schreiben, statt die alten Spiele nur zu emulieren. Nachdem die Arbeit getan war, wurde auf der Comic Con 2016 von Whitehead zudem ein neues Sonic Spiel angekündigt. Der Titel: Sonic Mania.
Er ist wieder da!
Sonic Mania ist dabei eine Art Best Of gepaart mit vielen coolen und sinnvollen Neuerungen. So wurden zwar allerlei Levels aus alten Sonic Spielen hier wiederverwertet, doch wurden diese in allen Richtungen erweitert, so dass es viel mehr zu entdecken gibt. Dies geschah dabei mit einer Liebe zum Detail, dass es nicht aufgesetzt oder fehl am Platz wirkt und man glaubt eher, dass die Level schon immer so gewesen sind. Auch wurde der Speed von Sonic (endlich wieder mit normalen Proportionen am Start) an die alten Spiele angelehnt, was für mehr Kontrolle sorgt und nicht nur Blindflüge zur Folge hat. Sonic war früher nie ein glücksabhängiger Raser, zu dem wurde er erst in den letzten Jahren gemacht. Weiterhin sollte man dankbar sein, dass die hässliche Lock On Funktion beim Beseitigen von Gegnern nicht mehr dabei ist. Neben den bekannten Szenarien gibt es aber auch viele neue Schauplätze, welche sich ebenfalls perfekt ins Spiel einfügen. Dies gilt für die Endgegner ebenfalls, welche zudem zahlreicher und auch abwechslungsreicher daherkommen. Einmal führt die hau drauf Methode zum Erfolg, mal benötigt man Timing, mal scrollt das Level automatisch, mal muss man die Umgebung mit einbeziehen und mal spielt man gegen Dr. Robotnik (und ja, es heißt Robotnik und NICHT Eggman!) eine Party "Dr. Robotniks Mean Bean Machine". Erweitert wurden auch die Zwischensequenzen, welche zwar zahlreicher aber nicht wirklich aussagekräftiger sind. Die Story bleibt wie gewohnt nur ein Alibi. Erkunden kann man dabei die Levels entweder mit Sonic, Tails, Knuckles oder als Team Sonic & Tails. Während man mit Sonic natürlich eher schneller durch die Level rennt, kann man mit Knuckles kletternd und schwebend und Tails begrenzt fliegend die riesigen Abschnitte besser erkunden. Jeder Charakter hat also seine Eigenheiten und erfordert unterschiedliche Spielweisen. Mit Knuckles und Tails findet man auch eher die coolen Details und Verstecke, als mit Sonic. So zum Beispiel die Zutritte in die Bonus Stages. Neben der normalen und bekannten Bonus Stage aus Sonic 3, welche man über die Laternen erreicht und wo Sonic über eine große Kugel rennt und kleine blaue Kugeln einsammeln muss (man wie habe ich dies schon vor über 20 Jahren gehasst!), wurde für Sonic Mania noch eine neue Stage kreiert, welche ein wenig an die aus Sonic CD erinnert. Hier rennt man in Verfolgeransicht über eine Rennstrecke und versucht ein UFO zu fangen. Leider fehlt die ikonische Bonus Stage aus Sonic 2, wo man durch eine Röhre rast.
All das wurde in eine technisch hervorragende Hülle gepackt und überzeugt mit butterweichen 60 Bildern in der Sekunde inklusive mehreren Ebenen umfassenden Parallax Scrolling und einigen hübschen Skalierungs- und Rotationseffekten. Wenn es dann auch mal drunter und drüber geht, Sonic seinen Turbo zündet und durch Loopings, Korkenziehern und Tunnel rast, staunt man schon ein wenig, dass alles so unglaublich smooth läuft. Etwas, was man in Sonic 4 nicht hinbekommen hat. Auch die fabelhaften Animationen und geliebten Pausenanimationen wissen zu überzeugen. Hinzu kommt eine musikalische Untermalung, welche sich ebenfalls stark an Sonic 1 bis 3, bzw. Sonic CD orientiert und nicht durch unsägliche Remixe ersetzt wurde. Des Weiteren gibt es die klassischen Soundeffekte auf die Ohren. Auch Super Sonic ist wieder mit am Start, wenn man sich alle Chaos Emeralds gekrallt hat. Wer es noch mehr Retro möchte, kann zudem einen Scanline Effekt über das Bild legen und sich an der verwaschenen Röhren TV Optik ergötzen. Allerdings geht dies schon mächtig auf die Augen.
Pixelperfekt, perfekt gepixelt!
Was gibt es sonst noch? Neben den zwölf Level á zwei Akten umfassenden Hauptspiel kann man noch im Splitscreen gegen einen Kumpel auf der Couch antreten (es gibt keinen Online oder CPU Mode) oder im Time Attack mit seinen Spitzenzeiten in Online Bestenlisten prahlen. Unter Extras gibt es dann noch die Gelegenheit die Sonic 3 Bonus Stage Bluesphere separat zu spielen oder gegen die CPU oder einen Kumpel eine Party "Dr. Robotniks Mean Bean Machine" zu zocken. Beides muss allerdings erst freigeschaltet werden! Des Weiteren kann man sich in den Extras auch den 52 Tracks umfassenden Soundtrack anhören und sich die Credits zu Gemüte führen. Artworks oder ähnliches findet man leider keine. Immerhin gibt es noch einen wunderschön animierten Introfilm, wenn man im Titelscreen kurz verweilt. Gibt es eigentlich auch etwas zu bemängeln? Leute, die damals schon nichts mit Sonic anfangen konnten, wird auch Sonic Mania nicht hinterm Ofen hervorlocken. Spielt man mit Sonic kritisieren viele, dass sich die Level teils von alleine spielen. Klar mag das ab und an der Fall sein, doch es gibt auch genug Abschnitte, wo man selbst mit Sonic seine Verschnaufpausen bekommt. Mag man dies dennoch nicht, steht einem immer noch Knuckles und Tails zur Verfügung, mit denen man völlig anders an die Level herangeht und sich der Kritikpunkt des selbst spielenden Spiels in Luft auflöst. Die Levels wurden sinnvoll erweitert und laden zum Erforschen und erkunden ein. Leider kommt der Coop Modus genauso sinnlos wie vor über 20 Jahren daher, da die Kamera stur auf Sonic verweilt und der Tails Spieler immer das Nachsehen hat. Fans von aktuellen Grafikbrettern werden ebenfalls den starken Retrolook von Sonic Mania bemängeln, obwohl es technisch gesehen nichts zu bemängeln und es genug Effekte gibt, die seinerzeit nicht möglich waren. Dass die coole Sonic 2 Bonus Stage fehlt, erwähnten wir bereits.
FAZIT:
Sonic is back! Er redet nicht, er interagiert nicht mit Menschen, die Welt in der Sonic lebt ist in sich schlüssig und homogen und kommt ohne Städte aus, es gibt nur eine Aktionstaste und man wird nicht wie unkontrolliert durch die Levels geschossen. Zudem ballert Sonic nicht und die Sache mit dem Werewolfsonicding ist auch gegessen. Letztendlich merkt man Sonic Mania von vorn bis hinten an, dass ein absoluter Sonic Fan hinter dem Projekt stand. Das, was hier alles geboten und an Details aufgezeigt wird ist schon abartig heftig! Die Liebe zum Detail lässt jeden Sonic Fan eine Freudenträne aus dem Gesicht wischen. Alles wirkt wie aus einem Guss und nichts wirkt auch nur annähernd aufgesetzt oder seltsam. All das, was Sega mit unserem blauen Maskottchen angestellt hat gerät aufgrund der Perfektion von Sonic Mania in Vergessenheit. Endlich bekommt Sonic und seine Freunde das, was sie nach 1994 verdient haben. Ein Klasse Jump & Run mit hervorragender Spielbarkeit, pfeilschneller und bunter Grafik, tollem Leveldesign und viel Liebe. Danke!
[ Review verfasst von Shagy ]
[ Gespielt auf der PlayStation 4 Pro und einem 1080p TV ]
PS: Das nächste Sonic Spiel mit dem Titel Sonic Forces vom Sonic Team und Yuji Naka, welches noch 2017 erscheinen soll, lässt einen aber schon wieder schaudern. Sprich Sonic Mania ist wohl nur ein kurzer Aufschrei … also genießt es!
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